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Anna Netrebko – La Traviata: Die Sensation

17.05.2006
So viel Wirbel hatte es in Salzburg schon lange nicht mehr gegeben. Als klar war, dass bei den Festspielen im Sommer 2005 das neue Traumpaar der Oper Anna Netrebko und Rolando Villazón die Partien von Violetta und Alfredo in Verdis “La Traviata” übernehmen würde, rissen die Fans den Veranstaltern die Eintrittskarten förmlich aus der Hand. Und sie wurden nicht enttäuscht. Unisono lobte die internationale Presse die musikalischen und schauspielerischen Leistungen der Protagonisten wie auch die Gesamtwirkung von Ensemble und Inszenierung. Aufgenommen unter der Leitung des Opernfilmspezialisten Brian Large ist die Bühnensensation von 2005 nun auch auf DVD erhältlich und macht für alle, die nicht dabei gewesen waren, die Begeisterung von Presse und Publikum verständlich.
Die Violetta ist eine ebenso dankbare wie herausfordernde Rolle. Denn die 1853 in Venedig uraufgeführte Oper “La Traviata” stellte ein durchaus pikantes Thema in den Mittelpunkt. In einer Zeit, in der heftig über Flauberts “Madame Bovary” gestritten wurde und erste emazipatorische Ansätze durch die Köpfe der Intellektuellen spukten, inszenierte Guiseppe Verdi die Geschichte einer Kurtisane, die die Lebenslust als Modell propagiert. Natürlich muss Violetta im zeittypisch sich entwickelnden Rollenbild der femme fatale schlussendlich scheitern, macht aber zuvor eine erstaunliche Wendung vom Vamp zum Opfer der Verhältnisse durch, das an der typischen Verliererkrankheit der vom Leben gestraften, der Schwindsucht, stirbt. Was an der Oberfläche moralisiert, wird jedoch durch die Musik relativiert. Denn Verdi schreibt der vermeintlichen Sünderin derart betörende Melodien auf den Leib, dass seine Sympathien unmissverständlich klar sind. Das wiederum ermöglicht es für moderne Inszenierungen mehrere Ebenen der Interpretation anzudeuten. Willy Decker setzte in Salzburg auf eine klare Symbolik, die mit minimalstem Aufwand an Requisiten und Kostümen das Interesse auf die agierenden Figuren konzentriert. Die wiederum haben auf diese Weise die Möglichkeit, ihre schauspielerischen Fähigkeiten zu entfalten und über die Anweisungen der Partitur hinaus ein markantes Eigenleben zu entwickeln.

Anna Netrebko geht auf in der Rolle der Violetta. Sie mimt den Vamp, der den Männern den Kopf verdreht, die Geliebte, die Alfredos Glück bedeutet, die Gestrauchelte, die am Konflikt zwischen der eigenen Liebe, den Ansprüchen der Gesellschaft in Gestalt von Alfredos Vater und ihrem früheren Leben zerbricht. Sie hat die Präsenz, in jeder der Rollennuancen zu glänzen, und darüber hinaus eine Stimme, die diese Vielfalt der Emotionen idealtypisch umsetzen kann. So schrieb etwa der Rezensent der Neuen Züricher Zeitung nach der Premiere stellvertretend für den Jubel der Konkurrenz: “Dass Anna Netrebko über eine außergewöhnliche Stimme verfügt, steht außer Frage. Ihr Sopran … kommt aus der Tiefe der Kehle, strahlt deshalb mit opulenter Resonanz, ohne dabei zur Schwere zu neigen. Das Timbre, kompakt und zugleich reich an Obertönen, ermöglicht ihr Kraftentfaltung, erlaubt ihr aber auch, den Bereich des Leisen mit ganz eigener Intensität zu erkunden”.
 
Nicht weniger beeindruckend aber ist Ausdrucksspektrum, mit dem ihr Gegenüber seine Partie ausfüllt. “Rolando Villazón als Violettas Liebhaber Alfredo Germont”, meinte die Frankfurter Allgemeine Zeitung, “bringt Farbe ins Stück mit seinem unerhört biegsamen, beweglichen, glanzvollen und wandlungsfähigen Belcanto-Organ, dem er die ganze Palette der Ausdruckswerte abverlangen kann, von der lyrischen Ekstase bis zum heldischen Metallglanz”. Zudem ergänzt um den amerikanischen Bariton Thomas Hampson, der als Alfredos Vater Giorgio den kühlen und seriösen Bereich von Vernunft und Sachzwängen repräsentiert, entsteht auf diese Weise ein Triumvirat auf der Bühne, das auch in der filmischen Version der Aufführung durch seine Präsenz und Klarheit besticht.
 
Hinzu kommen der wunderbare Klang der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Carlo Rizzi, der den Hörer mit brillantem DTS 5.1 Surround-Sound (wahlweise PCM Stereo) umgibt, die sachdienlich clevere Regie von Opern-Profi Brian Large und das ausgezeichnete, in High Definition festgehaltene Bild, die auch aus der DVD-Version ein Erlebnis machen. Wer schließlich noch mehr über die gesamte Inszenierung und deren Künstler erfahren will, kann außerdem die Premium-Edition mit zwei DVDs wählen, die neben den Aufnahmen der Aufführung reichlich Bonusmaterial zur Salzburger Sensations-"Traviata" bietet.

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