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Jack Garrat, “Phase”, 2016

jack garratt 2015 Nr.3
11.02.2016
Jack Garratt, der Gewinner des diesjährigen BBC Sound of 2016, veröffentlicht sein Debütalbum Phase am 19. Februar 2016 
Besser hätte das Jahr 2015 für den Briten Jack Garratt einfach nicht laufen können. Konnte sich der Producer-Überflieger schon vor 12 Monaten kaum retten vor Anfragen, Lobeshymnen und Co., beendete er das vergangene Jahr mit der Ankündigung seines zwischenzeitlich fertiggestellten Debütalbums Phase: Ein Album, das Garratt komplett selbst geschrieben, selbst eingespielt, selbst aufgenommen und größtenteils auch selbst produziert hat. Und das ihn, wenn es im Februar 2016 erscheint, ein für alle Mal ins internationale Rampenlicht katapultieren dürfte, denn spätestens zum Jahreswechsel ist der 24-Jährige auf die Überholspur gewechselt… 
Erst wenige Tage des neuen Jahres waren vergangen, als Jack offiziell zum Gewinner der diesjährigen BBC Sound of 2016-Prognose erklärt wurde. Eine Auszeichnung, die zusammen mit dem bereits im Dezember angekündigten Preis bei den anstehenden BRIT Awards – dem Critics’ Choice Award – zeigt, wie viel Rückenwind dieser junge Mann momentan genießt. Gewiss war die Musik noch nie ein Wettkampf, bei dem es wirklich um Erstplatzierungen und Ähnliches geht, aber wenn sie das wäre: Dann wäre Jack Garratt ganz klar der neue Champion, soviel steht fest. 
Schon jetzt kann einem schwindelig werden, wenn man die ganzen Highlights der letzten Monate aufzählen will: Wie er im Januar 2015 die Zuschauer beim Future Festival von Radio 1 komplett zum Ausrasten gebracht hat, um danach wirklich jedes einzelne (!) Konzert in Großbritannien und den USA auszuverkaufen und schließlich auch noch den “Introducing Artist of the Year”-Award der BBC im Dezember 2015 zu gewinnen. Klarer Fall: Sein Sammelalbum ist jetzt schon so gut wie voll; man wird wohl ein zweites und danach noch weitere für ihn anlegen müssen. Nicht übel für einen Typen, der normalerweise dazu neigt, alles im Alleingang zu machen.
Dabei trifft es die Sache mit dem “bescheidenen Schlafzimmerproduzenten-Dasein” inzwischen wohl gar nicht mehr zu 100%. “Nun, allein mit dem Begriff bewegt man sich ja auf verdammt gefährliches Terrain”, meint der großgewachsene Jack Garratt grinsend und fährt mit seiner Hand nachdenklich durch seinen roten Bart. “Ich hasse es, dass ich bloß sagen muss, dass ich meine Songs selbst produziere – und schon denken automatisch alle, dass ich über mein Laptop gebückt im Kämmerlein hocke und mich in meinen eigenen Selbstzweifeln suhle. Für derartigen Quatsch ist das Leben doch viel zu kurz”, meint er dann und fügt dem hinzu: “Außerdem habe ich für einige Songs von Phase auch ein paar ausgezeichnete Gastproduzenten an meine Seite geholt, und das war eine echt spannende Erfahrung für mich. Wir haben echt viel zusammen geschafft.”
Wobei man nicht vergessen darf, dass es in Jacks Entwicklung sogar Punkte wie jenen gab, an dem er sich nicht einmal mehr sicher war, ob die Musik für ihn überhaupt das Richtige war: Zweifel, die so groß waren, dass er sich sogar schon für ein Leben als Grundschullehrer entschlossen hatte, um die Ausbildung dann doch noch hinzuschmeißen. Die ganzen Drum-Sticks, Pads und Tasten, die das Bedroom-Producer-Dasein mit sich bringt, waren einfach zu verlockend gewesen. Womöglich war’s die beste Entscheidung seines Lebens. 
Sein erstes offizielles Lebenszeichen, die limitierte EP “Remnants” (Anfang 2014 in Eigenregie via Bubinga Records veröffentlicht), auf der auch eine Frühversion des Albumsongs “Worry” vertreten war, hatte eine Energie, die man fast schon als spirituell bezeichnen muss: Die darauf versammelten Tracks vereinten seinen Hang zu Electronica mit klassischem, von Gitarren dominiertem Songwriting, das jedoch durch eine Überdosis Frank-Ocean-Konsum (Channel Orange) mit der Zeit immer minimalistischer geworden war.
Doch es gab noch ein weiteres, extrem wichtiges Album, von dem er einfach nicht genug kriegen konnte: Blunderbuss von Jack White. “Ich würde sogar sagen, dass Blunderbuss und Channel Orange die beiden Hauptgründe dafür sind, dass meine Musik heute so klingt, wie sie klingt: Ich stand einfach total auf diese unbehandelten Riffs, diesen Blues-Nachdruck von Jack White, aber genauso stand ich auf die lässigen Arrangements und die ganze Stimmung von Channel Orange. Und warum sollten sich diese Welten bitte nicht miteinander kombinieren lassen? Lassen sie doch – und so klingt das dann.”
Geboren in einem kleinen Dorf in der südenglischen Grafschaft Buckinghamshire, wuchs Jack in einem musikalischen Haushalt auf und lernte schon früh den Umgang mit diversen Instrumenten – eine Sache, die ihn bis heute begleitet. Seine ersten Akustik-Konzerte fanden größtenteils im Rahmen von Open-Mic-Nächten statt, doch als er dann erst mal seinen eigenen Sound gefunden hatte, lautete der Plan, damit auch ganz andere Bühnen zu erobern. Alles an diesem Sound, und zwar sowohl während der Aufnahmen als auch auf der Bühne, macht er im Alleingang. Die Intimität des Blues und seine grandios-raue Stimme treffen auf Beats und Bässe, die genug Nachdruck haben, um auch mal das Fundament einer Konzerthalle zu erschüttern. Oder sagen wir so: Er sorgt schon dafür, dass man nicht so einfach zur Ruhe kommt. Und dass die Hände permanent in der Luft bleiben. 
Dass Jack seine Tracks größtenteils im Alleingang produziert, ist dem Einfluss gewisser Leftfield-Producer-Größen der letzten Jahre geschuldet: Flying Lotus, Son Lux und Jai Paul führt er beispielsweise als wichtige Inspirationsquellen an, weil sie es immer wieder schafften, so Jack, existierendes Material in etwas Neues, Überaschendes zu verwandeln. “Das sind Typen, die sind einfach mal auf einem komplett anderen Level. Und ich find’s unglaublich, wie entwaffnend ihre Produktionen manchmal klingen.” 
Die im Frühsommer 2015 veröffentlichte Nachfolger-EP “Synesthesiac” zeigte, dass Jack Garratt seit der Veröffentlichung von “Remnants” einen Quantensprung gemacht hatte: Der erste Track “The Love You’ve Given”, der auch auf seinem kommenden Phase-Album vertreten ist, funktioniert wie ein vertonter Schwelbrand, bis das Stück förmlich explodiert und in 1000 Farben aufleuchtet. Ein weiteres Album-Highlight, das ebenfalls schon auf der EP zu finden war, ist “Chemical”, ein wilder, ungezügelter Track, auf dem eine Überdosis Handclaps auf massive Beats und eine grandiose Dancefloor-Hook treffen. Auch wenn es schwer greifbar ist, was Jack da eigentlich genau macht, spürte man schon damals irgendwie, dass es für größere Bühnen bestimmt war – die Art von Bühnen, die er in diesem Jahr betreten wird. 
Mit dem Track “Weathered”, der ganz klar zu den Höhepunkten seiner Live-Sets zählt, und der ersten Single “Breathe Life” hat Jack die Karten bereits im Vorfeld vollkommen selbstbewusst auf den Tisch gelegt: Beides sind überdimensionale, unglaublich eingängige Tracks, denen man anmerkt, dass der 24-Jährige seinen Sound gefunden hat. Er schreckt ganz offensichtlich nicht länger davor zurück, seine Stärken auch zu zeigen. Es sind Songs, die wirklich sofort unter die Haut gehen und die selbst auf den größten Playlisten kein bisschen fehlplatziert wirken. Auf Phase findet man etliche Stücke dieses Kalibers – und das, obwohl Jack sich zugleich absolut treu bleibt und seinen ursprünglichen Sound kein bisschen verwässert. Das treibende “Fire” oder auch eine zukünftige Hymne wie “Surprise Yourself” sind dabei nur zwei von etlichen weiteren Songs, die ab sofort bei seinen Konzerten ebenfalls zu den Highlights zählen dürften… 
Apropos Live-Shows: Nach einer durchweg ausverkauften UK-Tour im Herbst, in deren Rahmen er auch im Shepherd’s Bush Empire auftrat, sind Teile der kommenden Tournee schon jetzt ausverkauft: Unter anderem sein nächster Gig in der Londoner Brixton Academy, und das, obwohl Mr. Garratt sein Album ja erst im Februar veröffentlichen wird. Im Mai 2016 wird er für vier Konzerte nach Deutschland kommen. 
Ist bestimmt kein schlechtes Gefühl, dieser Tage in der Haut von Jack Garratt zu stecken: “Ja, momentan bringt wirklich jeder Tag etwas Neues; irgendetwas Spannendes passiert immer! Mich haut das echt um!”

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