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Auf den Hund gekommen

Paolo Conte © Cesare Cicardini
Paolo Conte © Cesare Cicardini
07.12.2010
Dass Paolo Conte eine Menge erlebt hat, verrät ein einziger Blick in sein gegerbtes Gesicht. Auf dem Album „Nelson“ erzählt das 73-jährige Multitalent 15 neue Episoden aus seinem Leben.

Text: Jörg Eipasch | Foto: Cesare Cicardini

Schnauzbärtig, bärbeißig dreinschauend, die linke Augenbraue skeptisch hochgezogen, die Stirn von tiefen Falten zerfurcht – so kennt man Paolo Conte schon seit Urzeiten von Fotos. Hinter der fast schon furchteinflößenden Maske – wie die rauchig-raue Stimme eines seiner Markenzeichen – verbirgt sich allerdings ein außergewöhnlich sensibler und warmherziger Poet mit Hang zu melancholischen Betrachtungen, die gelegentlich mit einer Prise Ironie oder Sarkasmus gewürzt sind. 73 Jahre alt ist Paolo Conte im Januar geworden, und gut die Hälfte dieser Zeit ist er nun schon ein Cantautore, wie man die singenden Songwriter in seiner Heimat Italien nennt. Seit 1974 erfreut er mit seinen Geschichten ein ständig wachsendes Publikum. Nun hat er für sein Album „Nelson“ 15 neue Episoden vertont, zu denen ihn wahre Begebenheiten, aber auch Kunstwerke, literarische und filmische Vorlagen inspiriert haben.

„Die barsche Raucherstimme, ein Klavierstil, der in einer Honky-Tonk-Bar genauso zu Hause zu sein scheint wie in einem Tango-Palast oder einem Broadway-Cabaret, und die Weltanschauung eines wettergegerbten Romantikers haben Paolo Conte in Italien zu einem bestens bekannten Songwriter gemacht.“ Mit diesen Worten stellte die „New York Times“ ihren Lesern Paolo Conte vor, als dieser 1998 seine erste größere Tournee durch die Vereinigten Staaten startete. Dass Conte dort bis zu diesem Zeitpunkt nur wenig bekannt war, mutet absurd an: Schließlich hatte er seine Künstlerkarriere in den 60er Jahren als Jazzvibraphonist begonnen und die frühen Traditionen des amerikanischen Jazz in seiner Musik auch danach immer besonders liebevoll gehegt und gepflegt.

Auch auf „Nelson“ gibt es wieder zahlreiche Songs, die er mit der Patina des swingenden Jazz der 20er und 30er Jahre überzogen hat. Unter diese jazzigen Titel mischt er aber auch munter einen frankophonen Chanson („Enfant prodige“) und Lieder mit südamerikanischem Flair (wie die Bossa „Nina“, das sich im Titel selbst erklärende „Los amantes del mambo“ oder den Tango „L’orchestrina“). Halb Blues, halb Cabaret-Musik ist dagegen das sehr verspielte „Sotto la luna, Bruna“, in dem der launige Künstler wie ein Hund den von ihm besungenen Mond anheult. Doch Conte schwelgt nicht nur in nostalgischen Klängen. Im poppigen „C’est beau“ (wo er Gaststar Laura Conti und seinem Bassisten Jino Touche den Leadgesang überließ) und vor allem in „Sarah“ experimentiert er behutsam auch mit modernen Stilformen und Grooves.

„Man kommt alleine auf die Welt, man geht alleine von ihr, und dazwischen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen,“ sinnierte Paolo Conte einmal in einem seiner melancholischen Anflüge. Was er damit meinte, erfährt man jetzt in den 15 Songs von „Nelson“. Das Album benannte er übrigens nach seinem Hund, den er auf dem Gemälde für das Cover porträtierte.

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