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Neapolitanische Raritäten

LEONCAVALLO: "La Nuit de mai" - Opera Arias and Songs © Henry Fair
Henry Fair
24.02.2010
Der Geschmack des Publikums ist manchmal unergründlich. Da feierten die kunstinteressierten Italiener Ruggero Leoncavallo 1892 als einen der großen Newcomer der Opernbühne, als er mit dem „Bajazzo“ („I Pagliacci“) unter der Leitung von Arturo Toscanini einen hochdramatischen, psychologisierenden Einakter präsentierte. Und doch sollte es sein einziger wirklicher Erfolg bleiben, mit dem Resultat, dass es im Oeuvre von Leoncavallo noch immer viel zu entdecken gibt. Wie beispielsweise die symphonische Dichtung „La nuit de mai“ und viele wunderbare Lieder. Mit seinem neuen Programm widmet sich der Startenor Plácido Domingo nun dieser Raritäten und gibt außerdem dem chinesischen Virtuosen Lang Lang die Gelegenheit, sich als erstmals als Liedbegleiter zu präsentieren.
Ruggero Leoncavallo war ein vielseitig bewanderter Zeitgenosse. Geboren 1857 in Neapel, studierte er in seiner Heimatstadt zunächst Musik, dann aber in Bologna auch Literatur und traf dort unter anderem mit Richard Wagner zusammen. Erste Opernversuche bleiben wenig erfolgreich. Der junge Mann zog daraufhin durch die Welt, nach Frankreich und England, sogar nach Ägypten, wo er zwischenzeitlich als Orchesterchef Militärkapellen leitete. Dementsprechend erfahren, schrieb er zahlreiche Libretti und versuchte sich auch immer wieder als Komponist, wenig beachtet zunächst, im Anschluss an den „Bajazzo“ aber durchaus gefeiert. Allerdings blieb die Begeisterung nicht lange am Glühen und so verschwanden die meisten seiner Kompositionen in den Archiven und die Epoche nach dem Tod des Komponisten 1919 brachte daraufhin eine komplette Umwertung der Musikszene.
Fünf Jahre bevor der dramatischen Einakter das zeitgenössischen Publikum mitriss, hatte sich Leoncavallo mit „La nuit de mai“ einer anderen, unter Komponisten damals beliebten Gattung zugewandt. Es war eine Symphonische Dichtung nach der Vorlage eines Poems von Alfred de Musset, das der romantische Franzose bereits 1835 verfasst hatte. Im Mittelpunkt stand das Zwiegespräch des Dichters mit seiner Muse und Leoncavallo übertrug diese kommunikative Struktur auf die Musik. „In meiner Umsetzung“, meinte er in einer Einleitung zu dem Werk, „habe ich eine Art Dialog zwischen dem Dichter und der Orchester komponiert und dabei versucht, mit dem Orchester die Gedanken auszudrücken, zu denen der Dichter die Muse veranlasst“.
Im Fall der Wiederentdeckung nun übernimmt das Orchestra del Teatro Comunale di Bologna unter der Leitung von Alberto Veronesi die eine Position und in die Rolle des singenden Dichters schlüpft Plácido Domingo, einer der größten und erfahrensten Tenöre unserer Tage. Dementsprechend schwungvoll erscheint hier auch das vergessene Meisterstück, das vor allem in den späten Passagen immense Spannung und emotionale Dichte aufzubauen versteht. Als besonderes Extra wurden „La nuit de mai“ außerdem fünf Lieder zur Seite gestellt, die Leoncavallos Talent zur pathosgetönten gefühlvollen Klangfülle dokumentieren und hier außerdem den chinesischen Klavierstar Lang Lang erstmals in der Rolle des wuchtig kraftvoll ornamentierenden Liedbegleiters vorstellen. Abgerundet wird das Programm durch zwei neapolitanisch anmutende Pianoimpressionen, so dass Plácido Domingos Entdeckungen viele Anknüpfungspunkte bietet, um den italienischen Verismo von einer frischen und bislang kaum bekannten Seite zu erschließen.

Weitere Informationen zu Plácido Domingo auf seiner Künstlerseite bei KlassikAkzente.de.

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