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Eine Familien-Affäre

14.02.2001
“Es ist mit Sicherheit die intensivste Duo-Aufnahme, die ich je eingespielt habe.”
Der das sagt, ist Pat Metheny, und das Album, von dem er spricht, ist “Beyond The Missoury Sky”, sein lange angekündigtes CD-Stelldichein mit Charlie Haden. Was hier nach einem vorgefertigten Plastik-Statement zum gerade aktuellen Album klingt, ist in Wirklichkeit viel mehr. Eine Familien-Affäre.
 
Es ist ein leises Album. Vielleicht das leiseste, das sowohl Pat Metheny als auch Charlie Haden je gemacht haben. Die 13 Songs haben jene einzigartig verstohlene Schwingung zweier Freunde, die nachts im Zelt die Köpfe zusammenstecken, und tuschelnd das Universum verzaubern. Man muß ganz dicht an sie herangehen, um sie zu verstehen. Die Dialoge der beiden sind ungemein reich an Deja-vus, Vertraulichkeiten, Songs, die eigentlich für einen anderen Kontext gedacht waren wie Methenys “Message To A Friend”, das John Scofield gewidmet ist, das mit dem Quartet West eingespielte “Our Spanish Love Song” oder “Spiritual”, einer Komposition Josh Hadens, die sich auch auf Johnny Cash’s neuem Album “Unchained” wiederfindet.
 
Und noch ein weiterer Verweis auf den Haden Clan: Charlies Frau Ruth, auf deren Inspiration das Quartet West zurückgeht, sind gleich zwei Stücke gewidmet, “Waltz For Ruth” und “First Song (For Ruth)”. Doch nicht nur Hadens eigener Familienbetrieb wird auf dem Album reflektiert. Auf “Beyond The Missoury Sky” finden sich auch Fremdkompositionen, an denen Hadens oder Methenys Herz ganz besonders hängen, z.B. zwei lyrische Themen von Filmkomponist Ennio Morricone und dessen Sohn Andrea (“Cinema Paradiso”), eine Ballade des legendären amerikanischen Songwriters Jimmy Webb (“The Moon Is A Harsh Mistress”) und ein Thema des im letzten Jahr verstorbenen Henry Mancini (“Two for the Road”) aus dem gleichnamigen Film mit Audrey Hepburn und Albert Finney.
 
Ursprünglich wollte Metheny, der ungekrönte König der elektronischen Manipulation des Gitarrenklanges, ein rein akustisches Album haben. Doch Haden, der ausschließlich akustischen Baß spielt, hätte darin eine Einschränkung der gemeinsamen Ausdrucksmöglichkeiten gesehen. “Ich wollte etwas machen, das sowohl straighte Duette einschließt, als auch Stücke, die den umfassenden Gebrauch moderner Musikinstrumente und des Studios als solches ermöglicht. Genau darin sehe ich nämlich seit Jahren die Stärke von Pats eigenen Platten. Seit einiger Zeit hebe ich mir nun schon Songs für dieses Album auf. Von manchen wußte ich von vornherein, daß sie besser als klares Duo-Stück funktionieren würden, anderen wollte ich mich eher orchestral annähern, so daß Pat all die Gitarren und Synthesizer einbeziehen kann, mit denen er auf so natürliche und organische Weise umzugehen versteht.”
 
Zwei Abenteurer kehren heim, um Rückschau zu halten. Sie tun es öffentlich und doch auf keine Stimme hörend als die des jeweils anderen. Welche musikalischen Welten verbinden sich nicht mit den Namen Metheny und Haden? Hier kommen sie zusammen und verbinden sich zu einem gemeinsamen Statement von einer Kraft, die allein aus der Stille rührt. Ein Album, weitab von allen Kategorien, Genres oder Beschreibbarkeiten. Charlie Haden und Pat Metheny, sonst nichts.

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