July Talk | Biografie

July Talk, “Touch”, 2016

Vor ein paar Hundert Leuten, die sich in die überfüllte Horseshoe Tavern in Toronto drängten, feierte die Band July Talk im Oktober 2012 den Release ihres gleichnamigen Debütalbums. Drei Jahre und ungefähr 20 Tourneen später gab es für die Band ein Heimspiel beim WayHome Festival in Ontario, an dem Zehntausende voller Begeisterung jede Songzeile mitsangen. Klar, eine Menge hat sich seitdem verändert: July Talks erstes Album ist aus dem Rock-Radio nicht mehr wegzudenken und wurde in Kanada mit Gold ausgezeichnet.

2015 begannen July Talk schließlich mit der Arbeit an Album Nummer 2. “Es war leicht, einen Vibe und einen Sound für das neue Album zu kreieren”, sagt Peter Dreimanis, “weil wir tatsächlich einfach nur unsere Live-Shows angeschaut haben, und was daran Spaß gemacht hat, was für Leute dort aufgetaucht sind, und was für eine Art Community im Raum spürbar wurde. Wir waren nie darauf aus, eine Grenze zwischen Bühne und Publikum zu ziehen. Wir wollen genauso im Raum sein wie unser Publikum. Und deshalb wollten wir Songs schreiben, die die Leute direkt an der Kehle packen.”

Die Konzerte sind auch der Ort, an dem die schrillen Kontraste, die July Talks Musik ausmachen, mit voller Wucht zusammenprallen: Leah Fays kristallklare Kommuniqués vs. Peter Dreimanis' Drei-Schachteln-am-Tag-Bellen; fetter Southern Blues vs. urban-cooler New-Wave; sexuelle Spannung vs. kathartische Reinigung – und das neue Album “Touch” ist wie ein Blitzschlag: die perfekte Destillation all dieser Kontraste.

“Leah und ich haben angefangen, menschliche Berührung – den human touch – als etwas Reines, etwas Pures zu betrachten – als ein Gegenmittel gegen eine Welt, die zunehmend von Bildschirmen besessen ist. Uns faszinierte dieser Moment, in dem zwei Körper sich wirklich berühren, in dem sie sich gegenseitig ehrlich erfahren. Es gibt heutzutage so viele Ersatzmittel dafür, es gibt so viele Möglichkeiten, dieses Gefühl in der Light-Version anderswo herzukriegen. Und das ist schrecklich. Man hat immer die Option, diesen kleinen Rest an Distanz zu bewahren und sich einer echten Konversationen, face-to-face oder Auge-um-Auge, zu entziehen,” erklärt Dreimanis.

Für July Talk ist ein gemeinschaftlicher Spirit nicht nur bei den Aufnahmen wichtig – er ist auch essentiell für das Image und die Selbstpräsentation der Band: Dreimanis hat als Kameramann gearbeitet und Warburton ist Filmemacher, Fay beschäftigt sich mit Contemporary Dance und Performance Art. Zusammen haben diese multidisziplinären Kompetenzen eine visuelle Ästhetik hervorgebracht, die der eindrucksvollen Musik der Band in nichts nachsteht: “Weil unsere Erfahrungen über die Musik hinausgehen, arbeiten wir immer im Kollektiv”, sagt Dreimanis. "Wir wollen, dass alles, was unter dem Label “July Talk” erschaffen wird, wirklich von uns kommt."

Diese Philosophie durchzieht nicht nur die nüchternen Schwarz-Weiß-Videos oder die Promo-Fotos im Verbrecher-Style, sondern auch die Bühnenshow von Fay und Dreimanis. "Es ist das leichteste der Welt, über Liebeskummer und Ex-Freundinnen und gescheiterte Liebesbeziehungen zu schreiben", erklärt Fay, “und ich glaube, den Bereich haben wir auf dem ersten Album abgedeckt. Die Zeit vergeht, und deine Sichtweise auf die Welt verändert und erweitert sich, und auf einmal ist es so, dass dich tiefgreifende Ungerechtigkeiten viel mehr anpissen, als der Gedanke an deinen Ex. Du brauchst dir nur einen Aspekt unserer kaputten Gesellschaft anschauen und auf einmal verstehst du, dass hartnäckige Engstirnigkeit und fehlende oder schlechte Kommunikation Schuld sind an fast allem, was mit der Welt schief läuft. Es ist doch irgendwie so, dass wir nicht wirklich damit weiterkommen, wenn wir einander nur anstarren, wenn wir uns gegenseitig anbrüllen, und wenn unsere Egos das dann miteinander jeden Abend auf der Bühne ausfechten. Wir können besser aufklären und wir können besser mit mehr Leuten in Verbindung treten, wenn wir uns dem Außen gemeinsam, Seite an Seite stellen, wenn wir nicht nur sprechen, sondern auch zuhören – oder eben singen, in unserem Fall.”


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