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Sammler und Jäger exotischer Klänge: Stephan Micus

Stephan Micus © by René Dalpra
© by René Dalpra
07.10.2010
Das Prädikat “handgemacht” verdient die Musik von Stephan Micus in mehr als einer Hinsicht. “Die Vorstellung, mich an einen Tisch zu setzen und eine Komposition zu Papier zu bringen, ist mir vollkommen fremd”, meint Micus. “Um ein Stück Musik zu kreieren, muss ich den Klang selbst erzeugen, ein Instrument in meinen Händen halten.” Und je exotischer das Instrument, desto besser. Denn Micus gehört zur Gattung der Sammler und Jäger. Er jagt ohne Unterlass “unentdeckten” exotischen Instrumenten nach, um sie seiner ohnehin schon immensen Sammlung zuzuführen. Auf seinem jüngsten Album “Bold As Light” rückt er neben seiner Stimme zwei neue Instrumente als Protagonisten in den Mittelpunkt: die Raj Nplaim, eine aus Laos stammende Bambusquerflöte mit durchschlagender Stimmzunge, und eine japanische Bambusflöte namens Nohkan.
Viele der vor allem aus Asien und Afrika stammenden Instrumente, die Stephan Micus im Laufe von Jahrzehnten sammelte, repräsentieren uralte Musiktraditionen. Manche laufen Gefahr, auf immer zu verschwinden, andere fristen nur noch ein Dasein als Museumsstücke. In Micus’ Händen erwachen diese Instrumente zu neuem Leben. Der deutsche Weltmusiker liebt es, neue Klangmöglichkeiten zu erschließen und spielt die Instrumente oft in einer Weise, die sich von der unterscheidet, die ihm lokale Musiker vor Ort vermittelten. Durch Improvisieren findet er zu überraschenden Kombinationen von Instrumenten aus unterschiedlichsten Kulturkreisen. Sein einziges technisches Hilfsmittel ist ein Mehrspuraufnahmegerät. Denn Micus ist seine eigene Band und sein eigener Chor. Seine multiphonen Strukturen sind atemberaubend und auf geheimnisvolle Art berückend.
Auf “Bold As Light” kommen neben den beiden bereits genannten Instrumenten auch solche aus Bayern, Tansania und Gambia zum Einsatz. Zwei weitere schuf er selbst eigens für diese Aufnahmen: eine Akkordzither und eine Basszither, die er in Kombination mit der Nohkan-Flöte spielt, die normalerweise entweder als Soloinstrument verwendet wird oder von Trommeln und Gesang begleitet wird.
Wie bei allen Aufnahmen von Stephan Micus (dies ist bereits sein 19. ECM-Album!) sind die Kompositionen miteinander verknüpft und scheinen dieselbe Geschichte aus immer neuen Perspektiven zu erzählen. Worum es in dieser Geschichte geht? “Mit solchen konzeptionellen Fragen befasse ich mich gar nicht, wenn ich Musik erschaffe”, sagt Stephan Micus. “Ich bin eigentlich ein sehr praktisch orientierter Mensch. Aber ich weiß, dass die Hörer meine Werke auf unterschiedlichste Weise erfahren. Für mich ist jede Geschichte in Ordnung, die die Leute aus meiner Musik heraushören.”

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