Ólafur Arnalds | News | Filme sind mehr als Bilder und Dialog – Olafur Arnalds neues Soundtrack-Album "Broadchurch – The Final Chapter"

Filme sind mehr als Bilder und Dialog – Olafur Arnalds neues Soundtrack-Album “Broadchurch – The Final Chapter”

Ólafur Arnalds
© Mercury Classics / Marino Thorlacius
04.05.2017
Im heutigen multimedialen Zeitalter noch von einem “Straßenfeger” zu sprechen – also von einer TV-Sendung, die einfach alle anschauen und deshalb zu Hause bleiben – klingt merkwürdig, allemal beim überlaufenen Krimi-Genre. Umso verblüffender, dass die britische Krimiserie “Broadchurch” in ihrer ersten Staffel in England eine Einschaltquote von über 30 Prozent hatte, durchschnittlich saßen gut neun Millionen vor dem Fernseher.
Die Serie mit den gefeierten Schauspielern David Tennant und Olivia Coleman wurde an 135 Länder lizensiert. In Deutschland liefen die ersten beiden Staffeln sonntags abends im ZDF, ebenfalls vor einem Millionenpublikum. “Broadchurch” gehöre “mit zum Besten, das in Sachen Fernsehen in den letzten fünf Jahren von der britischen Insel kam”, bekräftigte das Magazin Filmfutter.de den Konsens. Im Februar ist nun die dritte und letzte Staffel des Dramas in England angelaufen. Die Medien sprachen bereits von einem “neuen ernsthaften Fall nationalen Broadchurch-Fiebers” (The Independent).

Olafur Arnalds elegischer Filmscore spielt eine Hauptrolle in “Broadchurch”

“Filme sind mehr als Bilder und Dialog”, meint der Regisseur Christopher Nolan (“Interstellar”), dessen Scores stellenweise die Stimmen der Schauspieler übertönen. Dass die Musik zu einer Fernsehserie einmal wirklich so erfolgreich würde, konnte man sich bisher aber noch nicht vorstellen. Anders als im Kino, galten TV-Soundtracks immer als günstige, am Computer produzierte B-Ware, die Aufnahme echter Instrumente als Budgetsprenger. Mit dem Erfolg der neuen “Box-Set”-Telenovelas sind einige ihrer Filmmusiken ans Hollywood-Format herangekommen. Die schottischen Post-Rocker Mogwai erreichten mit ihrem Soundtrack des französischen Sci-Fi-Dramas “The Returned” ein neues Publikum. Die Serie “Black Mirror” engagierte den Komponisten Max Richter wie auch Geoff Barrow von Portishead.

Klangteppich auf dem roten Teppich

Die Musik von “Broadchurch” führte Arnalds bereits auf der Bühne des Londoner Barbican Centres auf. Gut 13 Millionen Mal wurde sie gestreamt, und sie ist mit dem bedeutenden britischen Filmpreis BAFTA ausgezeichnet worden.
Vor dem Beginn der Produktion besuchte der Isländer ein Dorf in Dorset, das als Vorlage von “Broadchurch” diente, und fing dort die Atmosphäre des Seeküstenortes ein. Seinen Score mit Klassik-Elementen und Ambient-Effekten nahm der 30-Jährige live in einer Kirche in Reykjavik auf. “Egal wie toll die Streicher moderner Soundbibliotheken heute klingen, es fehlt dort das Menschliche” sagte Arnalds dem Independent.

Ein Albumsong vereint Arnalds erneut mit dem Sänger Arnor Dan

Im April erschien vorab zum neuen Album das poppige, getragene Stück “Take My Leave On You”, gesungen vom isländischen Indie-Rock-Star Arnor Dan. Das Publikum kennt ihn bereits vom Abspann-Song “So Close” der ersten Staffel. Nachdem die ersten beiden “Broadchurch”-Alben viel Tempo gemacht haben, den Hörer in Passagen direkt anspringen (Arnalds begann seine Karriere als Musiker in verschiedenen Heavy Metal-Bands), wird die Spannung in Teil 3 subtiler, untergründiger: Man sieht förmlich das Panorama der Küste Süd-West-Englands vor sich. Harmonische Ruhepole und Meeresrauschen münden in einige wenige kurze Tonschritte, unwillkürlich verstrickt es sich alles dann ins Schicksalshafte…
Obwohl Arnalds melancholische, ominöse Musik "in der DNA von “Broadchurch” ist", stehe sie als eigene Erzählung für sich", sagt der “Broadchurch”-Schöpfer Chris Chibnall, der von Anfang an mit Arnalds arbeitete, nachdem ihn seine Musik schon beim Entwurf des Drehbuchs inspirierte. Seit seinem Debütalbum “Eulogy for Evolution” (2007) hat sich Olafur Arnalds international eine Fanbase aufgebaut. Zuletzt ist das Album “Island Songs” des Multi-Instrumentalisten und Produzenten erschienen. Sein neuer Score sei unaufdringlich und suggeriere nicht, was man empfinden soll, meint die Radio-Times. Arnalds jüngstes Oeuvre erzielt auch als eigenständige Kompositionen seine Wirkung.   

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