András Schiff | News | Die Ähren von Mähren

Die Ähren von Mähren

02.05.2001
Der ungarische Pianist András Schiff widmet sich auf seiner neuesten Einspielung der Klaviermusik Leos Janáceks. “A Recollection” wartet mit einigen der schönsten Klangminiaturen des mährischen Komponisten auf.
“Die Welt in einem Sandkorn” findet der Musikjournalist Robert Cowan in den Janácek-Werken dieser CD. “Egal wie oft man diese Juwelen hört, der Gesamteindruck von emotionaler Hingabe, Verwunderung und Lebenslust dauert an wie die Bewunderung für die miniaturistische Konstruktion dieser Musik.” Der international renommierte und vielfach preisgekrönte Pianist András Schiff nimmt sich dieser Kleinode auf zarte, forschende Art und Weise an. Viele Jahre schon spielt er diese Musik, zur großen Begeisterung seines Publikums. Schiff findet in ihr eine Parallele zu Belá Bartók, der sich gleichermaßen von den Traditionen der ungarischen, slowakischen und transsylvanischen Volksmusik inspirieren ließ, wie Janácek von traditionellen Weisen aus Mähren. “Dies sind gesunde Wurzeln,” sagt András Schiff. “Man kann sich von ihnen nähren und auf ihnen aufbauen.”
 
Die urige, gleichsam lebensbejahende Kraft der Musik Janáceks zeigt sich eindrucksvoll in den vier vorliegenden Kompositionen. “In the Mist”, das Janácek 1912 schrieb, entstand in einer Zeit, als er das Gefühl hatte als Opernkomponist – seine erklärte Leidenschaft – gescheitert zu sein. Es reflektiert die Selbstzweifel und den Versuch, Licht in verdüsterte, verworrene Erinnerungen zu bringen. Die Sonate “1.X.1905” entstand in Erinnerung an den tschechischen Arbeiter Frantisek Pavlik, der von den deutschen Besatzern während einer antideutschen Demonstration in Brünn erschossen wurde. Obwohl sie Fragment geblieben ist, “haben die beiden Sätze die Kraft zu schockieren,” schreibt dazu Conan. “Wie mit Schuberts Achter oder Bruckners Neunter Symphonie, scheint der Eindruck durch das fehlende Finale nur verstärkt zu werden.” Schiff widmet sich auch dem kompletten Zyklus “On an Overgrown Path”. Musik und Stücktitel sind verflochten mit mährischer Volkskunst, die Janácek erfindungsreich und mit beeindruckender Kompositionstechnik umsetzt. “A Recollection” schließlich ist eine Miniatur aus dem Jahre 1928, die sich in ihrer Brillanz mit jeder eines Webern messen kann. Die Welt in einem Sandkorn – faszinierend und schön.

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