Edin Karamazov | News | Laute ohne Grenzen

Laute ohne Grenzen

Edin Karamazov © XAMAX
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08.04.2009
Vielleicht liegt es an der Einstellung. Edin Karamazov macht vieles anders als seine Kollegen. Sicher, auch er hat studiert und muss üben, zuweilen bis zu zehn Stunden am Tag, um mit der Laute das spielen zu können, was ihm beliebt. Aber er nimmt sie eben auch mit und setzt sich in südeuropäische Fußgängerzonen, um mit dem feinen Klang gegen den Lärm der Welt anzuspielen. Oder er begibt sich mit dem Popsänger Sting in Klausur, um eine Widmung an den englischen Renaissancekomponisten John Dowland („Songs From The Labyrinth“ ) aufzunehmen.
Nun hat er sein Soloalbum „The Lute Is A Song“ aufgenommen, das den Spannungsbogen vom brasilianischen Gitarrenmeister Leo Brouwer über Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel bis hin zum mazedonischen Volkslied spannt.

Edin Karamazov ist ein Rebell, manchmal auch ein Träumer, im wahrsten Sinne des Wortes ein vielseitiger Instrumentalist! Man denke nur noch einmal an das Dowland-Projekt zurück. „Jemand wie Sting,“ erinnert sich der Lautenist mit einem Schmunzeln, “ist nun mal eine Berühmtheit. Den trifft man nicht einfach an der Schlange im Supermarkt. Nein, den trifft man im Zirkus. Vor längerer Zeit hat er sich einmal eine Vorstellung angesehen, bei der ich gespielt habe. Danach kam er zu mir und fragte mich, ob ich beim Geburtstag seiner Frau spielen könne. Ich meinte, ich mache so etwas nicht, er solle sich einfach die gelben Seiten nehmen und würde schon eine passende Band finden. Der Kontakt war also erst einmal abgebrochen, obwohl ich später durchaus etwas mit ihm zusammen machen wollte. Dann habe ich 2004 ein Album mit Britten und Bach aufgenommen. Das hat Sting gehört und mich angerufen. Es wollte mit mir über Bach reden, ich meinte: Ich habe hier einen Dowland für dich“.

So kam es vor drei Jahren zu „Songs From The Labyrinth“, einem der ungewöhnlichsten Klassikalben der Saison. Inzwischen ist eine Freundschaft zwischen Sting und Karamazow entstanden, so eng, dass Sting es sich nicht nehmen ließ, auch auf Karamazovs Album „The Lute Is A Song“ mitzuwirken. „Die Aufnahme entstand während der Police-Tournee. Nach einem Konzert kam Sting vorbei, wir haben es uns gemütlich gemacht und in ganz entspannter Atmosphäre eines seiner kleinen Haiku-Lieder aufgenommen“. Es steht an zweiter Stelle der Reihenfolge zwischen Leo Brouwers brasilianischen Klanglandschaften, die Karamazov in vier Schichten mit elektrischer Gitarre konstruiert hat („Brouwer ist für mich der größte Komponist für Gitarre überhaupt!“) und einer Transkription von Bachs d-Moll Toccata & Fuge („Für mich purer Flamenco. Man hört ganz eindeutig, dass Bach auch die Musiken aus Spanien kannte“).

Darauf folgt eine Arie aus Purcells „Dido and Aeneas“ mit Sopran-Star Renée Fleming („Was für eine Stimme, ich bin immer noch hingerissen!“), eine Suite von Giovanni Zamboni („Ein nettes kleines Stück, nicht schwer, da kommt es besonders auf den Ausdruck an“), eine Arie aus Händels „Saul“ mit Countertenor Andreas Scholl („Ein grandioser Sänger“), ein zeitgenössisches Stück des Italieners Carlo Domeniconi („Wer hat gesagt, dass man mit Laute immer nur Alte Musik spielen darf?“) und ein mazedonischens Volkslied mit der Sängerin Kaliopi („Da geht es um direkten Ausdruck, man muss ganz anders spielen“). So ist das Album in einem großen Spannungsbogen konzipiert, ebenso überraschend wie persönlich („Es hat mich vier Jahre beschäftigt, dieses Konzept zu entwickeln!“).

Und damit wäre die Geschichte eigentlich zu Ende. Aber nicht für Edin Karamazov. Natürlich wird der einstige Schüler von Hopkinson Smith an der Schola Cantorum in Basel seine Musik auch in den großen Konzertsälen spielen. Wer aber Glück hat, der sieht Edin auf einem der renommierten europäischen Sommerfestivals klassischer Musik. Oder aber er begegnet ihm im Sommer mit seiner Kapelle in einer der Fußgängerzonen Italiens oder Kroatiens. Immer wieder packt Edin Karamazov sein fragiles Instrument aus und spielt seine Musik auf der Straße: „Es geht mir um die Stille, aus der die Musik kommt. Im Konzertsaal habe ich sie, auf der Straße muss ich sie mir erkämpfen. Gelingt mir das, bin ich sehr stolz!“. Dann hat der Lauten-Rebell ganz andere Menschen erreicht als sonst („Allein schon die staunenden Kinderaugen, wenn sie zuschauen, was ich mache, sind es wert“) und seine Musik in die Welt getragen. Was auch passieren kann: Man trifft ihm beim Angeln. Das kommt für Edin Karamazov nämlich gleich nach der Musik.

Mehr Informationen zu Edin Karamazov finden Sie auf seiner Künstlerseite

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