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Schöpfung – Creation

02.01.2008
Am Anfang standen einige Aufführungen von Georg Friedrich Händels “Messias”, die Joseph Haydn in London gesehen hatte. Sie brachten den Großmeister der orchestralen Klassik auf die Idee, die Schöpfungsgeschichte zu vertonen. Als Gattung wählte er das Oratorium und schuf mit der “Schöpfung” ein monumentales Werk, das bis heute als einer der Höhepunkte seines Schaffens gilt. Es ist in vieler Hinsicht eine Herausforderung und so hat sich auch einer der angesehenen Spezialisten für historische Aufführungspraxis, Paul McCreesh, mit seinen Gabrieli Consort & Players der Aufgabe gestellt und seine Interpretation des Meisterstücks gewagt.
Joseph Haydn hatte viel vor. Er wollte nicht mehr und nicht weniger als die Schöpfungsgeschichte in Musik fassen, und das in einer rundum ausgewogenen, der Größe des Themas angemessenen Form. Nachdem er 1794 den Plan dazu gefasst hatte und nach einiger Vorbereitung auch einen offiziellen Auftrag über 500 Gulden von der Musikgesellschaft der “Associierten Cavaliers” dazu erhalten hatte, machte er sich vom Herbst 1796 an an die konkrete Umsetzung des Projekts.

Als Textvorlagen dienten ihm Passagen aus einer King-James-Bibel von 1611 und aus der religiösen Dichtung “Paradise Lost” des englischen Schriftstellers John Milton. Die Idee hinter der “Schöpfung” war allumfassend. Es sollten nicht nur der gewaltige Stoff in eine Form gegossen, sondern auch eine Vielzahl der bereits bekannten Genres und Gestaltungsmaximen in diesem Werk verknüpft werden. So wurde die “Schöpfung” zum einen eine Synthese aus symphonischer Instrumentation, Arie und Rezitativ, Fuge und Choral, Lied und Dramaturgie, auf der anderen die Zusammenfassung eines möglichst umfassenden Themas aus dem Bereich von Mensch, Natur und der Welt. Und Haydn machte seine Arbeit gut. Bis heute gilt die “Schöpfung” als Inbegriff des klassischen Ebenmaßes, als eine ideale Komposition auf dem Höhepunkt der klassischen Schaffensepoche.

Die erste Premiere fand am 30. April 1798 im Palais des Prinzen von Schwarzenberg in Wien vor einer geladenen Gesellschaft statt. Ein knappes Jahr später bekam im Burgtheater auch der übrige Teil des interessierten Publikum das Oratorium zu sehen und zu hören. Was geboten wurde, war faszinierend. Haydn hatte ein Panoptikum der tonmalerischen Szenen geschaffen, das vor allem in den Passagen der Erschaffung der Tiere und der Naturszenen nahezu bildhafte Qualitäten entwickelte. “Die Schöpfung” entwickelte sich schnell zum Inbegriff aufgeklärter Frömmigkeit und damit zu einem Standardwerk der bürgerlichen Aufführungstradition, mit dem es sich bis heute lohnt, intensiv auseinander zu setzen.

Für Paul McCreesh hatte es noch aus einem anderen Grund einen besonderen Reiz, sich mit den ungewöhnlichen Vorlagen des Werks zu beschäftigen: "Haydns “Schöpfung' ist das erste Oratorium, das in zwei Sprachen veröffentlicht wurde. Die Handschrift der Noten ist inzwischen unglücklicherweise verschollen, die Originalpublikation von 1800 hatte allerdings Baron Gottfried van Swietens deutschen Text als volle Unterschriften, während die englische Version oberhalb der Noten gedruckt war, mit in kleinen Noten angezeigten rhythmischen Wechseln für die Arien und Rezitative”, erzählt McCreesh von den Vorlagen und fügt hinzu, dass er gemeinsam mit Timothy Roberts die Rezitative in einer Haydn gemäßen Sprache für seine englische Umsetzung angepasst hat.

Aufgenommen wurde “The Creation” im Oktober 2006 in der Town Hall von Watford, von den Gabrieli Consort & Players mit Unterstützung des Chetham’s Chamber Choir und unter anderem mit Sandrine Piau (Gabriel) und Mark Padmore (Uriel) als Solisten. Es entstand eine gewichtige Neudeutung des Werks, kraftvoll und voluminös, zugleich sorgsam differenziert, die schon aufgrund der in diesem Fall selten verwendeten Gesangssprache über besondere Qualitäten verfügt. Eine gewagte Einspielung, aber eine, die sich lohnt.

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