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Ella Fitzgerald – Ella In Hamburg

27.06.2007
Gleich drei Live-Alben wurden von Ella Fitzgerald in den 60er Jahren in Deutschland aufgenommen: am 13. Februar 1960 entstand in Berlin “Ella In Berlin: Mack The Knife”, fast auf den Tag genau ein Jahr später, am 11. Februar 1961, “Ella Returns To Berlin” und am 26. März 1965 schließlich “Ella In Hamburg”. Während das erste dieser drei Alben als absoluter Klassiker gilt und das zweite schon 1991 auf CD wiederveröffentlicht wurde, erschien “Ella In Hamburg” erst 1999 in Japan auf CD und selbst dann nur in limitierter Auflage. Unverständlich insofern., als “Ella Fitzgerald und das Tommy Flanagan Trio”, wie Ken Dryden im All Music Guide schrieb, “bei diesem fesselnden Konzert in Hamburg in Topform sind … Ella Fitzgeralds Stimme klingt während des gesamten Konzerts einfach großartig und Tommy Flanagans Begleitung ist unübertrefflich.” Jetzt, im Jahr von Ellas 90. Geburtstag, wird das Hamburger Konzert endlich auf CD wiederveröffentlicht und den vielen Fans der 1996 verstorbenen Sängerin wieder zugänglich gemacht.
Als Ella Fitzgerald 1965 ihr Konzert in Hamburger Musikhalle gab, konnte sie schon auf dreißig Erfahrung im Show-Business zurückblicken. Und trotz ihrer 47 Jahre gelang es ihr, wenn sie es darauf anlegte, noch so mädchenhaft kokett zu klingen wie die 21jährige, die 1938 das Kinderlied “A Tisket, A Tasket” in den USA zum Nummer−1-Hit gemacht hatte. In den 60er Jahren begeisterte Ella am Fernsehbildschirm Millionen amerikanischer Zuschauer mit Auftritten in populären Sendungen von Gastgebern wie Ed Sullivan, Andy Williams, Dean Martin und Perry Como. Außerdem war sie nahezu pausenlos auf Tournee und öfter im Aufnahmestudio als jede andere Jazzsängerin dieser Zeit. Doch selbst die große Ella mußte damals Zugeständnisse an den sich ändernden Publikumsgeschmack machen und nahm in ihr Repertoire Beatles-Hits wie “A Hard Day’s Night”, “Can’t Buy Me Love” und “Hey Jude” oder “Sunshine Of Your Love” von der Rockband Cream auf.
 
Wenige Monate bevor sie zu ihrem Auftritt in Hamburg reiste, hatte Ella das letzte Album ihrer grandiosen Song-Book-Reihe (“The Johnny Mercer Song Book”) aufgenommen. “Das Song-Book-Material ist wunderbar”, sagte sie damals, “aber dabei muß man sich auf einen gewisse Art von Songs und eine gewisse Herangehensweise beschränken, und manchmal kann man nicht besonders viel mit diesen Nummern anstellen, weil man sich sonst zu weit von der Essenz der Stücke entfernt.” Ella jedoch hatte schon immer eine ausgesprochene Vorliebe für die Improvisation gehabt. Deshalb bevorzugte sie eigentlich ein Programm, das ihr mehr Interpretationsfreiheit gab – so wie das Repertoire von dieser CD.Gleich zu Beginn überraschte sie das Hamburger Publikum mit ihrer schwungvollen Interpretation von “Walk Right In” – das Stück war in jener Zeit ein großer Hit des Folk-Quartetts The Rooftop Singers. Noch mehr Begeisterung löste sie mit ihren Versionen von “A Hard Day’s Night” und Tom Jobims Bossa-Nova-Ohrwurm “The Girl From Ipanema” (hier umgedichtet zu “The Boy From Ipanema”) aus. Weitere stilistische Seitensprünge unternahm sie mit dem Stück “Don’t Rain On My Parade”, das Barbra Streisand durch das Musical “Funny Girl” bekannt gemacht hatte, und dem Kinderlied “Old McDonald Had A Farm”. Der Rest des Repertoires bestand aus Jazzballaden wie “Body And Soul”, “Here’s That Rainy Day” und “Angel Eyes”, einem Duke-Ellington-Medley und zwei Songs von Johnny Mercer (“That Old Black Magic” und “And The Angel Sings”), die Ella allerdings nicht für ihr kurz zuvor aufgenommenes Mercer-Songbook-Album eingesungen hatte.
 
Fabelhaft begleitet wurde die bestens aufgelegte Sängerin an diesem Abend von Pianist Tommy Flanagan, Bassist Keter Betts und Schlagzeuger Gus Johnson. Tommy Flanagan, ein überaus geschmackvoller und technisch tadelloser Pianist, war nach Engagements in den Bands von J.J. Johnson, Harry “Sweets” Edison und Coleman Hawkins in den 60er und frühen 70er Jahren oft Begleiter von Ella Fitzgerald. Bassist Keter Betts hatte seine Vielseitigkeit bereits seit den 40er Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt: mit Gene Krupa spielte er Swing, mit Clifford Brown Bebop, mit Dinah Washington Rhythm’n'Blues, mit Stan Getz und Charlie Byrd Bossa Nova. Schlagzeuger Gus Johnson wiederum hatte unter anderem mit dem damals noch unbekannten Charlie Parker in Jay McShanns Orchester zusammengespielt und fünf Jahre lang die Bigband von Count Basie angetrieben.
 
Dem Hamburger Publikum bereiteten Ella Fitzgerald und das Tommy Flanagan Trio an diesem Abend ein unvergeßliches Konzerterlebnis, das man nun endlich auch (wieder) auf CD genießen kann. Weitere Informationen zu den Neu- und Wiederveröffentlichungen zu Ella Fitzgeralds 90. Geburtstag finden Sie auf der Künstlerwebsite bei JazzEcho.
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