Ralph Towner | News | Ralph Towner - Amalgam aus Bill Evans, brasilianischer Musik und klassischer Gitarre

Ralph Towner – Amalgam aus Bill Evans, brasilianischer Musik und klassischer Gitarre

Ralph Towner
© Caterina di Perri / ECM Records
02.02.2017
In der umfangreichen Diskographie des Gitarristen Ralph Towner nehmen Soloaufnahmen einen besonderen Platz ein. Die erste, die er 1973 bei ECM Records veröffentlichte, trug den programmatischen Titel “Diary”. Auch die folgenden Soloeinspielungen (die Liste umfasst “Solo Concert”, “Ana”, “Anthem” und “Time Line”) hatten einen entschieden autobiographischen, tagebuchähnlichen Charakter. Diese Alben offenbarten stets am deutlichsten, von welchen Haupteinflüssen Towners Musik durchdrungen ist. Nun legt er mit “My Foolish Heart” erstmals in zehn Jahren wieder ein solches Album vor.
“'My Foolish Heart', der Titelsong dieses Albums, übte einen immensen Einfluss auf mein musikalisches Leben und das vieler Kollegen in der Welt des Jazz und der Improvisation aus”, teilt Towner im Begleittext zu der CD mit. “Die bahnbrechende Version von Bill Evans, Scott LaFaro und Paul Motian brachte mich auf die Idee zu versuchen, die Magie dieses Trios bei meinen eigenen Versuchen auf dem Klavier einzufangen, und später auch auf der klassischen Gitarre, als diese mein Hauptinstrument wurde. Ich wollte unbedingt wissen, wie es war, sich in einem solchen ehrerbietigen musikalischen Raum zu bewegen. Jetzt, viele Jahre später, fasste ich den Entschluss, diesem Song wieder einen Besuch abzustatten und ihn zusammen mit einer Auswahl meiner eigenen Stücke zu präsentieren. Ich hoffe, dass die Inspiration, die ich aus der ersten Begegnung mit dem Stück schöpfte, in all der Musik reflektiert wird, die ich spiele.”
Die Herausforderung war, wie Towner einmal erklärte, “die Interaktionen eines kleinen Ensembles auf die Gitarre selbst zu übertragen”. In seinem Werk laufen drei Linien von Einflüssen zusammen: Evans' Auffassung von Jazz, brasilianische Musik – Towners Haupteinfluss in den 1960er Jahren – und die klassische Gitarre. “Im Laufe der Jahre adaptierte ich jeden dieser Einflüsse auf meine Art. Ich abstrahierte und modifizierte sie, bis die Quellen nicht mehr länger erkennbar waren, und ich fand so, fast ohne es zu bemerken, zu einer ganz eigenen Ausdrucksweise.” Erweitert hat er sein eigenes Idiom noch durch das Spiel auf einer zwölfsaitigen Gitarre. Auf ihr unternimmt er Experimente mit unterschiedlichen Stimmungen und erzeugt so eine evokative Klangfülle und Atmosphäre. Auf dem neuen Album setzt er die zwölfsaitige Gitarre in dem mysteriösen “Clarion Call” und der schwebenden Miniatur “Biding Time” ein.
Ein weiteres hervorstechendes Stück ist “Blue As In Bley”, eine einfühlsame Hommage an den Pianisten Paul Bley, der einen Monat, bevor Towner diese Session machte, starb. Towners Spielweise, sowohl auf der klassischen als auch der zwölfsaitigen Gitarre, ist sofort identifizierbar. “Niemand spielt Gitarre wie Ralph Towner”, bemerkte sein Instrumentalkollege Scott Nygaard einmal. “Dass seine Kompositionen oft ‘klassisch’ klingen (sie kombinieren eine Neigung für barocke Stimmführung, Strawinskianische Harmonien und ungerade Taktarten mit seinem eigenen, ausgeprägten Sinn für Melodie) liegt primär daran, dass jedes Stück organisch und elegant aus einer Grundidee erwächst.” Towners Formgefühl war schon immer eine seiner Stärken. Das unterstreichen hier “Shard” und “Rewind”, zwei ältere Kompositionen aus dem frühen Oregon-Repertoire.

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