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“Concerte, welche schwitzen machen”

30.08.2006
Für Maurizio Pollini ist es eine Premiere. Zum ersten Mal in seiner mehr als vier Jahrzehnte umfassenden internationalen Karriere wagt sich der Mailänder Pianist nicht als Solist, sondern auch als Dirigent mit den Wiener Philharmonikern vor die Mikrofone. Im Mittelpunkt stehen zwei wesentliche Klavierkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, das “Nr.17 in G-Dur, KV 453” und das “Nr. 21 in C-Dur, KV 467”, die auf diese Weise in besonders harmonischer Form eine zeitgemäße Neudeutung durch einen der Meister des Klavierspiels erleben.
Auf der Anschlagtafel des Wiener Burgtheaters konnte man lesen: “Donnerstag den 10ten März 1785 wird Hr. Kapellmeister Mozart die Ehre haben, in dem k.k. National-Hof-Theater eine grosse musikalische Akademie zu seinem Vortheile zu geben, wobey er nicht nur ein neues erst verfertigtes Forte piano-Konzert spielen, sondern auch ein besonders grosses Forte piano Pedal beym Phantasieren gebrauchen wird. Die übrigen Stücke wird der große Anschlagzettel am Tage selbst zeigen”. Bei dieser Gelegenheit führte Mozart sein Klavierkonzert in C-Dur K 467 auf, das einundzwanzigste von insgesamt fünfundzwanzig, die im Laufe der Jahre entstanden, und eines, das er nicht im Auftrag, sondern zunächst nur für sich geschrieben hatte. Es war eine Phase, in der sich für den in Wien lebenden Salzburger die Ereignisse überschlugen. Er hatte sich in den erlauchten Kreisen der Stadt etablieren können, seine “Akademien” genannten Konzertabende waren voll von begeisterten Anhängern, die Opern verhalfen ihm zu weiterem Ansehen und die Unterrichtsstunden brachten einiges ins Säckel, so dass er nicht mehr jeden Dukaten umdrehen musste. “Der ganze Vormittag geht mit Lectionen herum, folglich bleibt mir nichts als der Abend, zu meiner lieben Arbeit – zur Komposizion”, schrieb er im Februar 1784 an seinen Vater.
 
Dementsprechend nebenbei und unter enormem Zeitdruck entstanden viele seiner Werke dieser Jahre. Darüber hinaus musste Mozart bei aller Popularität, die er genoss, sich darum kümmern, dass sein Stern auch auf längere Sicht hell leuchten konnte. Zu den wichtigen Maßnahmen gehörte dabei, sich seine Gönner bei Laune zu halten. Dazu war es wichtig, auch Werke für seine Schülerinnen wie Barbara von Ployer (KV 449, KV 453) oder Maria Theresia Paradis (KV 456) zu verfassen oder sie zumindest ihnen zu widmen. Andere wiederum dienten ihm darüber hinaus als Fingerübungen für Fortgeschrittene (über KV 451 und KV 453 schrieb er an seinen Vater, das seien “Concerte, welche schwitzen machen”). So sind vor allem die späten die Klavierkonzerte bis heute weit mehr als die an der Oberfläche gefälligen Werke eines genialen Komponisten. Sie gehören, im Gegenteil, sogar zu den wirklichen Aufgaben, der ein großer Interpret sich stellen kann. Für Maurizio Pollini, der im vergangenen Januar seinen 64.Geburtstag feierte, war es daher durchaus eine ernste Angelegenheit, sich mit den beiden Konzerten KV 453 und KV 467 beschäftigen, zumal er es sich zum Ziel gesetzt hatte, gleichzeitig auch als Dirigent der Wiener Philharmoniker zu fungieren. Der Maestro meisterte die Herausforderung mit der für ihn charakteristischen Eleganz. Transparente Farbgestaltung, moderate Tempi, sorgsam herausgearbeitete Abtönungen, raffinierte Stimmungswechsel von Heiterem und Reflektierten – aus vielen hochqualitativen Details setzen sich unter Pollinis Ägide wunderbare Mozartkonzerte zusammen, der noch einmal eindringlich verdeutlichen, warum diese Werke zu den Höhepunkten der Klavierkunst zählen.

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