Anna Netrebko | News | Quelle Femme!

Quelle Femme!

07.05.2004
Es gibt Künstler, die muss man erst inszenieren, damit sie wirken. Anna Netrebko ist das pure Gegenteil. Die junge Sopranistin wirkt, sobald sie erscheint. Egal ob sie im Auto auf dem Weg zum Set vor sich hin blödelt oder vor der Kamera in die Rollen verschiedener Vamps und Prinzessinnen schlüpfen muss, Netrebko schafft es, Hörer und Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Und auch Regisseure wie Vincent Paterson, der bislang bevorzugt mit Popstars wie Madonna und Björk arbeitete.
Die Idee war ebenso klar wie unkonventionell. Da gibt es eine Sängerin, die mit ihrem Charme und Können die Grenzen der gewöhnlichen Darstellungsmöglichkeiten sprengt. Sie ist jung, sieht gut aus, hat eine natürliche Fähigkeit, sich vor der Kamera zu bewegen und schlüpft überzeugend in die verschiedensten Rollen. Sie ist wie geschaffen, um mit ihr Videoclips zu produzieren, nur singt sie die falsche Musik dafür. Denn Anna Netrebko stammt nicht aus dem Pop-Fach, sondern zählt seit ihrem CD-Debüt mit berühmten Sopranarien zu den aufsteigenden Stars der Opernwelt.
 
Der Video-Regisseur und Choreograph Vincent Paterson stand daher vor einer für ihn gänzlich ungewohnten Aufgabe. Er musste eine Bilderwelt schaffen, die sich sowohl mit der Musik vertrug, als auch die Möglichkeiten seines Medium ausnützte und noch dazu die Vielseitigkeit seiner Künstlerin dokumentiert. So castete er ein Ensemble aus rund zwanzig Tänzern und Sängern, gestaltete ungewöhnliche Kostüme und abgefahrene Räume, ließ seine Protagonistin mal sich vor Liebesschmerz in der Zimmerecke winden, mal popartig durch futuristische Räume tänzeln und gestaltete auf diese Weise eine Bildsprache, die dem Genre wie der Darstellerin gleichermaßen gerecht wurde.
 
Für die einzelnen Videosequenzen, die er für “Anna Netrebko – The Woman, The Voice” mit ausführlichen Interviewintermezzi zu einem 50minütigen Portrait kombinierte, wählte er sehr unterschiedliche Operncharaktere. Da ist die attraktive Musetta aus “La Bohème”. Sie wird als reizvolle Upper-Class-Lady dargestellt, die mal im Fond einer Limousine, mal schlendernd durch die Menschenmengen sich über die eigene Attraktivität Gedanken macht. Die Marguerite des “Faust” wiederum ist eine beinahe alberne Gestalt, die sich zwischen den Geschenken ihres Verehrers tummelt und in verschiedenen Überblendungen bis hin zum punkigen Girlie à la Cindy Lauper mutiert. Donna Anna aus “Don Giovanni” hingegen ist eine tragische Figur, die eine Liebe besingt, die nicht stattfinden kann.
 
Sie steht als traurige Muse zwischen menschlichen Bäumen und beklagt im surrealen Raum beinahe erdenfern ihr Schicksal. Ähnlich verzweifelt ist die Situation der Nixe in “Rusalka”, die ihrerseits ihre Leidenschaft mit Verzweiflung bezahlt. Für diese Sequenzen schlüpfte Netrebko in eine Art Monroe-Kleid der späten Fünfziger und tummelte sich in einem Studiopool in Hollywood in Anbetung des Mondes. Bleibt noch Amina aus “La Sonnambula”, die heimkehrende Prinzessin, die in eine Art Party zwischen Fellini und Greenaway gerät. Alles zusammen ergibt ein Portrait von zeitgemäßer Eleganz mit einem Hauch von Exzentrik, das darüber hinaus für die DVD-Version um ein Special “The Making Of” und drei Live-Aufnahmen auf der Bühne aus München, Wien und St. Petersburg ergänzt wird. Quelle femme!

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