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Alleinunterhalter mit Tiefgang

Chick Corea © Universal Music Group
© Universal Music Group
24.03.2010
Zwischen Schein und Wirklichkeit liegen manchmal Welten. Es gibt Aufnahmen, die von einer ebenso betörenden wie trügerischen Leichtigkeit sind. Erst wenn man ganz genau hinhört, entdeckt man, welch intellektueller Tiefgang sich tatsächlich hinter den eingängigen Melodien verbirgt. Die drei Pianosoloalben, die Chick Corea für ECM aufnahm und die nun zusammen in der Box “Solo Piano” neu aufgelegt wurden, zählen zu dieser Spezies.

Über einen Mangel an herausragenden Pianisten konnte man im Jazz eigentlich nie klagen. Anfang der 1970er Jahre wetteiferten vor allem vier Musiker um die Krone in dieser Kategorie: Herbie Hancock, Keith Jarrett, Joe Zawinul und Chick Corea. Alle vier besaßen exzeptionelle Klasse, aber der vielseitigste von ihnen war damals zweifellos Chick Corea. Im klassischen Trio-Format mit Miroslav Vitous und Roy Haynes hatte er 1968 das bahnbrechende Album “Now He Sings, Now He Sobs” aufgenommen, bevor er sich als E-Pianist auf den Miles-Davis-Klassikern “In A Silent Way” und “Bitches Brew” an der Jazz-Rock-Revolution beteiligte. Zur selben Zeit lotete er mit dem Quartett Circle aber auch die Grenzen des freien Jazz aus, um schon wenig später mit der All-Star-Band Return To Forever erst modernen Latin-Jazz und dann fetzige Fusion zu spielen. Es war eine aufregende Zeit musikalischer Umbrüche und Veränderungen, und Chick Corea mischte stets an vorderster Front mit.

So auch auf dem Gebiet des Pianosolos. Noch ein paar Monate bevor Manfred Eicher auf seinem jungen ECM-Label mit Keith Jarrett “Facing You” produzierte, holte er Chick Corea ins Studio, um ihn die beiden Soloalben “Piano Improvisations 1 & 2” einspielen zu lassen. Eicher bat den Pianisten, seiner Phantasie freien Lauf zu lassen. “Das war etwas völlig neues”, schreibt der amerikanische Musikjournalist Neil Tesser rückblickend im Begleittext der CD-Box. “Ein Album mit frei fließendener Solopianomusik, losgelöst von den alten Formen.” Dabei verlor sich Corea aber nicht in endlose Monologe, sondern bündelte seine Ideen meist in prägnanter Kürze. Während er auf einem der beiden Alben eine erste Version seines später zum Standard geadelten Stücks “Sometime Ago” präsentierte, interpretierte er auf dem anderen in ebenfalls freier Weise Thelonious Monks “Trinkle, Tinkle” und Wayne Shorters “Masqualero”. 1983 nahm Corea dann ein gänzlich anderes Soloprojekt für ECM auf: “Children’s Songs” enthielt zwanzig kurze Kompositionen für Piano. Ein paar davon hatte Corea zuvor schon im Duett mit dem Vibraphonisten Gary Burton aufgenommen. Nun stellte er erstmals den gesamten Zyklus vor. Begeisterte Kritiker verglichen die Stücke mit denen von Béla Bartóks “Mikrokosmos”: perfekte Miniaturen von trügerischer Einfachheit.

In der 3-CD-Box “Solo Piano”, die Teil der ECM-Serie “Old And New Masters” ist, sind diese drei Pionierwerke des Pianisten nun erstmals zusammen erhältlich.

Besuchen Sie auch die Website ECM Sounds für mehr Informationen rund um ECM.

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