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Till Brönner – Blue-Eyed Soul

01.03.2002
Funky. Sexy. Relaxed. Reif. So klingt Till Brönners “Blue-Eyed Soul”. 30 Jahre Leben, die Hälfte davon als Musiker, hat er in neun Monaten Studioarbeit in ein Album destilliert: “Blue-Eyed Soul” ist die Essenz daraus, die Reduktion auf das Wesentliche. Hart erarbeitet und deshalb so entspannt wie leidenschaftlich. Ruhig und richtig. Das merkt man sofort, hört man in jeder Note. Die Sounds sind warm und die Melodien möchte man spätestens beim zweiten Mal mitsingen. Die Beats funktionieren in der Lounge, am Pool und im Schlafzimmer. Am Strand und in der Badewanne. Vor dem Frühstück und nach dem Candlelight-Dinner. In trauter Zweisamkeit mit der Freundin und gemeinsam mit den Jungs. Es ist der Soundtrack zum Seelenleben.
Till Brönner hat sich für sein achtes Album Zeit genommen. Eine halbe Ewigkeit. Immerhin soll es für die Ewigkeit sein. Der Trompeter, Produzent, Komponist und Sänger ist Deutschlands bekanntester Jazzmusiker. Und ganz sicher einer der besten. Er selbst macht allerdings nicht viel Aufhebens darum. Das war schon immer so, wird nur für viele erst jetzt auffällig. Früher spielte der gebürtige Viersener und Wahlberliner Hard Bop-Arrangements von deutschen Vor- und Nachkriegsschlagern statt amerikanische Standards aus dem “Real Book”, dann echte Fusion statt Fahrstuhlmusik, samplete für sein Verve-Album “Chattin With Chet” sogar Chet Baker, um mit ihm im Duett zu spielen, und machte den Soundtrack zu Julian Benedikts Jazzfilm “Jazz Seen”. Jetzt kommt der 30jährige mit “Blue-Eyed Soul”. Eine gelungene Überraschung. “Ich mache meine Musik. Wie man sie nennt, ist mir egal”, meint er. “Das Einzige, das zählt, ist, daß die Musik mich und die Menschen, die sie hören, nicht nervt. Stress muß man sich nicht noch kaufen.”

Gemeinsam mit dem japanischen DJ Samon Kawamura, seinem stilsicheren Co-Produzenten, hat Brönner die goldene Mitte zwischen improvisierter Instrumentalmusik und programmierten Soul- und HipHop-Beats getroffen. “Sobald Jazzgedudel aufkam, hat Samon die Augen verdreht”, erinnert er sich. “Wenn er mit ?korrektem HipHop? um die Ecke kam, habe ich die Jazzchords ausgepackt.” Till weiß: Wer wirklich etwas zu sagen hat, braucht nur wenige Worte. Ein richtiger Ton sagt mehr als Tausend Triolen. Nur wer ihn trifft, wird gehört. Sein Instrument ist die Trompete, von der man sagt, daß sie der menschlichen Stimme am nächsten sei. Also singt er auf ihr. Die Scratches von Samon wirken da wie Background-Gesang oder Anfeuerungsrufe. Selbst bei “Just The Way You Are”, einem der wenigen Songs des Albums, den Brönner nicht selbst geschrieben hat, “singt” er die wohlbekannte Billy Joel-Melodie auf seinem Horn. Wobei er weder wie der Urheber, noch wie vielleicht Barry White, sondern “nur” wie er selbst klingt. Einmal, beim elegant fließenden “Tub Of Love”, singt Till sogar ohne Horn. Aber auch hier geht seine sanfte Stimme immer wieder in seinen seelenvollen Trompetenton über. Brönner, der Trompeter, begleitet Brönner, den Sänger. Auch bei “Dim The Lights”, der vielleicht groovigsten Nummer, der US-Kultsänger Mark Murphy je seine Stimme geliehen hat, bläst Brönner begleitend. Aber wie.

Die Augen sind der Spiegel der Seele, sagt man. Und “Blue-Eyed Soul” läßt tief blicken. Man muß die Regeln kennen, um sie brechen zu können, heißt es. Gute Schüler vergessen genau solche Lehren zuerst und stellen stattdessen ihre eigenen Regeln auf. Das nennt man Freiheit. Oder erwachsen werden. Till Brönner hat mit Ray Brown und Peter Herbolzheimer gespielt, aber auch mit Chaka Khan und Dee Dee Bridgewater. Nebenbei hat er Hildegard Knef und Manfred Krug produziert. Und jede Menge D’Angelo, Erykah Badu und The Roots gehört. Um jetzt (endlich!) seine eigenen Konsequenzen daraus zu ziehen. “Wir haben gearbeitet bis die Musik so klang, wie ich sie schon lange insgeheim gehört habe”, sagt er. “Das hat viel Zeit und Energie gebraucht. Aber ich denke, das Ergebnis spricht für sich.” Sechzehn mal nachzuhören auf “Blue-Eyed Soul”. Nie blauäugig, aber immer soulful.

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