Triggerfinger | Biografie

Triggerfinger, By Absence Of The Sun, 2014

Auf manche Dinge lohnt es sich, ein bisschen länger zu warten als üblich. So wie auf das neue Album der belgischen Bluesrock-Dandys von Triggerfinger. Denn eigentlich sollte “By Absence Of The Sun” schon früher erscheinen. Viel früher sogar. Doch bisweilen macht einem das Schicksal einfach einen fetten Strich durch die Rechnung – niemand weiß das besser, als Frontmann/Gitarrist Ruben Block, Bassist Paul Van Bruystegem und Schlagzeuger Mario Goossens, die nun den vielschichtigsten, packendsten und gefährlichsten Longplayer ihrer Karriere vorlegen!
Insgesamt fast vier Jahre sind Triggerfinger mit ihrem letzten, international Multiplatin-veredelten 2010er-Album “All This Dancin' Around” sowie der ebenfalls Edelmetall-überschütteten Top 1-Single “I Follow Rivers” kreuz und quer über den Globus getourt. Was seinerzeit als simpler Mitschnitt einer holländischen Radioperformance begann, das explodierte schon wenige Stunden später als viraler Mega-Hit im World Wide Web und führte das Trio aus Antwerpen in der Folgezeit gleich mehrfach nonstop rund um den Planeten.
Vom Geheimtipp zu international abgefeierten Kultband, die hunderttausende auf größtenteils restlos ausverkauften Headlinertouren sowie Festivals wie Rock am Ring/Rock im Park, dem Pinkpop, dem Rock Werchter, dem Nova Rock und kürzlich dem British Summer Time Festival im Londoner Hyde Park begeisterten, bei dem sich Triggerfinger im letzten Sommer die Bühne mit niemand Geringeren als den legendären Rolling Stones teilten.
Kaum verwunderlich also, dass sich die Liga der ungewöhnlichen Gentlemen Block, Van Bruystegem und Goossens in dieser Situation insgeheim nichts mehr wünschte, als wieder ins Studio zu gehen, um die über die letzten Jahre gewonnenen Erfahrungen und Inspirationen endlich in neuen Songs festzuhalten. Die Einflüsse unzähliger Clubs, Stadien, Länder, Fans und Musikerkollegen, mit denen sich während ihrer Mammuttournee die Wege gekreuzt haben. Eine Million verschiedener Eindrücke, die Triggerfinger nun auf “By Absence Of The Sun” verarbeitet haben.
Nach Tourende gönnte sich das Trio gerade mal ein paar Tage in den heimischen vier Wänden, bevor man sich wieder zu ausgedehnten Songwritingsessions im Proberaum traf, um kollektiv an frischen Songideen zu spinnen, die man zu einem neuen Soundmonster zusammengefügt hat. “Wir waren fast vier Jahre ununterbrochen unterwegs”, so Drummer Mario Goossens, der 2011 mit dem Belgian Music Industry Award in der Kategorie “Best Musician” ausgezeichnet wurde.
“Obwohl wir vorher schon sehr lange zusammen gespielt hatten, haben wir doch niemals einen so langen Zeitraum miteinander verbracht. Diese Zeit hat uns wirklich enorm zusammen geschweißt. Als Band und natürlich auch als Menschen.” Eine Tatsache, die man dem neuen Material überdeutlich anhört. Im vergangenen Herbst zogen sich Triggerfinger für sieben Wochen ins sonnige Los Angeles zurück, um erneut mit Producer Greg Gordon (Slayer, System Of A Down, Waylon “Shooter” Jennings) in Ruhe an “By Absence Of The Sun” zu arbeiten.
“Er kennt uns schon eine halbe Ewigkeit”, so Mario weiter. “Er versteht das, was wir tun und liegt komplett auf unserer Wellenlänge. Er atmet den Rock’n'Roll – im Grunde ist er so etwas wie das inoffizielle, vierte Triggerfinger-Mitglied!” Triggerfinger 2014 – einmal mehr ist es der Dreierformation gelungen, ihren ohnehin unerschöpflichen Facettenreichtum noch einmal kräftig in alle Richtungen zu erweitern und die Messlatte noch ein ganzes Stück höher zu hängen.
Extremsituationen während der Recordings inklusive, wie sich Bassist Paul Van Bruystegem feixend erinnert. “Bei dem Stück ‘Black Panic’ wollten wir unbedingt Handclaps, die man üblicherweise durch das Aufeinanderschlagen von Brettern erzeugt. Wir drei mussten während der Aufnahmen im Takt auf einem riesigen Stück Sperrholz herumspringen – und das über die gesamte Songlänge von sieben Minuten! Ruben ist bekanntlich ziemlich sportlich, Mario schon etwas weniger und ich… bekam vom Studiotechniker irgendwann eine Flasche mit Sauerstoff hingestellt.
Als Ausgleich für diesen Leistungssport haben wir uns zwei Mustang-Cabrios gemietet, mit denen wir nach Feierabend über den Sunset Strip gecruist sind.” Sprichwörtlich fast “spielend” ergänzen Triggerfinger ihre hoch explosive Signature-Soundmischung aus Blues, Hardrock und Pop um diverse ungeahnte Stilelemente: So finden sich diesmal neben extrem eingängigen Tracks “auch wieder ein paar Sachen, bei denen man echt Angst haben muss, dass einem das Radio um die Ohren fliegt, wenn man zu laut aufdreht”, wie Monsieur Paul vorwarnt.
“Als wenn sich ZZ Top mit INXS und Roxy Music zum Jammen verabreden – nur cooler”, wobei das Trio in jeder Sekunde typisch Triggerfinger bleibt. Schon seit ihrem selbstbetitelten 2004er Debütalbum zelebrieren Triggerfinger das Spiel mit den Extremen: Die ebenso einzigartige wie auch unberechenbare Kontrast-Mischung aus Melodie und Aggression, Hardrock-Dirt und sexy Glam, Groove und Funk. Nach dem Vorgängeralbum “All This Dancin' Around” schütteln die Belgier nun mit “By Absence Of The Sun” einen weiteren Edelstein aus den Ärmeln ihrer eleganten Maßanzüge.
Einen funkelnden Rohdiamanten, der an einigen Stellen noch ein paar Karat hinzugewonnen, an wieder anderen Ecken einige frische, aufregende Kratzer bekommen hat. “Einer der Vorzüge dieser Band ist, dass wir so eine große Spannweite an Stilen und Emotionen haben” ergänzt Frontmann Ruben Block. “Von heavy bis zerbrechlich, von laut bis leise, von rockig bis gefühlvoll. Unser letzter Longplayer war sehr Blues-lastig; diesmal ist es etwas komplett anderes.”
Sorgsam kultivierte Gegensätze, die sich auch im Albumtitel reflektieren. “Es geht um den Gegensatz zwischen Licht und Schatten, hell und dunkel. Um diese gewisse Spannung, die zwischen diesen beiden Unterschieden herrscht. Mit dem Plattentitel wollte ich einen Kommentar abgeben. Ein Statement dazu, was heute in der großen weiten Welt vor sich geht und auch in der kleinen um mich herum. Wenn die Sonne in deinem Leben fehlt, muss man entweder selbst strahlen oder sich überlegen, wie man ihr Licht und ihre Wärme anderweitig ersetzt.
Dieses Motiv zieht sich auf die eine oder andere Form durch die ganze Platte. Das Leben behandelt einen nicht jeden Tag toll und großartig. Trotzdem muss man sich irgendwie durchkämpfen und jeden Tag aufs Neue versuchen, das Beste daraus zu machen.” Geschickt verpackte Mehrdeutigkeiten, die sich auf Tracks wie dem nach vorne walzenden Opener “Game”, dem poprockig-treibenden Sex-Song “Perfect Match” oder dem manisch-funkigen “Big Hole” wieder finden.
“Jeder von uns hat das Grundbedürfnis, diese Leere, dieses Loch zu füllen, das man manchmal in seinem Leben spürt. Entweder mit Liebe, mit Geborgenheit, mit teuren Autos und manchmal auch mit Dingen, die nicht so gut für einen sind. Auf der anderen Seite suchen wir ständig nach dem ‘Big Whole’- dem großen Ganzen, das jeder Mensch erreichen will. Ich finde das ist ein schönes Wortspiel, welches man auf fast jede Situation im Leben anwenden kann…”
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