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13.02.2007

BRYAN FERRY

“DYLANESQUE”

VÖ 02.03.2007

In den drei Jahrzehnten seiner erstaunlichen Karriere ist BRYAN FERRY mit vielen Prädikaten belegt worden, in denen sich eine vielschichtige Persönlichkeit spiegelt. Ob als Mittelpunkt von Roxy Music oder als genialer Solo-Performer, der meisterhafte Interpret wurde als “Ikone des Glamours”, “Gentleman der Popmusik” und “glaubwürdiger Händler großer Gefühle” gefeiert.

Nun meldet sich BRYAN FERRY mit “Dylanesque” – seinem persönlichen Tribut an wohl einen der grössten Songwriter unserer Zeit – fünf Jahre nach seinem letzten Solo-Album “Frantic” auf der Bildfläche zurück. “Dylanesque”, das – wie der Name bereits vermuten lässt – ausschließlich aus Bob Dylan-Songs besteht, verspricht eines der aufregendsten und spannendsten Projekte dieses Ausnahme-Künstlers zu werden: auf das Wesentliche reduzierte, dennoch mainstreamige Songs voller Noblesse aus den 80ern, feinstimmige bis ungewöhnliche Coverversionen und unterkühlt melodiöse Ohrwürmer satt. Und in der Tradition seines manieristischen Stils, der schon seit den Roxy Music-Anfängen Begriffe wie Mode, Kino, Pop-Art und Avantgarde evozierte, verleiht BRYAN FERRY auch seinen Dylan-Interpretationen stets neue Brillanz.

FERRYs Interpretationen der Stücke Dylans legen eine dringliche, freudige Intensität an den Tag. Ebenso wie er mit seiner legendären Version von “A Hard Rain’s A-Gonna Fall” aus dem Jahr 1973 seine gewohnt elegant-glatte Präsenz gegen eine apokalyptische Vision eintauschte, liegt das Herzstück dieser jüngsten Aufnahmen in FERRYs brillanter Art, einerseits den ursprünglichen Songs Hommage zu zollen und sie sich anderseits gleichzeitig ganz und gar zu eigen zu machen. Die Idee zu diesem Projekt datiert ebenfalls auf 1973 zurück: “Ich dachte mir damals, dass es toll wäre, ein ganzes Album mit Dylan-Songs aufzunehmen. Ende letzten Jahres war es dann endlich so weit.”
Zwischen der Idee und ihrer Umsetzung hat BRYAN FERRY bekanntlich nicht auf der faulen Haut gelegen: Nicht nur als Frontmann des elegant-modernen Artrock- und Pop-Soul-Acts Roxy Music hat er sich in den letzten etwas über dreißig Jahren als großartiger Songwriter (“Love Is The Drug”, “Mother of Pearl”, “More Than This”, “Slave To Love”) und entschieden zeitgenössischer Sänger etabliert, der die Musik anderer Komponisten in fesselnde, unberechenbare, um ein einwandfreies Timing herum strukturierte Dramen voll emotionaler Komplexität zu verwandeln versteht.

Seine Coverversionen von Stücken anderer Künstler – sei es “The Price of Love”, “As Time Goes By” oder “I Put a Spell on You” – wurden zur Plattform für FERRYs eigenen, unnachahmlichen Stil – einzigartige Lieder, entstanden aus dem unendlich verführerischen Material, das die Popkultur anbietet. Jene erste, erstaunliche Coverversion von “Hard Rain” verschaffte ihm – neben Jimi Hendrix und den Byrds – Einlass in jenen elitären Club der wenigen Künstler, die Dylan gecovert und dabei das Original noch verbessert haben.

Nun liegt also mit “Dylanesque” ein neues Album mit Dylan-Songs vor, das “These Foolish Things” geistig näher steht als etwa “Avalon” oder “Boys & Girls” aus der mittleren Phase seiner Karriere. Fans seiner neueren Aufnahmen – wie “As Time Goes By”, seinem 1999er Grammy-nominierten Album mit Standards aus den Dreißigerjahren, dem ruhelosen, leidenschaftlichen “Frantic” (2002) oder den beiden Stücken, die er neulich für Hal Wilners Rogues' Gallery-Projekt aufnahm – werden verletzliche, inspirierte, geradezu unbekümmerte Nuancen in seiner Stimme entdeckt haben. Anlässlich seines jüngsten Werks schlenderte er ins Studio und nahm die Stücke innerhalb einer Woche auf. “Dieses Mal haben wir es einfach rausgehauen”, lacht FERRY, selbst beinahe überrascht ob seiner eigenen Effizienz. “Ich wollte weg von diesem eingeschlossenen Studio-Feeling. Wir nahmen alles live auf – die Vocals, die Harmonika …”
Mit seiner Tourband im Hintergrund spielte BRYAN FERRY um die 20 Dylan-Songs ein, von denen letztendlich 11 auf dem Album landeten. In ihrer Gesamtheit beschreiben diese Interpretationen ihre eigene emotionale Welt – einen frischen, lebendigen Ort, der gelegentlich von tiefen Schatten durchzogen wird und sich den Witterungen FERRYs eigener Stimmungen öffnet. BRYAN FERRY benutzt das Medium von Bob Dylans Songs – ihre lyrische Kraft, Sanftheit, Einsichten und bedeutungsschweren Feinheiten -, um eine musikalische Aussage zu tätigen, die teils zum Portrait von Dylan und, nicht minder wichtig, teils zum Selbstportrait gerät. Als Experte für die Musik anderer Künstler zeigt FERRY mit seiner ganz speziellen Liebe zum Blues eine tief empfundene Verantwortung für Dylans Songwriting – jenen Geschichten und Interpretationen eines Troubadours, die sich sowohl urbanen wie ländlichen Themen widmen.

“Was die Texte angeht, so war das ungefähr so, als ob sich ein Schauspieler an Shakespeare heranwagt”, erklärt FERRY. “Mit gefällt es, die Melodien herauszukitzeln, die Dylan in seinen Liedern versteckt hat. Ich setzte mich mit [Pianist] Colin Good zusammen und arbeitete die Tonart, das Tempo, das Feeling eines jeden Songs aus. Es gab keine Demos; wir haben es einfach darauf ankommen lassen. Die meisten Aufnahmen entstanden innerhalb einer Woche. Danach gingen wir ein paar Tage ins 4th Street Recording, ein funkiges altes Studio in Santa Monica, wo schon die Beach Boys aufnahmen.”
Viele von Dylans Texten beeindrucken durch ihre poetische Dichte, wobei das Format der Worte auf die raue, harte, fast geringschätzige Qualität seines ganz besonderen Gesangsstils zugeschnitten ist. In seinen Versionen lässt FERRY jedoch eine gesangliche und musikalische Atmosphäre entstehen, der er seinen ganz persönlichen künstlerischen Stempel aufgedrückt hat: die akribische Balance zwischen wehmütiger Romantik und seelenvoller Introspektive im Gegensatz zu robustem, extrem dynamischem und selbstsicherem musikalischen Können. Hinzu kommt jene einzigartige Qualität, die nur BRYAN FERRY als Sänger zu besitzen scheint: ein Hauch von Gefühl in seiner Stimme, verführerisch und lebensüberdrüssig zugleich, durchdrungen von emotionaler Präsenz und doch wunderbar kühl und distanziert, was den Worten der Songs dazu verhilft, die Türen zu einer aufregenderen Welt zu öffnen – einem Ort intensivierter Gefühle.

Vor diesem Hintergrund setzt “Dylanesque” gekonnt an und beginnt mit “Just Like Tom Thumb’s Blues” – von Dylan ursprünglich 1965 aufgenommen -, gefolgt von “Simple Twist of Fate” vom 1975er Album “Blood On The Tracks”; wobei ersteres die musikalische Stimmung vorgibt, die FERRY über die elf sorgfältig ausgewählten Songs auf diesem Album hinweg aufbaut. In ihrem zugleich sparsamen, eindringlichen wie kantigen Stil tasten sich die Musiker zur Essenz des Stücks vor, das ziemlich schnell eine entschlossene Eigendynamik annimmt, die perfekt zu Dylans lyrischem Beatnik-Klagegesang passt, durchsetzt mit poetischer Ironie und hartem Zynismus.
Die vielleicht überraschendste Wahl auf dem Album ist FERRYs Interpretation von Dylans 1964er Protesthyme “The Times They Are A Changin'”. “Wobei meine Version keineswegs ein Protestsong ist … dieses Lied kann sein was immer man will. Ich bin mit der im Jazz verbreiteten Vorstellung aufgewachsen, dass man jedes Stück auf beliebig viele verschiedene Arten spielen kann …” Mit “All I Really Want To Do” entschied FERRY sich für einen “altertümlichen Stil, fast wie bei einer mittelalterlichen Ballade. Immerhin covert man gleichzeitig die Byrds, die dieses Stück auf unvergessliche Weise geprägt haben; es war also wichtig, sich für ein völlig anderes Feeling zu entscheiden.”
Ein bedeutender Teil von FERRYs Genialität beim Interpretieren der Werke seiner Kollegen liegt in der Art, wie er die Stimmungen eines Stücks intensiviert, indem er dessen ursprüngliches Grundgefühl umkehrt – wie bei “Simple Twist of Fate”, aufgenommen von Dylan als Herumtreiberhymne an die Launen des Schicksals und von FERRY unbekümmert, leicht und unwiderstehlich sicher präsentiert. Das Ergebnis ist eine Version, die die unkomplizierte Energie der alten amerikanischen Pick-Up-Bands aufleben und dabei einen soliden, klassischen Rhythmus entstehen lässt, um die lebhafte Bildsprache und den resignierten Fatalismus des Texts zu tragen. Diese Version entwickelt sich vor FERRYs beeindruckender Leistung auf der Harmonika, die an das Flair erinnert, mit dem er dieses Instrument bereits bei frühen Aufnahmen wie “Let’s Stick Together” eingesetzt hat.

Wie alle großen Coverversionen begeistert das Dylan-Album durch das Infragestellen vorgefasster Meinungen. Dylans Liebeslied “If Not For You” verwandelt sich in einen schwelgenden Hitzenebel aus Saitenquartett und “klanglichen Anreicherungen” aus der Trickkiste von Brian Eno. Der bittere Beigeschmack von “Positively 4th Street” klingt dank FERRY gebrochen und verletzlich, unterstützt durch ein exquisites Saitenarrangement von The Dirty Three-Mitglied Warren Ellis, eingespielt von Anthony Pleeth, seines Zeichens klassischer Cellist und Weggefährte FERRYs.
Das Album schließt mit zwei der bekanntesten Dylan-Stücke … ""Knocking On Heaven’s Door" war natürlich ein Risiko", räumt er ein, "weil es schon so häufig von verschiedenen Künstlern gecovert wurde – aber dasselbe gilt für “Smoke Gets In Your Eyes”. “All Along The Watchtower” war eine Verbeugung sowohl vor Hendrix wie vor Dylan. Der Hintergrundtrack entstand vor etwa acht Jahren, nur auf einer akustischen Gitarre, gespielt von Robin Trower; dazu Bass, Drums und meine Wenigkeit. Ich habe mir die Aufnahme immer wieder angesehen und gedacht: ‚Eines Tages muss ich das zu Ende bringen' …".

BRYAN FERRYs musikalischer Stil wies schon immer ein Element – sozusagen eine spezielle Schattierung seiner kreativen Palette – auf, das an die Atmosphäre von Pianobars und anderen Spelunken erinnert. Und so nimmt seine Interpretation des unvergleichlich schneidenden “Positively 4th Street” – von Dylan ursprünglich aufgenommen, nachdem er vier Tage zuvor beim 1965er Newport Folk Festival eingefleischte Folkfans mit seiner Elektrogitarre verärgert hatte – ihren verdienten Platz als Meisterleistung in Sachen Atmosphäre und emotionaler Kontrolle ein. Mit vollendeter Eleganz verwandelt FERRY Dylans ätzende Ansprache an seine musikalische Gemeinde in ein beeindruckendes Liebeslied – und besänftigt das Original auf eine Art, die die Bitterkeit des Texts letztendlich noch weiter schärft.

“Ich habe das Gefühl, dass das Publikum etwas ziemlich Poliertes von mir erwartet”, vermutet FERRY. “Aber meine Stimme ist tiefer geworden, und das Album hat sowohl ein raues Element sowie hoffentlich eine eindringliche Qualität. Der Sänger in mir ist überglücklich, diese Stücke singen zu dürfen.”

“Was ich sagen würde, wenn ich ihn träfe? ‚Ich hoffe du bist nicht sauer'.”

BRYAN FERRY hat Bob Dylan nie kennen gelernt.

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