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The Very Best Of Diana Krall

05.09.2007
Keine Musikerin hat dem Jazz in den letzten zehn Jahren soviele positive Schlagzeilen beschert wie Diana Krall. Fotos von ihr eroberten nicht nur die Titelblätter der Jazzpresse, sondern auch von auflagenstarken Nachrichten-, Hochglanz- und Frauenmagazinen. Bei Konzerten füllt sie mühelos große Arenen wie den New Yorker Madison Square Garden oder die Hollywood Bowl in Los Angeles. Drei ihrer bislang zehn Alben wurden mit einem Grammy prämiert, dazu kommen Dutzende andere Auszeichnungen wie der kanadische Juno-Award oder der deutsche Echo-Preis. In den Jazzcharts landet sie mit ihren Alben regelmäßig auf dem ersten Platz, in einigen Ländern ist es ihr sogar schon gelungen, in den Popcharts den ersten Rang zu erklimmen. Und dennoch – oder eben gerade wegen dieses überwältigenden Erfolges und der medialen Omnipräsenz Diana Kralls – gibt es genügend Jazzkritiker und -aficionados, denen die Künstlerin suspekt ist. Anhand einer Compilation kann sich nun jeder selbst ein umfassendes Bild von dieser Künstlerin machen. Und selbst eingefleischte Krall-Fans kommen dank einiger bislang unveröffentlichter Bonus-Tracks (und eine Bonus-DVD der Special Edition) noch auf ihre Kosten.
Eine solche Zusammenstellung hat es von Diana Krall bisher noch nicht gegeben. Das Album enthält zwölf Highlights aus den Alben, die Krall bis heute auf den Labels GRP, Impulse und Verve vorgelegt hat. Es ist ein musikalisches Krall-Kompendium, das beiden Facetten der Künstlerin gerecht wird: der Pianistin ebenso wie der Sängerin. Was Fans ganz besonders freuen dürfte: Als Bonus gibt es drei bislang unveröffentlichte Aufnahmen von den beiden Standards “You Go To My Head” und “Only The Lonely” sowie Tom Waits traumhafter Ballade “The Heart Of Saturday Night”. Und in einer limitierten Auflage wird es zudem eine spezielle Edition mit einer Bonus-DVD geben, die einige Musikvideos und Live-Aufnahmen (inklusive bisher nicht veröffentlichtem Material) der singenden Pianistin bietet.
 
Die 1964 in der kanadischen Kleinstadt Nanaimo (auf der Pazifikinsel Vancouver Island) geborene Diana Krall ist sicher nicht angetreten, den Jazz zu revolutionieren. Dies tun aber, nebenbei bemerkt, ohnehin die allerwenigsten Jazzmusiker. Aufgewachsen mit der Musik von Fats Waller, Earl Hines, Oscar Peterson und Nat “King” Cole, hat Diana zugegebenermaßen einen recht traditionellen oder – nennen wir’s ruhig so – konservativen Musikgeschmack kultiviert, der sich erst in jüngster Zeit auch neuen Einflüssen zu öffnen beginnt. Ihr Repertoire stellt sie aber, seit sie 1993 mit dem Album “Steppin' Out” bei Justin Time Records debütierte, bevorzugt aus dem immensen Fundus des “Great American Songbook” mit all seinen zeitlosen Jazzstandards zusammen. Als gleichermaßen talentierte Sängerin und Pianistin folgt sie der genealogischen Traditionslinie, die Jazzkünstlerinnen wie Nina Simone, Shirley Horn, Blossom Dearie und Barbara Carroll begründeten. Wobei sich Diana Kralls interpretativer Ansatz von dem der genannten Sängerinnen und Pianistinnen klar unterscheidet.
 
Kritiker, die Diana Krall mehr als Entertainerin mit einer gewissen Jazzaffinität denn als ernstzunehmende Jazzmusikern betrachten, sollten vielleicht daran erinnert werden, daß einige über jeden Zweifel erhabene Jazzgrößen Mentoren der jungen Kanadierin waren. Etwa der Bassist Ray Brown, der von 1948 bis 1952 kurzzeitig mit keiner Geringeren als Ella Fitzgerald verheiratet war und bis zu seinem Tod im Jahr 2002 ein überaus gefragter Begleiter von hochkarätigen Jazzsängerinnen und -pianisten war. Brown nimmt Krall früh unter seine Fittiche und holt sie nach ihrem Studium am Berklee College Of Music nach Los Angeles. Dort gewinnt sie in dem Pianisten Jimmy Rowles, der ihr Privatunterricht gibt, ein weiteren musikalischen Ziehvater. Auch Bassist John Clayton und Schlagzeuger Jeff Hamilton, zwei Ankerfiguren des zeitgenössischen Mainstream-Jazz, erkennen früh die in Diana Krall schlummernden Talente. Das exzellente Rhythmusgespann unterstützt sie 1993 bereits bei ihrem Plattendebüt und steht ihr später auch auf ihren beiden letzten Alben – Christmas Songs (2005) und From This Moment On (2006) – mit dem swingenden Clayton-Hamilton Jazz Orchestra zur Seite. Ray Brown wiederum spielt auf Diana Kralls zweitem Album Only Trust Your Heart (1995), auf dem mit dem Tenorsaxophonisten Stanley Turrentine noch eine weitere Jazzlegende zu hören ist. Zu ihrem Fürsprecher entwickelt sich aber natürlich auch Kanadas bekanntester Jazzkünstler, der Pianist Oscar Peterson. Von Tommy Flanagan wiederum sind diese lobenden Worte überliefert, die er einst bei einem Blindfold-Test äußerte: “Sie weiß, worauf es ankommt, und sie weiß, was sie hinter sich hören will. Das ist es, worum es beim guten Begleiter geht, ob nun für sich selbst oder für einen anderen Sänger: Support geben, das ist es, und das ist genau das, was sie tut. Die einzige andere mir bekannte Person, die das so gut konnte, war Nat Cole.”
 
Nat “King” Cole und seinem schlagzeuglosen Trio hat Diana Krall 1996 ihr drittes Album All For You gewidmet, das gerade unter Jazzkritikern immer noch als eines ihrer besten Alben gilt, weil es im Gegensatz zu einigen der späteren Produktionen, bei denen sich Kralls Schwerpunkt mehr zum Gesang hin verlagerte, sowohl ihre pianistischen als auch vokalen Fähigkeiten in voller Blüte zeigt. Mit ähnlicher Besetzung – Gitarrist Russell Malone und Bassist Christian McBride – folgt 1997 das balladeske Album Love Scenes, das Diana Kralls bevorstehenden Ausbruch aus dem reinen Jazzzirkel bereits andeutet und erstmals die zuvor erwähnten kritischen Stimmen laut werden läßt. Diese mehreren sich in demselben Maße wie die Erfolge der Sängerin größer werden. Glaubwürdigkeit wird im Jazz von vielen noch immer mit einem Underdog-Dasein und sicherem Abstand zu den Verkaufszahlen eines Popalbums gleichgesetzt. Und genau gegen diese Regeln verstößt Diana Krall.
 
Mit ihrem ersten Verve-Album When I Look In Your Eyes (1999) gelingt ihr ein Kunststück, das schon ein Vierteljahrhundert lang keinem Jazzmusiker mehr geglückt war: Das Album verschafft ihr Grammy-Nominierungen in den besonders prestigeträchtigen und genreübergreifenden Kategorien “Album des Jahres” und “Künstlerin des Jahres”. Ausgezeichnet wird es letztendlich zwar “nur” als “bestes Jazzvokalalbum”, aber allein die Nominierungen zeigen, daß Diana Krall längst ein Crossover-Star geworden ist. Noch deutlicher macht dies 2001 The Look Of Love, auf dem die Sängerin, von Claus Ogerman mit üppigen Streicherarrangements gerahmt, hemmungslos in romantischen Stimmungen schwelgt. Mit dem mehrfach mit Platin ausgezeichneten Album zieht sie nun auch zum ersten Mal in die obersten Regionen der Popcharts ein. Daß sie über all diese Erfolge ihre Wurzeln im Jazz nicht vergessen oder gar verloren hat, zeigt sie schon ein Jahr später auf dem ausgezeichneten Konzertmitschnitt Live In Paris. Das Album gibt ihr auch erneut Gelegenheit, ihr kraftvoll swingendes Pianospiel wieder etwas mehr in den Vordergrund zu rücken. Von dem Konzert erscheint später auch eine DVD.
 
2004 überrascht sie ihre glühenden Fans ebenso wie ihre Kritiker mit dem Album The Girl In The Other Room. Sicherlich beflügelt durch Elvis Costello, mit dem sie seit 2003 verheiratet ist, hat sich Diana Krall unüberhörbar musikalisch Neuem geöffnet. Das brillante Album – ein weiterer Höhepunkt in ihrer Diskographie – enthält nicht nur sehr persönliche Interpretationen von Songs aus der Feder von Tom Waits, Mose Allison, Joni Mitchell und Bonnie Raitt, sondern erstmals auch sechs Eigenkompositionen, die Krall gemeinsam mit Costello geschrieben hat. Auch als Songschreiberin offenbart sie außergewöhnliches Talent.
 
Die beiden nächsten Alben nimmt sie dann mit dem Clayton-Hamilton Jazz Orchestra und den Musikern ihrer eigenen Band auf: 2005 erscheint zunächst das erstaunlich locker swingende Weihnachtsalbum Christmas Songs und 2006 From This Moment On, eine musikalische Zeitreise in die goldene Ära der Songwriter, als Frank Sinatra, Ella Fitzgerald und ganz besonders Nat “King” Cole ihre Blütezeit hatten. Parallel zur Veröffentlichung von “From This Moment On” verkündet die Künstlerin, daß sie Nachwuchs von ihrem Ehemann Elvis Costello erwarte. Im Dezember 2006 bringt sie Zwillinge mit den Namen Dexter Henry Lorcan und Frank Harlan James zur Welt und legt verständlicherweise eine mehrmonatige Baby-Pause ein. Ihre Rückkehr auf die Bühne zelebriert sie im Juni 2007 mit Gitarrist Anthony Wilson, Bassist John Clayton und Schlagzeuger Jeff Hamilton im bekannten Jazzclub Yoshi’s im nordkalifornischen Oakland. Der San Francisco Chronicle verkündet gleich “Diana Krall is back, and she’s all jazz”.
 
Seitdem absolvierte sie schon wieder einige weitere Auftritte – mal mit ihrem Quartett und dann wieder mit dem Clayton-Hamilton Jazz Orchestra – und begann mit der Arbeit an einem neuen Album, das aller Voraussicht nach aber erst im September 2008 erscheinen wird. Was einen darauf erwartet, steht natürlich noch in den Sternen. Die Wartezeit kann man sich allerdings nun mit der CD “The Very Best Of Diana Krall” verkürzen.

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