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Biografie: Juli 2009

A Fine Frenzy
28.07.2009
A FINE FRENZY
“Bomb In A Birdcage”

“Ich glaube, manch einer wird überrascht sein”, sagt Alison Sudol. “Sie halten mich für zerbrechlich und ätherisch, und das ist auch schön, es schmeichelt mir. Mehr habe ich von mir bislang nicht gezeigt. Aber ich habe auch eine wilde Seite an mir. Ich mache gerne mal Radau, dresche auf Dinge ein. Ich bin ein stiller Mensch mit einer lauten Facette. Mir gefällt beides. Und dieses Album ist ein Zeugnis der beiden Seiten in mir.”

Die 24-jährige Sudol ist der Kopf hinter A Fine Frenzy, die 2007 mit dem Album “One Cell In The Sea” aus der Taufe gehoben wurden. Das Projekt machte die Sängerin und Songwriterin als eine der talentiertesten Nachwuchskünstlerinnen bekannt, wurde von den Kritikern hoch gelobt, erreichte durch diverse Einsätze ihrer Songs in Fernsehserien (“Dr. House”, “CSI:NY”) einen hohen Bekanntheitsgrad und erklomm Platz eins der Billboard “Heatseeker”-Charts. A Fine Frenzy wurden von VH1 als “You Oughta Know”-Künstler auserkoren und auch im Land der Dichter und Denker startete die rothaarige Sängerin, die ihren Bandnamen aus Shakespeares Mittsommernachtstraum entlieh und auch sonst ein ausgesprochenes Faible für fantasievolle Literatur hat, fulminant durch.

In Deutschlang gelang ihr mit der Single “Almost Lover” auf Anhieb ein Top-Ten-Hit und die Klavierballade, die sich wie ein feminines Gegenstück zu Coldplay ausnahm, entwickelte sich zu einem wahren Dauerbrenner, wobei es der Single gleich zweimal gelang, in die Charts zurückzukehren. Das Debütalbum “One Cell In The Sea” chartete ebenfalls prächtig und schaffte es bis in die Top 20. Zwei Deutschlandtourneen unterstrichen die Popularität des kalifornischen Newcomer-Acts.

Mit dem Folgewerk, “Bomb In A Birdcage”, offenbart Alison Sudol nun eine ganz andere Seite an A Fine Frenzy. Zwar hält das Album am melodiösen Charme und der unbändig verspielten Sprache des Debüts fest, doch finden sich hier neue Farben und Texturen, gewichtigere Gitarren und Beats, die durchaus eine Vorliebe für New Wave offenbaren.

Ihr Interesse daran erklärt Sudol durch die vielen verschlungenen Pfade, die sie in ihre Karriere bisher betreten hat, darunter ausgedehnte Tourneen mit Künstlern wie Rufus Wainwright und Brandie Carlile. “Ich kam nach Hause zurück und wusste nicht mehr, wie ich sein sollte. Mein Leben hatte sich so stark verändert. Ich war müde und fühlte mich ausgebrannt, ich hatte die Nase voll von dem Leben auf Tour, aber gleichzeitig hatte ich von den anderen Musikern wahnsinnig viel gelernt und wollte das nutzen. Ich brauchte Musik, um wieder Halt zu bekommen, Sinn in mein Leben zu bringen und um glücklich zu sein.”

Die Livekonzerte und das Experimentieren mit neuer Musik brachten Sudol schließlich zu dem Schluss, dass die ätherische, leicht gruselige Stimmung von “One Cell” nicht die einzige Waffe war, die sie auf Lager hatte. “Auf dem ersten Album fühlte ich mich sehr jung, und um das zu kompensieren war ich allem gegenüber sehr ernst. Dieses Mal wollte ich mir selbst keine Grenzen setzen. Ich wollte wachsen, mich ausdehnen, mich selbst aus der Comfort Zone herauslocken. Und ich wollte Spaß haben. Auf Tour merkte ich, dass ich zwar diese ruhigen Momente mit dem Publikum genieße, wenn ich am Klavier sitze, dass ich aber genauso gerne richtig abrocke. Also fing ich an, meinen Geschmack auszuweiten, und hörte so viel Musik wie ich irgendwie in die Finger kriegen konnte. Johnny Cash, Bob Dylan und die Talking Heads haben mein Leben verändert.”

Schnell bemerkte Sudol, dass ihr in der Folgezeit die Ideen geradezu zuflogen. Einige Monate lang komponierte sie Songs, bis sie mehr als genug hatte um ein Album zu füllen, dann ging sie einmal mehr mit dem Produzenten Lukas Burton, der schon “One Cell” co-produziert hatte, ins Studio. Das fröhliche “What I Wouldn’t Do” entstand gleich am ersten Tag – mitsamt Klatschen und Pfeifen. “Ehrlich gesagt war ich krank, als ich das Lied sang, aber es hat solchen Spaß gemacht”, erinnert sich Sudol. “Ich dachte mir, dass alles gut ist, solange ich diese Stimmung aufrecht erhalten und so natürlich bleiben kann.”

Die nächsten Songs, “Happier”, “Swan Song” und “Beacon”, zeichneten sich durch einen ähnlich sanften, lyrischen Stil aus. “Ich dachte, ‚Okay, das wird also ein süßes, entspanntes, ruhiges Album'”, sagt Sudol. “Aber dann schrieb ich ‚Stood Up' und musste ein paar Sachen noch einmal neu überdenken.” Die mitreißende Rockballade, die mit bombastischen Drums-and-Vocals Breaks beeindruckt, entwickelte sich zum Wendepunkt von “Bomb In A Birdcage”. “So kräftig bin ich noch nie gegen den Strom geschwommen. Als ich es schrieb, wusste ich, es würde gigantisch werden müssen, mit Megagitarren und wilden Drums. Zunächst war ich ein bisschen erschrocken und dachte, ich sollte es lieber auf Eis legen. Aber bei mir ist es oft so, dass die Songs, die ich später am meisten mag, auch diejenigen sind, die ich zunächst vernachlässigen wollte. Sie sind beim ersten Mal einfach so überwältigend. Veränderung bereitet mir Angst – aber ich kenne mich ja. Wenn ich vor etwas zurückschrecke, ist das meistens ein Zeichen, dass ich genau da weitermachen sollte. Das ist nicht gerade sehr einfach und anders herum wäre es mir lieber, aber irgendwie funktioniert es doch.”

Obwohl das Album auch mit so unerwarteten Soundstyles wie dem brillant tonangebenden Basslauf im Dancepop von “Electric Twist” oder dem luftig schwärmerischen “Blow Away” aufwartet, sind die Texte nach wie vor sehr naturverbunden. Sudol, die in Seattle geboren wurde und in Los Angeles aufwuchs, mag noch so viel Zeit auf der Bühne oder im Studio verbringen – eigentlich ist sie jemand, der sich draußen in der Natur und mit so phantasievollen Denkern wie Lewis Carroll oder C.S. Lewis am wohlsten fühlt.

“So bin ich, und das ist meine Sicht der Welt”, verkündet sie. “Mein Horizont hat sich erweitert, aber er ist noch der gleiche. Während ich auf Tour war, hatte ich einige der erstaunlichsten Erlebnisse in freier Natur: Ich sah Parks, Berge, Flüsse, Ozeane. Das erinnert mich daran, wer ich als Mensch bin und was immer ich auch mache, ich werde immer eine Arbeit haben, die in einem gewissen Bezug zu diesen Elementen steht.”

Sudol ist aber alles andere als eine romantische, technologiefeindliche Naturschwärmerin. Tatsächlich war sie schon lange bevor es weltweite Akzeptanz erreichte auf Twitter aktiv. Inzwischen hat sie sogar über eine halbe Million Anhänger und ist neben Britney Spears und John Mayer eine der zehn beliebtesten Künstler dieser Internetplattform.

Mit “One Cell” hat man Alison Sudol und A Fine Frenzy oft unter einen Hut gebracht. Doch Sudol beharrt darauf, dass das tatsächlich nie gestimmt hat und bei “Bomb In A Birdcage” spürt man mehr von der Dynamik einer Band. “Für mich war A Fine Frenzy immer mehr als nur ich selbst”, sagt sie. “Ich bin vielleicht deren Fürsprecher, schreibe die Songs und singe, aber ich bekomme soviel von den Leuten, mit denen ich zusammenarbeite. Wenn auch nur einer ausgetauscht würde, wäre es nicht mehr das gleiche Album.”

Ein Klischee besagt, das zweite Album sei immer das schwierigste: Die Künstler stecken ihr ganzes bisheriges Leben in das erste, gehen dann auf Tour und müssen nebenbei noch Material für das zweite sammeln, wobei der Erfolgsdruck stetig steigt. Doch anstatt den Weg des geringsten Widerstands zu gehen, hat Alison Sudol mit “Bomb In A Birdcage” genau das getan, was wir uns von Musikern immer erhoffen: Sie hat sich selbst herausgefordert und Höhen erklommen, die sie selbst vorher kaum für möglich gehalten hätte.

“Ich kam mir sehr wagemutig vor”, sagt sie. “Ich hatte kein Interesse daran, noch mehr von derselben Art zu machen. Das hat mich nicht inspiriert, also habe ich mich mit dem beschäftigt, das mich angeregt hat. Und jetzt kann ich es kaum erwarten, bis wir damit auf Tour gehen. Es wird nicht einfach, aber ich bin gewappnet.”
Juni 2009

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