Sway Clarke | News | Sway Clarke II, "Secret Garden", 2014

Sway Clarke II, “Secret Garden”, 2014

Sway Clarke II 2014
21.08.2014
Wenn man wie Sway Clarke II mit sieben Geschwistern unter einem Dach aufwächst, lernt man zwangsläufig schon sehr früh, sich zu arrangieren, sich in der Welt zurechtzufinden und für die eigenen Ziele und Wünsche einzustehen. “Oh ja, ich bin in einer echt großen Familie aufgewachsen und wir hatten leider ein echt kleines Häuschen”, erinnert sich der Songwriter und Sänger aus Toronto. “Ich war einer von den Mittleren, ein typischer Fall von Sandwich-Kind also. Ich hab dadurch gelernt, wie man seinen Scheiß geregelt kriegt und die Sachen durchzieht. Meine Position innerhalb der Familie war ja eher unauffällig, und dadurch war ich auch schon früh unabhängig und stand auf eigenen Füßen.”
Da in dem kleinen Haus der Familie mit kubanischen und jamaikanischen Wurzeln jedoch nicht nur ungewöhnlich viele Menschen wohnten, sondern auch viel Musik gehört und gemacht wurde (“Mein Vater hat früher manchmal als DJ gearbeitet; wir hatten echt viele Reggae-Scheiben im Haus.”), interessierte sich auch Sway relativ früh für Musik. Allerdings sah es zunächst gar nicht danach aus, als ob aus ihm irgendwann derjenige Pop/R&B-Songwriter werden würde, als der er momentan durchstartet: “Wie die meisten farbigen Kids in Toronto, träumte auch ich damals davon, ein Rapper zu werden”, erzählt Sway.
“Das Problem war nur, dass ich echt nicht besonders gut rappen konnte! Na ja, irgendwann entdeckte ich dann ja das Singen und Songwriting für mich, das war eine ganz organische Entwicklung. Irgendwie bin ich da so reingerutscht.” Nachdem er als (für derartige Erweckungserlebnisse anfälliger) Teenager eine recht unerwartete stilistische Kehrtwende hingelegt hatte – Sway entdeckte Oasis, und “Liam Gallagher war ja so ein krasser Typ! Ihm war echt alles scheißegal! Genau wie er wollte ich auch sein!” –, öffnete er sich bald darauf ganz unterschiedlichen Einflüssen, und die stetig wachsende, bunt zusammengewürfelte Liste seiner musikalischen Vorlieben sollte sich natürlich auch auf diejenige Musik auswirken, die er inzwischen selbst machte.
Nachdem er sich selbst den Umgang mit der Gitarre beigebracht und sich kurzzeitig sogar als mehr oder weniger “klassischer” Singer/Songwriter versucht hatte (“Die Leute, die sich zu der Zeit meine Auftritte anhören mussten, tun mir echt leid”, meint er heute lachend), entwickelte Sway schon bald seinen ganz eigenen Ansatz als Musiker – allerdings musste er dafür noch einen Umweg gehen: Im Jahr 2012 fasste er nämlich den Entschluss, seine Zelte in Toronto abzubrechen und nach Berlin zu gehen. Inzwischen ist er in der deutschen Hauptstadt dermaßen fest verwurzelt, dass er sogar von seiner spirituellen Heimat spricht.
Sways anfänglicher Plan lautete, die eigenen Songs von anderen Musikern aufnehmen zu lassen, doch musste er schon bald feststellen, dass gerade die Texte seiner Tracks den einen oder anderen fast schon abschreckten: “Ich hab echt wahnsinnig viel mit anderen Leuten gearbeitet, es gab so viele Sessions, und der Vibe zwischen mir und den anderen war immer super. Trotzdem sagten sie früher oder später, dass sie meine Themen und Texte etwas zu krass, etwas zu gewagt fanden.” Ein großes Publikum erreichte Sway erstmals, als im November 2013 mit “I Don’t Need Much” seine erste offizielle Single erschien: Ein minimalistischer, unfassbar eingängiger Track, der tatsächlich mit wenig auskommt, während er im Text wirklich kein Blatt vor den Mund nimmt.
Nachdem “I Don’t Need Much” postwendend von diversen Websites und Blogs abgefeiert worden war – bei The Fader versuchte man es mit der Formel “Frank Ocean meets Lorde” –, verzeichnet der Track inzwischen weit über 160.000 Plays bei Soundcloud, was wiederum dazu führte, dass Sway dieses Jahr bereits im Vorprogramm von Haim auf deren Europa-Tour auftreten konnte. Zugleich zeigte schon dieser erste Track, dass da ein Songwriter im Anmarsch war, der sich offensichtlich auch gerne mal ein bisschen weiter aus dem Fenster lehnt:
“Cigarettes and alcohol, iPhone for a few calls / A crew and a mean broad, because I can’t forget the pussy, man / I don’t need much”, allein diese Zeile aus “I Don’t Need Much” hat nicht nur für dezent geöffnete Kinnladen oder gar vereinzeltes Kopfschütteln gesorgt, im Gegenteil: Auf knallharte Ansagen wie diese hatten viele Leute offenbar gewartet, weil ihnen der “neue R&B” mit der Zeit dann doch zu schmalzig geworden war. “Ich war da gerade erst in Berlin angekommen, und ich besaß noch so gut wie nichts: Keine Möbel, nichts, nur meinen Computer”, erinnert er sich. “Ich stand unter der Dusche und wollte mir ein Bild von meinem Leben machen, so ist dieser Song letztlich entstanden. Zunächst hab ich ihn dann einem anderen Künstler angeboten, doch dann wurde mir klar, dass nur ich diese Nummer singen sollte: Der Song war schließlich ich, das war mein Leben zu diesem Zeitpunkt. An dem Punkt hatte ich auch zum ersten Mal das Gefühl, dass sich alles so zusammenfügt, wie ich mir das erwünscht hatte.”
Im Frühjahr 2014 legte Sway dann mit “Secret Garden” seine zweite Single nach, auf der sein Können als Songwriter noch deutlicher zu hören war – um nicht zu sagen: Sein Gespür für Hits. Obwohl der bescheidene Kanadier meint, dass seine Karriere noch immer in den Kinderschuhen steckt, sieht man ihm an, was ihm diese erste Aufmerksamkeitswelle der letzten Monate bedeutet, und wie er es selbst noch immer kaum glauben kann. Momentan verbringt er seine Zeit zwischen Berlin und Toronto, um die Arbeit an seinem kommenden Debütalbum voranzutreiben und parallel dazu möglichst viel live zu spielen:
“Die Tatsache, dass einige Leute zu meinen Konzerten kommen und die Texte mitsingen, finde ich einfach unglaublich”, meint er abschließend. “Ich kann das echt immer noch nicht glauben. Gerade ihnen gegenüber fühle ich fast schon so eine Art Verantwortung, weißt du? Ich werde alles dafür tun, die bestmöglichen Songs aus mir rauszuholen und sie auf das Album zu bringen. Eigentlich sollte das doch nicht so schwer sein.”

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