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Perfekt getimte Reunion

Keith Jarrett & Charlie Haden
© Reto Caduff / ECM Records
05.05.2010
Manchmal ist es einfach nur eine Frage guten Timings! Dass Keith Jarrett und Charlie Haden den perfekten Zeitpunkt für ihre Reunion gefunden haben, weiß man schon nach wenigen Takten des ersten Songs ihres Duo-Albums “Jasmine”. Mit geradezu majestätischer Ruhe und vollendeter Eleganz interpretieren sie Fred Coots' “For All We Know”. Dass sie geschlagene dreißig Jahre lang getrennte Wege gegangen waren, mag man angesichts ihres traumwandlerischen Zusammenspiels kaum glauben. Aber es ist tatsächlich so: Ihre letzte musikalische Begegnung hatte 1976 stattgefunden, als sie für ECM gemeinsam mit Dewey Redman und Paul Motian das Live-Album “Eyes Of The Heart” aufnahmen. Das Quartett zählte damals zur Jazz-Avantgarde und war für die Musiker eine experimentelle Spielwiese. Heute besitzen Jarrett und Haden eine ganz andere musikalische Reife und verstehen es wie nur wenige andere Musiker, alles Unwichtige abzustreifen und sich auf die musikalische Essenz der Songs, die sie spielen, zu konzentrieren. Selbst wenn das Tempo wie bei Redd Evans' “No Moon At All” einmal angezogen wird, strahlt dieses Duo eine unglaubliche Ruhe aus, in der seine wahre Kraft liegt.

Die Reunion der beiden kam eher zufällig zustande. Anfang 2007 war Jarrett von dem Dokumentarfilmer Reto Caduff darum gebeten worden, sich für “Rambling Boy”, ein Biopic über Charlie Haden, an die Zusammenarbeit mit dem Bassisten in den 70er Jahren zurückzuerinnern. Als sich Haden und Jarrett während der Dreharbeiten trafen, kamen sie auf die Idee, noch einmal völlig zwanglos zusammen zu spielen. Diese Session machte beiden aber so viel Spaß, dass Jarrett Haden zu sich nach Hause einlud, um dort weiterzumachen. Und so trafen sie sich dort im März 2007 und zogen sich vier Tage lang in Jarretts Heimstudio zurück.

“Diese Aufnahme wurde in meinem kleinen Studio gemacht”, erzählt Jarrett in den Linernotes des Albums. “Deshalb klingt sie so direkt und unmittelbar. Ich entschied mich dafür, auf meinem amerikanischen Steinway zu spielen, obwohl der wirklich nicht in bester Verfassung ist. Aber ich mag ihn seltsamerweise einfach. Und für die Ungezwungenheit und dezente Funkyness, mit der ich diese Musik angehen wollte, ist er besser geeignet. Wenn man dann so großartige Songs spielt, geht man auch gleich mit dem richtigen Engagement zur Sache. Wir haben nicht im eigentlichen Sinne geprobt, sondern nur da, wo es nötig war, ein paar Akkorde ausprobiert… Dies ist spontane Musik, die aus dem Stegreif und ohne jegliche Vorbereitung entstand. Wenn man einmal die Hingabe außer acht lässt, die wir dieser Musik unser Leben lang gewidmet haben und die wir natürlich gegen nichts in der Welt eintauschen würden. Es sind großartige Liedeslieder, gespielt von Musikern, die sich, zumindest meist, bemühen, die Originalbotschaft der Songs intakt zu lassen. Ich hoffe, man kann sie aus unseren Interpretationen noch heraushören.”

Neben zeitlosen Jazzklassikern wie “Body And Soul”, “For All We Know”, “Where Can I Go Without You?” und “Don’t Ever Leave Me” spielte das Duo hier auch einen Song ein, der aus dem Repertoire heraussticht: die soulige Popballade "One Day I’ll Fly Away ", die Joe Sample und Will Jennings 1980 für die Sängerin Randy Crawford geschrieben hatten. Jarrett wurde auf die Nummer aufmerksam, als er sie in der Version von Nicole Kidman in dem Film “Moulin Rouge” hörte. Gemeinsam mit Charlie Haden erhob er den wunderbaren Song nun in den Rang eines Jazzstandards.

In dieser Woche verlosen JazzEcho und KlassikAkzente 2x2 Tickets für das Konzert des Keith Jarrett Trio am 09.07.2010 im Festspielhaus Baden-Baden.

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