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Alfred Brendels Beethoven

Alfred Brendel © Decca / Ben Ealovega
© Decca / Ben Ealovega
28.10.2010
Alfred Brendels musikalische Laufbahn begann in Graz. Als Siebzehnjähriger gab er dort anno 1948 sein erstes Konzert. Zuvor hatte der Sohn einer deutsch-italienisch-tschechischen Familie aus dem nordmährischen Wiesenberg in wechselhaften Zeiten privaten Klavierunterricht erhalten und sich mit den Grundlagen der Harmonielehre vertraut gemacht. Vielfältig künstlerisch interessiert, konzentrierte er sich trotz seines Musikstudiums nicht nur auf die Gestaltung von Klängen, sondern beschäftigte sich ebenso mit Malerei, Literatur, den Schönen Künsten und vertiefte sich in philosophische Schriften. Seine Lehrer Edwin Fischer, Paul Baumgartner und Eduard Steuermann verhalfen ihm zum nötigen interpretatorischen Feinschliff, trotzdem ließ Alfred Brendel sich Zeit, den Trubel des Konzertbetriebes mitzumachen. 1960 spielte er im Rahmen der Salzburger Festspiele zum ersten Mal mit den Wiener Philharmonikern, in den folgenden Jahren stieg er Stufe um Stufe die Erfolgsleiter hinauf und entwickelte sich zu einer Autorität einer vielfältig historisch und interpretatorisch reflektierten Spielkunst.

Alfred Brendel konzertierte während der Sechziger erfolgreich in der ganzen Welt, gab dann 1969/70 bereits Meisterkurse in Wien und ließ sich 1970 in London nieder. Immer wieder widmete er sich ausführlich Werkkomplexen und Zyklen. In den Jahren 1982/83 zum Beispiel ging er mit den kompletten Beethoven-Sonaten auf Tournee. Bereits 1970 hatte er begonnen, gemeinsam mit Sir Neville Marriner und dem Kammerorchester Academy of St Martin in the Fields die Mozartschen Klavierkonzerte komplett einzuspielen. Und in den achtziger Jahren wandte er sich den Pendants von Beethoven zu. Diese Werke waren ursprünglich zwischen 1795 und 1809 entstanden. Sie waren für die stilistische Entwicklung des Komponisten nicht von gleicher Bedeutung wie die Laborform der Sonate, denn sie orientierten sich an der für das Publikum wichtigen Virtuosität der solistischen Partien. Außerdem entfernten sie sich nie vollständig von den Vorlagen Mozarts, die als konzeptionelles Schema die Ausgestaltung der Werke bestimmten.

Trotzdem oder auch gerade wegen des vermeintlichen Leichtgewichts der Klavierkonzerte stellen sie für einen Interpreten eine besondere Herausforderung dar. Denn bei genauerer Betrachtung sind sie weit mehr als nur die Auftragsarbeiten für ein Konzertpublikum der Wiener Klassik. Gerade ein Pianist wie Alfred Brendel, der gerne und präzise hinter die Kulissen der Gestaltung blickt, hat dabei die Möglichkeit, aus den Klavierkonzerten ein Optimum an Ausdruckskraft zu destillieren. Die Aufnahmen der ersten zwei Konzerte, die nun in der preiswerten Einsteiger-Serie Eloquence erscheinen, dokumentieren seine inspirierte Auseinandersetzung mit den Werken, die er 1983 gemeinsam mit dem Chicago Symphony Orchestra unter der Leitung von James Levine verwirklichte. Die exquisite Aufnahme markiert den Anfangspunkt einer Reihe von Veröffentlichungen, die zum Jubiläum des Pianisten dessen Kunst umfassend dokumentieren und sich unter anderem dem zweiten großen Brendel-Thema Schubert widmen werden.
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