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Friedrich Schiller

Das Schillerjahr …

21.01.2005
… beginnt mit den Klassikern. Als Friedrich Schiller (1759–1805) in den frühen 1780er Jahren sein bürgerliches Trauerspiel Kabale und Liebe schrieb, war die Welt bereits im Umbruch. Die Aufklärung hatte begonnen, den absolutistischen Herrschaftsanspruch in Europa mit Argumenten der Vernunft zu untergraben und das erstarkende Bürgertum sah seine Chance, die überkommenen gesellschaftlichen Strukturen zu revidieren. Schiller fasste viele der damals laufenden Diskurse in seiner Tragödie zusammen und verhalf den Inhalten durch markige und rhetorisch brillante Sprache zu einer Form, die auch 200 Jahre nach seinem Tod noch mitreißt.
Dreist war das schon. Hatte der alte Aristoteles noch gefordert, dass in einer Tragödie nur standeshohe Personen agieren durften, so beschloss Friedrich Schiller und mit ihm eine zunehmende Zahl aufgeklärter Autoren von Lessing bis Goethe, dass auch dem ethischen Werten verpflichteten Bürgertum die Ehre des Handlungsträgers zuteil werden sollte. Mehr noch, seine Figuren wurden sogar zu Antipoden der korrumpierten Herrschaft stilisiert, die den Intrigen des gesellschaftlich-politischen Spiels eine neue Ernsthaftigkeit und Seriosität entgegen setzten. So ist der Musikus Miller trotz seiner aufbrausenden Sprache und in Bezug auf das Vaterbild konservativen Einstellung ein Ehrenmann, der nur durch die Ränke der Höflinge in Bedrängnis gebracht wird. Seine Tochter Louise bleibt eine naive, aber untadelige Pietistin, die zwar aufgrund der Unvereinbarkeit der an sie herangetragenen Forderungen letztlich zugrunde geht, im Tod jedoch noch ihren verblendeten Liebhaber Ferdinand zur Milde seinem eigenen Vater, dem gewissenlosen Präsidenten, bekehrt und nicht nur dadurch ihre Erlösung in der göttlichen Vergebung erfährt (ein Motiv übrigens, das Goethe zwei Jahrzehnte später mit dem Gretchen übernimmt und durch den Wahnsinn noch radikalisiert). Um diesen zentralen Konflikt herum – Ferdinands schichtübergreifende, dann verblendete Liebe; die Hofintrigen des Präsidenten, der seinen Sohn zum eigenen Vorteil mit der einflussreichen Lady Milford vermählen will; schließlich die im tragischen Konflikt endende Liebe der Bürgerstochter Luise – gestaltete Schiller ein temporeiches und dynamisches Panorama gesellschaftskritischer Impulse, das Kabale und Liebe eine Sonderstellung im Repertoire zwischen Sturm und Drang und Klassik zuweist.

Denn er sparte nicht mit herben Formulierungen und drastischen Bildern. Eine Szene wie die des Berichtes eines blutig niedergeschlagenen Aufstandes von ausreisewilligen Bürgern, die die erhoffte Freiheit in Amerika nicht mit der Abgabe ihres Hab und Guts an die adeligen Machthaber erkaufen wollten, hat die Qualitäten einer journalistischen Reportage so wie auch Millers Eingangs-Flüche gegen skrupellose Aristokratensöhnchen durchaus noch in heutigen Ohren kernig wirken. Die für die Hörbuchversion herangezogene Inszenierung von 1955 aus der Residenz Salzburg (!) jedenfalls schafft es, ohne falsche Scham die Charaktere klar zu zeichnen. Da gibt es keine relativierenden Postmodernismen, sondern deutliche Worte und emphatische Emotionen. Ewald Balser als Musikus Miller kann poltern, dass es kracht, Adrienne Gessner, seine Frau, ist die devote Untertanin, Maria Schell eine schon fast transzendent introvertierte Louise. Walter Frank mimt einen aristokratisch perfiden Präsidenten, Will Quadflieg, dessen aufbrausend juvenilen Sohn Ferdinand, Erich Ponto, einen wunderbar spitzen Kammerdiener oder auch Heidemarie Hatheyer eine selbstverliebt intrigante Lady Milford. So hat die Hörbuchversion von Kabale und Liebe eigentlich alles, was man für eine klassische Dramenaufführung braucht. Fast könnte man sich da das Theater sparen.

 
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