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Thomas Quasthoff – The Voice: Der Botschafter

03.05.2006
Wer Thomas Quasthoff einmal im Konzertsaal erlebt hat, wird dieses Ereignis nicht mehr vergessen. Denn genau genommen gab es seit Dietrich Fischer-Dieskau keinen Sänger mehr, dem es mit ähnlicher Intensität gelingt, Gefühl, Präzision und Bewusstheit zu vermitteln. Quasthoff ist ein Meister der Nuancierung, der die Kunst vor allem des 19. Jahrhunderts klischee- und mythenfrei vermittel, ohne dass deren Faszination nachlässt. Er ist mit anderen Worten genau der richtige Mann, um eine neue Anthologie-Reihe der Deutschen Grammophon “Portrait Of the Artist” mit prägenden Gestalten der musikalischen Gegenwart zu eröffnen.
Zu den Besonderheiten der neuen Serie gehört auch die aktive Mitarbeit des Künstlers an der Zusammenstellung des Repertoires. So war es für Thomas Quasthoff ganz natürlich, aus dem Fundus der romantischen Liedkultur zu schöpfen: “Schubert, Schumann und Brahms sind mir persönlich am nächsten – weit näher als zum Beispiel ein Großteil der modernen Musik. Die romantischen Gefühlswelten von Seelentiefe, Trauer und Fröhlichkeit finde ich direkt in meinem Herzen wieder – und davon abgesehen liegen die Farben dafür auch am natürlichsten in meiner Stimme. Ich glaube auch, dass diese Gefühle ganz aktuell sind: Die Tragik der zurückgewiesenen Liebe, um die es in der Schönen Müllerin oder der Dichterliebe geht, ist eine Erfahrung, die fast jeder selbst durchgemacht hat – zumindest wenn ich mir meinen engen Freundeskreis anschaue.” Darüber hinaus spannt sich der Bogen der musikalischen Auswahl von Bach bis zum Jazz, wobei sich durchaus Gemeinsamkeiten in den divergierend erscheinenden Klangwelten ergeben: "Für mich steht bei Bach nicht das Instrumentarium, sondern die Botschaft im Zentrum. Das Wichtigste ist doch nicht, dass wir irgendwelchen Dogmen der historischen Aufführungspraxis  folgen, sondern dass eine Kantate wie “Ich habe genug” unser Herz erfüllt. Und diese Botschaft scheint anzukommen – sonst hätte ich für meine Bach-CD, die ich selbst übrigens für eine meiner schönsten halte, sicher nicht meinen dritten Grammy bekommen".
 
Die Botschaft steht im Mittelpunkt und sie kann sich sowohl in der geistlichen Verinnerlichung der Barockzeit wie in der weltzugewandten Fröhlichkeit des frühen Jazz niederschlagen. Der Weg von Bach zu Duke Ellington ist kürzer, als mancher vermutet, und er hängt vor allem mit dem Element der Freude zusammen: “Ich bin einfach in der glücklichen Lage, das machen zu können, was mir Spaß macht. Und ich improvisiere gern und liebe einfach den Jazz: George Gershwin und Duke Ellington sind für mich große Musik, die unbedingt in die Konzertsäle gehört!” Als Live-Bonus ist denn auch eine Konzertimprovisation am Ende der Sammlung “The Voice” beigefügt und beschließt damit einen Reigen, der über drei Jahrhunderte geht und wunderbare Melodien beinhaltet. Da finden sich die bereits erwähnte Bachkantate “Ich habe genug BWV 82” wieder ebenso wie Meisterwerke von Franz Schubert (“An die Musik”, “Der Erlkönig”, “Die Forelle”, “Mein!”) und aus Gustav Mahlers “Des Knaben Wunderhorn” wieder. Es wurden Arien von Wagner aus dem “Tannhäuser”, von Strauss (“Wie schön ist doch die Musik”) und Lortzing (“Fünftausend Taler! Träum oder wach ich?”) ausgewählt, ebenso  zarte und emphatische Melodien von Felix Mendelssohn, Franz Liszt und Johannes Brahms. So setzt sich auf “The Voice” Künstlerportrait zusammen, das ebenso durch Präsenz besticht wie durch Vielseitigkeit fasziniert. Und das Thomas Quasthoff einmal mehr als eine Persönlichkeit vorstellt, die die Kunst in ihrer menschlichen Dimension liebt und verehrt.

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