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Die Schöne und der Tölpel

Luciano Pavarotti
08.04.2005
Zum Schluss hat der Wein gesiegt. Zumindest in der Interpretation durch den Quacksalber Dulcamara war es letztlich der Rebensaft, der den Bauerntölpel Nemorino und die Pächterstochter Adina zusammengebracht hat. Das mag zwar eine passende Verdrehung der Tatsachen sein, das Resultat jedoch ist ein Happy End, das man den Darstellern inständig gönnt. Denn so wie sich Luciano Pavarotti und Kathleen Battle in die Herzen des Publikums der Metropolitan Opera gesungen haben, ist es lange keinem L’Elesir D’Amore mehr gelungen, die Menschen zu begeistern. Ein Glück, dass die Kamera dabei war und diese Momente der Euphorie für die Nachwelt festgehalten hat.
Nun waren die Voraussetzungen günstig. Zum einen ist die Oper von Gaetano Donizetti an sich schon ein Höhepunkt der italienischen Singspieltradition. Uraufgeführt 1832 in Mailand, hat sie seitdem ihren Platz in den Spielplänen der internationalen Häuser behauptet und sich auf den vorderen Rängen der Beliebtheit etablieren können. Das hat seine Gründe in der Unbeschwertheit der Musik, die mit Arien wie “Una furtiva lagrima” wirkliche Hits des Genres zu bieten hat. Es liegt aber auch am burlesken Libretto, das herrlich klischeehafte Charaktere präsentiert, die sich wiederum klar und eindeutig an das Publikum vermitteln lassen.

Da ist der Bauernbursche Nemorino, der in seiner Einfalt sich gleich mehrfach von seiner Umwelt übers Ohr hauen lässt. Kaum weniger plakativ wird die vermeintlich höhere Tochter Adina dargestellt, die erst ihre Scherze mit dem in der Hierarchie niedriger stehenden Liebhaber treibt, dann aber der Authentizität der wahren Liebe nachgibt. Der Sergant Belcore wiederum ist der typische Schwerenöter in Uniform, ein Topos der Literatur seit dem Barock, der in seiner latenten Verantwortungslosigkeit auch nicht gerade positiv gezeichnet ist. Schließlich bleibt noch der Wunderdoktor Dulcamara, ein fahrender Quacksalber und habgieriger Kaufmann, der seinen Kunden alles verkaufen würde, solange sie daran glauben. Zwischen diesen vier Eckpunkten des Komischen kann sich eine Geschichte entwickeln, die von getäuschter Liebe bis hin zum Happy End führt.

Für die Inszenierung an der Metropolitan Opera in New York wählten die künstlerischen Verantwortlichen eine eindeutig ahistorische und artifizielle Umsetzung. Die Kostüme entstammen der bäuerlich-bürgerlichen, stellenweise märchenhaft überzeichneten Vorstellungswelt ohne eindeutige geschichtlich-regionale Verortung. Das Bühnenbild ist bewusst zweidimensional und theatralisch gehalten, um den Spielcharakter zu unterstreichen. Vor diesem Hintergrund können die Darsteller ihre ganze Komik entwickeln und die Menschen mit Charme umgarnen. Was für einen liebenswerten Bauerntrampel gibt Luciano Pavarotti doch ab (der von sich behauptet, dass Nemorino eine seiner Paraderollen ist). Wie bezaubernd schnippisch kann Kathleen Battle sein, wenn sie zwischen den Männern taktiert und deren Qualitäten gegeneinander ausspielt. Und wie herrlich selbstgefällig mimt Enzo Dara den Dottore, wie er einen nach dem anderen die Protagonisten über den Tisch zieht.

Unterstützt von James Levines schmissiger Dirigierkunst, die die burlesken Elemente der Oper herausstellt und dem ausgezeichneten Hausensemble der Met ist auf diese Weise eine klassisch zeitlose Inszenierung entstanden, die mit der Aufführung vom 16. November 1991 nun auf DVD verewigt wird. Ob im voluminösen Surround-Sound oder im bewährten Stereo-Empfinden – dieses L’Elisir D’Amore ist ein Genuss.

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