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Melody Gardot – My One And Only Thrill

Melody Gardot 2 © Nick Jbaro
22.04.2009
Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, weshalb Melody Gardot gleich nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums “Worrisome Heart” weltweit als eine der aufregendsten Neuentdeckungen der Musikszene gefeiert wurde. Zum einen versteht es die mittlerweile 23jährige Chanteuse, bezwingend authentische Songs über die Liebe, Verluste und Herzschmerz zu schreiben, zum anderen besitzt sie eine Stimme, die über eine emotionale Autorität und technische Gewandtheit verfügt, wie man sie normalerweise erst bei einer sehr viel erfahreneren Sängerin erwarten würde.
“In mir hauste schon immer eine alte Seele”, meint Gardot kokettierend. “Bereits als Achtjährige fühlte ich mich wie eine Vierzigjährige.”
Gardots außerordentliches Talent und ihre einzigartige persönliche Geschichte spiegelte auch das Album “Worrisome Heart” wider, das die junge Künstlerin zusammen mit dem Grammy-Gewinner Glenn Barratt produziert hatte. Das Album bot bemerkenswert originelle Eigenkompositionen Gardots, die die gesamte Musikwelt aufhorchen ließen. Die Songs, die Elemente von Jazz, Blues, Folk und Country-Musik enthielten, waren bewußt schlank arrangiert worden, um Melodys ausdrucksstarke Stimme, die sowohl einfühlsam als auch verführerisch ist, richtig zur Geltung kommen zu lassen.
“In meinen Augen gibt es zwei Sorten Musik”, sagt Gardot. “Da gibt es zum einen jene Sorte Musik, die auf einen zustürmt, und dann die Sorte Musik, die einen anlockt. Ich ziehe letztere vor. Ich mag es, wenn ich irgendwo bin und Musik höre, die aus der Ferne herübergeweht wird; man wird von ihr angezogen und möchte herausbekommen, was das für Musik ist. Ich finde das wunderbar, das ist für mich die Essenz des Musikhörens: entdecken, erkunden und all diese kleinen Zwischenräume finden! Wenn Musik einem entgegengeschleudert wird, verliert sie dadurch fast schon an Wert.”
Gardots Werdegang war unkonventionell und teilweise beschwerlich. Die in Philadelphia aufgewachsene Künstlerin erhielt ab ihrem neunten Lebensjahr Klavierunterricht und trat schon als 16jährige in lokalen Lounge-Bars auf.  Die Musik betrachtete sie zu diesem Zeitpunkt allerdings als reines Hobby. In ihren Lebensmittelpunkt rückte die Musik erst, nachdem Melody als 19jährige von einem Auto angefahren worden war und schwerverletzt überlebte. Der Arzt, der sie nachbehandelte, hielt es für eine gute Idee, die Musik im Genesungsprozess als therapeutisches Schlüsselelement zu nutzen.
“Wie so viele Leute meines Alters hörte ich in meiner Jugend all die Musik, die gerade populär war”, erläutert Melody Gardot. “Aber nach meinem Unfall tat mir alles, was lauter als ein Flüstern war, einfach in den Ohren weh. Da ich die Musik, die ich früher so gehört hatte, nun also nicht mehr ertrug, verlegte ich mich auf andere, leisere Sachen. Meine Freunde versorgten mich mit Platten, und eine der ersten, die sie mir gaben, war ‘The Bossa Nova Years' von Stan Getz. Ich erinnere mich, daß ich zu dieser Musik Physiotherapie machte und langsam wieder laufen lernte. Diese Sorte Musik nahm mich irgendwie gefangen; ich weiß noch, daß ich sie anfangs gar nicht so recht verstand, aber ich hörte mir diese Sachen einfach so oft an, bis bei mir der Groschen fiel. Je mehr Fortschritte ich beim Gehen machte, desto besser verstand ich auch diese Musik. Und genau deshalb habe ich heute auch ein so persönliches Verhältnis zu dieser Sorte Musik.”
Die Musik war nicht nur ein integraler Bestandteil von Melody Gardots Rekonvaleszenz, sondern wurde für sie auch zu einem Mittel, ihre innersten Gefühle auszudrücken. Noch während sie damit beschäftigt war, ihre Mobilität zurückzuerlangen, begann sie, erstmals eigene Songs zu schreiben: “Ich weiß wirklich nicht, wo all diese Ideen herkamen, aber sie kamen mir einfach”, sinniert die Songschreiberin. “Wenn mich etwas anrührt oder bei mir einen Eindruck hinterläßt, dann kan ich, wenn ich etwas Glück habe, diese Stimmung musikalisch einfangen und in etwas Bleibendes verwandeln.”
Auch auf ihrem zweiten Album “My One And Only Thrill” macht Melody Gardot ihrem klangvollen Vornamen alle Ehre. Für diese Aufnahme holte sie unter anderem Produzent Larry Klein und Arrangeur Vince Mendoza ins legendäre Studio von Capitol Records in Los Angeles. Der vierfache Grammy-Gewinner Mendoza, der schon mit Größen wie Elvis Costello, Joni Mitchell, Joe Zawinul, Al Di Meola, Björk und Robbie Williams zusammenarbeitete und dessen Kompositionen u.a. von Gary Burton, Pat Metheny, Michael Brecker und Charlie Haden interpretiert wurden, verlieh einigen neuen Songs der jungen Künstlerin eine schwelgerische neue Dimension. Das Material stammt – bis auf eine Nummer (den Musical-Klassiker “Somewhere Over The Rainbow”) – wieder ausschließlich aus der Feder von Melody Gardot, die zuletzt mit ihrem Gastauftritt auf Till Brönners gerade mit einem Echo-Preis ausgezeichneten Album “Rio” aufhorchen ließ. Erneut verzaubert einen die einfühlsame Sängerin mit ihren teils sinnlichen, teils melancholischen Pop-Balladen, die wechselweise bluesig, jazzig oder auch brasilianisch angehaucht sind. Als kongeniale Begleiter der Piano und Gitarre spielenden Protagonistin erweisen sich unter die Mitglieder ihres regulären Quintetts (Trompeter Patrick Hughes, Saxophonist Bryan Rogers, Bassist Ken Pendergast und Schlagzeuger Charlie Patierno) sowie Organist Larry Goldings und Perkussionist Paulinho da Costa.
“Wenn man sich an einem Standard versucht, muß man wissen, was man tut”, meinte SPIEGEL-Online-Redakteur Andreas Borcholte in seiner Rezension des neuen Melody-Gardot-Albums. “‘Somewhere Over The Rainbow' ist so ein Ding: Völlig durchgenudelt, überhört, verkommerzt und disneyfiziert – geht also gar nicht mehr. Es sei denn, man nimmt den Klassiker, zieht ihm die Hosen aus, wirft ihm ein paar geblümte Shorts und einen Hula-Hoop-Ring hin und tanzt Samba mit ihm. Das macht Melody Gardot, eine 23jährige Amerikanerin, auf ihrem zweiten Album. Und zwar völlig ohne Not. Denn bevor sie ganz lässig eine gelungene Coverversion der Unmöglichkeit abliefert, hat sie schon zehn wundervoll melancholische, manchmal betörend laszive Jazz- und Blues-Songs aus eigener Feder dargeboten, die so überzeugend sind, daß der Einsatz eines Standards zwecks Wiedererkennung völlig obsolet wird.”

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