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Tugend siegt

20.12.2002
Zustände waren das! Erst am Vorabend der Uraufführung beendete Rossini das wichtige Duett zwischen Magnifico und Dandini. Die Sänger in Rom hatten gerade mal eine Probe bis zur Vorstellung. Aber das war bei dem Workaholic der italienischen Opernszene durchaus kein Sonderfall. Und “La Cenerentola” wurde trotzdem eines seiner beliebtesten Bühnenwerke, dessen Popularität zeitweilig sogar “Il Barbiere di Siviglia” überstrahlte.
Es war die Zeit, in der Gioacchino Rossini an zwei bis drei Opern gleichzeitig arbeitete. Der junge Mann nützte die Gunst der Stunde, denn in den Zeiten der Restauration, nachdem eben erst die revolutionären Aufstände entweder niedergeworfen oder in neue Verfassungen integriert worden waren, konnte man sich kaum der anhaltenden Gunst des Publikums und der Gönner sicher sein. Rossini hatte als 18jähriger mit der Aufführungen seiner zweiten Oper “La Cambiale di Matrimonio” (1810) debütiert, kurz darauf mit “Tancred” (1813) und “L’Italiana In Algeri” (1813) zwei regelrechte Bühnenhits geschaffen und galt seitdem als wichtigster lebender Komponist für das mit dem Erstarken des Bürgertums boomende Musiktheater. Da er immens kreativ war und auch unter Druck arbeiten konnte, entstanden daher bis zum “Guillaume Tell” (1829) immerhin 34 italienische und 5 französische Opern und begründeten den Ruhm der italienischen Bühnenmusik im 19. Jahrhundert.
 
Insofern war “La Cenerentola ossia La Bonta in Trionfo” (“Aschenbrödel oder der Triumph der Herzensgüte”) nur ein Werk unter vielen, das Rossini im Auftrag de Intendanten des Teatro Valle geschrieben hat. Die turbulenten Verhältnisse der Uraufführung am 15.Januar 1817, mitten während der Karnevalszeit, die im sittenstrengen Rom ausgiebig als Trieb- und Gefühlsventil genossen wurde, täuschen allerdings ein wenig über die spätere Rezeption des Werkes hinweg. Nach der Feuerprobe, die eher mäßig aufgenommen wurde, landete das Stück trotzdem auf den Spielplänen anderer Opernhäuser. Mit ein wenig mehr Vorbereitung fand die Geschichte vom sittenstarken Mädchen, das ihren Prinzen bekam, schließlich zuerst in Rom, dann in anderen italienischen Großstädten, schließlich auch in London (1820) und New York (1826) ein begeistertes Publikum.
 
Trotzdem geriet “La Cenerentola” zwischenzeitlich in Vergessenheit. Das lag jedoch eher an den stimmlichen Moden, die das Fach des Koloraturalts unpopulär werden ließen, als an der Musik. Jedenfalls dauerte bis weit ins 20. Jahrhundert, bis man die Oper wieder häufiger in den Programmen fand. Nicht zuletzt liegt es auch an hervorragenden Mezzosopranistinnen wie Cecilia Bartoli, dass die Titelpartie der Angiolina in angemessener Brillanz auf die Bühnen zurückkehrte. Hand in Hand mit der Rossini-Renaissance der Gegenwart konnten auf diese Weise aufregende Einspielungen wie 1992 im Teatro Comunale die Bologna entstehen, die neben Bartoli wunderbare Partner wie den Bass Michele Pertusi und den Tenor William Matteuzzi vor die Mikrofone holten. Das Orchester und der Chor des Hauses unterstanden der Leitung von Riccardo Chailly und so kam es im Frühsommer des Jahres zu einer lebhaften Aufnahme der Oper, die den ganzen vitalen Charme der Musik unwiderstehlich umsetzte. Und von dessen Titelheldin der Rezensent Ulrich Schreiber in der Fachzeitschrift Stereoplay schwärmte: “Dieses Aschenbrödel geht vom ersten Ton an nicht in Asche, sondern als Königin des Belcanto hervor.”
 
Die Referenz:
 
“Dieses Aschenbrödel geht vom ersten Ton an nicht in Asche, sondern als Königin des Belcanto hervor.” (U. Schreiber, Stereoplay 3/1994)

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