Natalie Imbruglia | Biografie

Natalie Imbruglia Bio 2009

Ein paar Dinge, die man unter Umständen noch nicht über Natalie Imbruglia wusste.

Nachdem sie mit ihrem internationalen Megahit „Torn“, der auch heute noch im Radio rauf und runter läuft, schlagartig bekannt geworden war, verkaufte sich ihr Debütalbum „Left Of The Middle“ (1997) sieben Millionen Mal, doch war es ihr letztes Album, „Counting Down The Days“ aus dem Jahr 2005, mit dem sie erstmals auf Platz #1 der britischen Charts landete, wobei die erste Singleauskopplung „Shiver“ sogar zum größten UK-Radiohit des Jahres avancierte.
Imbruglia: das g ist übrigens stumm.

Von der Schauspielerei hat sie vorerst genug, obwohl sie die Arbeit an „Closed For Winter“, einem australischen Film, der dieses Jahr in die Kinos gekommen ist, laut eigener Aussage wirklich genossen hat.
Beinahe wäre sie die Chefin ihres eigenen Indie-Labels geworden: Sie war drauf und dran, Malabar Records zu gründen, bis ihr jedoch ein alter Bekannter aus der Musikindustrie, David Joseph nämlich (der CEO von Universal Music UK), einen Lizenz-Deal mit Universal/Island anbot.

Sie ist eine überzeugte Aktivistin, eine überaus engagierte Kraft im Kampf gegen geburtshilfliche Fisteln, die in den vergangenen vier Jahren fünf Mal nach Nigeria gereist ist, um den Betroffenen zu helfen. „Wir haben Millionen für die Frauen zusammenbekommen, die daran leiden“, sagt sie dann. „Ein Vorsorgeprogramm haben wir auf die Beine gestellt, in dessen Rahmen den Frauen medizinische Grundlagen vermittelt werden, damit sie in ihre Gemeinden zurückkehren und andere dazu animieren können, den gleichen Weg zu gehen. Wir haben selbst Chirurgen ausgebildet und Leute aus Großbritannien einfliegen lassen. Wir haben schon viel erreicht, aber natürlich gibt es immer noch wahnsinnig viel zu tun.“

Sie ist diejenige Sängerin und Songschreiberin, an die Chris Martin jenen Song abgetreten hat, den er mal eben als „den besten Coldplay-Song aller Zeiten“ bezeichnet hat. Wie viel also hält der Coldplay-Sänger von Imbruglia und den Songs, die sie für ihr neues Album geschrieben hat? Definitiv so viel, dass er die Australierin unbedingt Brian Eno vorstellen musste, damit sie sich im Studio des Kunstexperten austoben konnte – und so viel, um ihr auch sonst beim Songwriting unter die Arme zu greifen und ihr Ratschläge von unschätzbarem Wert zum Tracklisting und der Reihenfolge der Songs zu geben (was unglaublich wichtige Dinge sind).
Und Natalie Imbruglia ist die Frau, die sich hinter „Come To Life“ verbirgt: Einem Album, das randvoll mit Melodien gefüllt ist. Es zerberstet förmlich.

Vor zwei Jahren feierte Natalie Imbruglia ihr 10-jähriges Jubiläum als Musikerin mit einem „Greatest Hits“-Album. Diese Veröffentlichung war, wie sie heute sagt, eine Art Schlussstrich. Eine Entrümpelungsaktion. Ein Punkt, der tatsächlich das Ende eines Kapitels markiert.

„Zeitgleich zu der Veröffentlichung lief auch mein alter Plattenvertrag aus, insofern war es der perfekte Zeitpunkt für einen Neuanfang“, sagt sie. „Ich habe das Gefühl, dass ich heute mehr künstlerische Freiheit genieße als je zuvor.“

Diese Freiheit hatte wiederum direkte Auswirkungen auf jenen Ansatz, den sie mit dem neuen Album verfolgt hat: Was das Songwriting und die Produktion anging, wollte Imbruglia einzig und allein auf ihre innere Stimme hören. Ihre Muse, ihr Bauchgefühl war entscheidend. Wenn es ihr sagte, mit einer Vielzahl alter Freunde und Kollegen in aller Welt zu arbeiten, dann sollte es so sein: Unter anderem schrieb sie gemeinsam mit dem in L.A. lebenden Schotten Gary Clark (früher Mitglied bei Danny Wilson), zog sich gemeinsam mit dem Produzenten Ben Hillier (Blur, Depeche Mode, The Horrors) in die Miloco-Studios in London zurück und holte obendrein auch Dave McCracken (Ian Brown, Beyoncé) hinzu.

Und selbst wenn dieser Entschluss bedeutete, dass sie ein paar der Songs, die sie geschrieben hatte, „komplett auf den Kopf stellen musste“, wie sie es ausdrückt, dann… bitteschön!

„Das Stück ‘Scars’ entwickelte sich z.B. von der Demoversion zu so einem wachsenden, anschwellenden Song, einem Crescendo, wie man es von Arcade Fire kennt, doch dann wurde daraus doch wieder diejenige Ballade, die schon auf dem Demo angelegt war.“

„Ich habe Jahre gebraucht, um das Selbstvertrauen zu entwickeln, das man braucht, um Songs derart zu verändern, sie über den Haufen zu werfen, zu zerstückeln und in Einzelteile zu zerlegen, um daraus etwas Neues zu stricken. Ben Hillier hat mir dabei geholfen: Ich habe ihn um ein paar gute Vorlagen gebeten, und er hat dann aus Stücken, die anfangs nach Stevie Nicks klangen, astreine Dance-Tracks gemacht. Einfach nur fantastisch!“

„Ich finde, dass äußerst viele der Songs das nötige Potenzial hätten, um als erste Single zu erscheinen – das Album ist ehrlich gesagt ziemlich schizophren“, sagt sie weiterhin. „Ich bin ein Album-Mensch; über Singles denke ich erst mal gar nicht nach. Wenn ich mit allen Songs soweit glücklich bin, mache ich mir da auch keinen Stress. Aber ich finde es grandios, dass ‘Want’ vollkommen anders klingt als meine früheren Aufnahmen. Es fühlt sich gut an, mit einem komplett neuen Sound zurückzukehren.“

Der besagte „Schizophreniefaktor“ der LP zeigt sich besonders deutlich im schillernd-persönlichen „All The Roses“, einer elektronischen Ballade, mit der Imbruglia der momentan aus dem Boden sprießenden Generation von Achtziger-Referenz-Sängerinnen zeigt, wie ein Kate-Bush-Vibe und Synthesizer-Teppiche zu klingen haben, damit sich einem auch wirklich die Nackenhaare aufstellen.

„Meine Großmutter wurde gerade in Australien beerdigt. Mein Onkel war in einem Motel und er hatte plötzlich diese Vision: Mein verstorbener Opa erschien am Fuße des Betts und bat ihn darum, die Rosensträucher meiner Großmutter auszugraben. Bizarrerweise hatten mein Vater und mein Onkel gerade erst über diese Rosen gesprochen, allerdings waren sie zu dem Schluss gekommen, dass es zu viel Arbeit sei, damit etwas zu machen. Genau genommen sagte mein Großvater meinem Onkel sogar, wo er die Schaufel findet und dass er wegen irgendwelcher Rohrleitungen da unten vorsichtig sein sollte! Sie gruben sie also aus, alle Enkelkinder bekamen ein paar davon in die Hand gedrückt, und die Rosen blühten, obwohl es eigentlich gar nicht die Zeit dafür war! Mein Großvater war kein Mann vieler Worte, aber er war ein absolut liebenswerter Kerl. Ich bin mir sicher, dass manche Leute das alles als hirnrissig betrachten, aber ich glaube wirklich an diese ganze Geschichte. Was für ein Trip.“

Der satte Groove von „Cameo“ markiert noch so einen zukünftigen Club-Banger, und zugleich erfüllt er Imbruglias Wunsch, auch ein paar „sexy Tracks“ auf das Album zu nehmen, „die ordentliche Beats, jede Menge Attitude und Sinn für Humor“ haben.

Das unverschämte „Wild About It“ ist übrigens in derselben Session wie „Cameo“ entstanden: „Diese Songs zeigen wirklich am besten, wo ich als Künstlerin momentan stehe.“
„Als ich aus meinem Deal mit Sony herauskam, verspürte ich diesen absoluten Kreativitätsschub. Ich fühlte mich stark, selbstbewusst und, jawohl: sexy. Weil ich mit einem Mal diese neuen kreativen Freiräume verspürte, hab ich mich dann auch auf alle möglichen musikalischen Experimente eingelassen.“
 
„Chris war schonungslos ehrlich, was jedoch einfach nur erfrischend ist. Wenn jemand so begnadet ist, kannst du ihm auch vertrauen. Es war wirklich toll, einen außen Stehenden dazuzuholen, der dir seine ehrliche Meinung sagt und dir ein wenig unter die Arme greift.“

Sie kannte Chris Martin schon „von ganz früher. Bei den allerersten Coldplay-Konzerten war ich bereits Stammgast.“ Jedoch hatten die beiden seit einiger Zeit keinen Kontakt mehr gehabt, bis sich Chris dann aus heiterem Himmel bei ihr meldete und sagte, er habe „ein paar Ideen, die vielleicht nicht so gut für Coldplay geeignet seien, für mich aber um so besser sein könnten. Schon im nächsten Moment stand ich im Haus von Brian Eno, hatte sein Studio für mich, und Chris sang mir diesen Song vor…“

Das Stück, auf das sie sich bezieht, heißt „Fun“, ein herrlich aufrichtiger Popsong. „Ich dachte mir: das ist der schönste Song, den ich in meinem ganzen Leben gehört habe. Ich hätte beinahe so einen peinlichen Aufschrei von mir gegeben und war schon drauf und dran, aus dem Raum zu laufen“, erinnert sie sich lachend. „Und dann dachte ich: Warum will er mir nur diesen Song geben? Aber er hat’s einfach gemacht. Ich Glückspilz, der Song ist einfach nur wunderschön.“

Außerdem stand Chris Martin ihr bei dem Song „Want“ zur Seite und komponierte daran fleißig mit, während „Lukas“ ursprünglich ebenfalls als Coldplay-Song gedacht war. Sowohl „Fun“ als auch „Lukas“ sind Wahnsinnssongs, jetzt schon Klassiker, keine Frage, und doch fügen sie sich nahtlos in das Gesamtbild von „Come To Life“ ein: „Scars“, das sie gemeinsam mit Jamie Hartman von Ben’s Brother geschrieben hat, ist noch so eine grandiose Ballade, während „Twenty“, das mit Streichern und einem druckvollen Beat besticht, in Zukunft sicherlich zu den Highlights ihrer Konzerte zählen wird. Und dann wäre da noch „WYUT“, eine harsche und lautstarke Rocknummer, die Imbruglia mit ihren Freunden Alan Johannes und Natasha Schneider in Los Angeles geschrieben hat. Für Imbruglia hat der Song jedoch einen überaus herben Nachgeschmack, denn Natasha erlag noch bevor das Album im Kasten war ihrem Krebsleiden. Man merkt deutlich, dass die Sängerin noch immer über ihren Tod bestürzt ist, und so ist es vielleicht kein Zufall, dass sie auf keinem der neuen Stücke so schroff wie auf „WYUT“ klingt.   

Ein paar Dinge, die man sehr bald über Natalie Imbruglia wissen wird.

Sie ist politisch engagiert, und sie meint es ernst: Erst vor kurzem hat sie im Rahmen eines UN-Forums eine Rede gehalten und darin diverse Regierungschefs aufgefordert, in ihre jeweiligen Heimatstaaten zurückzukehren, um den Kampf gegen die bereits erwähnten Fisteln endlich ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen.

Sie hat sich nie besser angehört. Oder um es mit Chris Martin zu sagen: „Sie klingt verdammt noch mal fantastisch auf ihrem neuen Album. Ich finde, dass sie eine einmalige Gabe und eine unfassbar einzigartige Stimme hat.“

Sie hat das größte und wichtigste Album ihrer Karriere aufgenommen – ja, ihres Lebens sogar. „Der Titel ‘Come To Life’ bezieht sich darauf, das Leben wirklich auszukosten“, sagt sie und versprüht dabei so viel Energie und Enthusiasmus wie die neuen Songs. „Also eben nicht jenes Leben zu leben, das die Umwelt einem aufzwängen will. Es geht darum, du selbst zu sein, während du den nächsten Schritt in Angriff nimmst. Genau das“, sagt sie mit berechtigtem Stolz, „habe ich getan, und ich hoffe, dass man es den Songs anmerkt.“