Mischa Maisky | News | Der Kosmopolit

Der Kosmopolit

08.04.2005
Als junger Mann ging Mischa Maisky bei Mstislav Rostropovich in die Lehre. Und einige Jahre später nahm ihn Gregor Piatigorsky als letzten seiner Schüler an. So ist Maisky der einzige Cellist, der von beiden Legenden des Instruments unterrichtet wurde und deren Erbe in die Welt tragen kann: “Was beide gemeinsam hatten? Vor allem eines: Keiner von beiden hat auch nur in einer Unterrichtsstunde über das Cello gesprochen. Beide betrachteten das Instrument als bloßes Vehikel für den musikalischen Ausdruck”. Welche Bandbreite einem Virtuosen dabei zur Verfügung stehen kann, dokumentiert Maisky nun mit der Zusammenstellung berühmter Konzerte und Zugaben, die in der Reihe Double DG erschienen ist.
Das Wichtigste ist, sich nicht festlegen zu lassen. Mischa Maisky (*1948) gehört zu den wichtigsten Musikern seines Fachs und er hat diese Bedeutung nur erlangen können, weil er sich der Mischung aus Talent und Weltoffenheit bewusst ist: “Ich wurde in Lettland geboren, habe in St. Petersburg und Moskau studiert und bin nach Israel emigriert. Meine Tochter kam in Paris zur Welt, mein Sohn in Brüssel. Ich spiele ein italienisches Cello mit einem französischen Bogen und benutze Saiten aus Österreich und Deutschland. Ich fahre einen japanischen Wagen, trage eine schweizer Armbanduhr und eine indische Halskette. Kurz: Ich betrachte mich als Weltbürger”. Damit entspricht Maisky den Vorstellungen des modernen, kosmopolitischen Künstlers, der in einer globalisierten Konzert- und Musiksphäre kontinuierlich international präsent ist, ohne dabei die eigenen Wurzeln zu verlieren. Denn die sind nicht an bestimmte Nationalitäten oder Regionen gebunden, sondern eng mit der Musik verwoben, die er den Menschen präsentieren will. Maisky lebt in den Kompositionen, er versteht sie von innen heraus intuitiv und zugleich analytisch, ungeachtet der Tatsache, dass ihm kaum noch spieltechnische Grenzen im Wege stehen: “Ich glaube an die Freiheit des Geistes, aber nicht an Chaos und Anarchie. Nach meiner Überzeugung muss man immer eine strikte Ordnung einhalten und die Freiheit im klanglichen Ausdruck suchen”.

Insofern war die Kombination mit Leonard Bernstein ein Glücksgriff künstlerischer Kooperation. Denn auch der unnachahmliche Dirigent war eine Koryphäe des Zuhörens, der Inspiration bei gleichbleibender Disziplin. Als Maisky mit ihm zum Beispiel das Dvorak-Konzert spielen sollte, wurde bis zur Leistungsgrenze geübt. Sogar Sonderproben zu zweit mit Cello und Klavier setzte Bernstein an, um ein Optimum an Ausdruck zu ermöglichen. “Als wir in Tel Aviv waren, spielten wir [das Konzert] fünfmal und an jedem Abend anders. Im letzten Satz beschloss Bernstein plötzlich aus einer Eingebung heraus, der Rhythmus sollen wie ein Pulsschlag sein … In der Musik wie im Leben ist der Puls das Wichtigste”. So finden sich neben den berühmten großorchestralen Werken von Dvorak, Schumann, Haydn, Elgar und Tchaikovsky einige kleine Kabinettstückchen, die neben den pathetischen, wuchtigen Stücken auch noch den Spaß am Detail darstellen, Dvoraks “Waldesruh” etwa oder auch der sentimentalen “Schwan” aus Saint-Saëns “Karneval der Tiere”. Dabei bleibt es gleich, welche Bedeutung den Werken von der Wissenschaft oder der Historie zugedacht wird. Hat Maisky sich erst einmal entschlossen, sich einer Melodien anzunehmen, dann spielt er sie mit der ganzen Hingabe, die er zu leisten vermag. Denn auch das ist eine wichtige Eigenschaft eines Virtuosen, loszulassen und im richtigen Augenblick sich in den Dienst der Kunst zu stellen. Maisky ist ein Meister dieses Gleichgewichts. Schon deshalb ist die Zusammenstellung von Double DG ein Schmuckstück jeder Sammlung.

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