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Iris Berben

Stars und ihre Komponisten

29.05.2001
Sie: eine der profiliertesten deutschen Schauspielerinnen. Er: der beste Entertainer in diesem Land. Mit Iris Berben und Harald Schmidt startet am 28. Mai “…trifft…!” – eine neue CD-Reihe der Deutschen Grammophon. Eine Serie auf der die großen Stars der Popkultur ihren Lieblingskomponisten aus der Klassik vorstellen. Eigenwillig, anekdotisch – die neue E-Musik, eben.
Es gibt sanfte feuilletonistische Empfehlungen. Es gibt kluge Vorschläge aus dem Kultur-Supplement. Es gibt verschmitzte Hinweise im Modernen Leben. Und es gibt einen Kaufbefehl. Von Harald Schmidt. Wer dem Late-Night-Papst gehorcht und folgsam die Doppel-CD “Harald Schmidt trifft J.S. Bach” erwirbt, wer also Johann Sebastian Bach mit den Ohren von Harald Schmidt hört, betreibt Anarchie. Wie bitte? Jawohl. Der schwäbische Meisterzyniker, der wertkonservative Medienstar mit rheinischem Wohnsitz, der intellektuellste Fernsehproduzent Deutschlands (nach Alexander Kluge) betrachtet es als eine Form von Anarchie, die TV-Kanäle und die Gemüter seiner Fans mit Kultur zu bestücken. Mit der Pose des Bildungsbürgers die kapitalistische Konsumsubstanz zu unterwandern. Der allgemeinen Reproduzierbarkeit etwas Individuelles entgegenzusetzen. Der Massenindustrie die Substanz zu entziehen. “Die Leute würden sich gerne Mozart anhören, wenn ihnen mal einer sagen würde, womit man anfangen könnte”, sagt Schmidt. “Das ist ja das eigentlich Anarchistische: Leute davon abzuhalten, in Mel-Gibson-Filme zu gehen. Denn wenn sie Scorcese gesehen haben, dann ist so ein Mel-Gibson-Ding langweilig.” Die große Aufklärung also, darum geht es Harald Schmidt. Wer einmal von der Süße großer Kunst genascht hat, kann nie wieder zum groben Geraspel niederer Genüsse zurückkehren. “Geschmacksverfeinerung ist doch die wahre Kunst”, sagt Schmidt. “Heutzutage ist das doch die Anarchie.”
 
Also handelt Schmidt streng im humanistischen Auftrag, wenn er auf einer Doppel-CD den großen “Workaholic aus Thüringen” (O-Ton Schmidt) Johann Sebastian Bach präsentiert. Gerne macht er sich zum trojanischen Pferd, mit dem er – der Prominente – die Kultur, den Geschmack, die ewigen Bach’schen Kompositionen hinter die intellektuellen Tore seiner Anhänger trägt und dort sicher verpflanzt. Auf daß der Geist sprieße und die Klassik genese. Ob smart ausgewählte Titel aus dem “Wohltemperierten Klavier”, ob “Schübler’sche Choräle” oder, als Abschluß, der Choral “Wenn ich einmal soll scheiden” aus der Matthäus-Passion – Schmidt beweist seine profunden Bach-Kenntnisse. Als ausgebildeter Organist mit C-Schein und jahrelanger Tingelei durch schwäbische Kirchen-Gemeinden weiß er, was beim Publikum funktioniert und warum. Comedy und Orgelspiel liegen enger beieinander als man zunächst glaubt. Schmidts Text im CD-Booklet spricht Bände: “Ich darf mit gutem Recht behaupten, dass ich mich zu Zeiten, da andere in die Disco gingen, mit Bach abgequält habe und überwiegend an ihm gescheitert bin. Eigentlich ausschließlich.” Dennoch entstand eine innige Verbundenheit zur klassischen Musik, insbesondere zu Bach, die soweit führt, daß Schmidt jüngst den Gitarristen der Helmut Zerlett Band bat, eine Fuge des Meisters live in seiner Show zu spielen. Ausgestattet mit immerhin sieben Minuten wertvoller Sendezeit.
 
Demnächst treten dann noch die Thomaner auf, samt Georg Christoph Biller an der Orgel. Der Moderator lehnt sich zurück und genießt. Schmidt ist glaubwürdig als Präsentator seiner persönlichen Bach-Kollektion. Und genau so funktioniert die “…trifft…”-Serie: Prominente, denen man ihre Begeisterung für klassische Musik, ihre Faszination gegenüber einem bestimmten Komponisten abnimmt, führen in dessen Werk ein. Sie stellen eigenhändig die Titelliste zusammen, beschreiben im opulenten Booklet ihre klassische Biographie, ihre Herangehensweise an den jeweiligen Komponisten – eigenwillig, persönlich, ohne feuilletonistischen Dünkel. Iris Berben, die gemeinsam mit Schmidt die “…trifft…”-Serie startet, beschäftigt sich mit Giuseppe Verdi. Sie liebt den italienischen Opernmythos, versinkt in Verdis süffigen Melodien und träumt dann davon, als Note wiedergeboren zu werden. Iris Berben ist ein Genußmensch – Verdi der ideale Komponist für Genießer. Alles weitere findet sich im Booklet … samt wunderbarer Berben-Genießer-Fotografien. Ach ja, dies war ein Kaufbefehl! Die “Trifft…”-Serie ist eine Plattform, auf der aktuelle Stars, Heldinnen und Helden der Popkultur, eine Verbindung zur Klassik herstellen. Und die unnötige Trennung zwischen E und U elegant unterlaufen. So verliert sich die Scheu vor den großen Namen der Musikgeschichte und es entsteht eine neue, aktuelle Faszination gegenüber klassischer Musik.
 
Auch der Aktionskünstler und multimediale Tausendsassa Christoph Schlingensief macht bei “…trifft…” mit – er präsentiert auf denkwürdige Weise Richard Wagner. Erfolgsregisseur Dieter Wedel wiederum beschäftigt sich mit Wolfgang Amadeus Mozart. Die einzig wahre deutsche Diva Hildegard Knef trifft Gustav Mahler und Pop-Autor Diedrich Diederichsen macht mit Arnold Schönberg bekannt.
 
Die Botschaft: Klassik macht Spaß. Und: Jeder sollte sie auf seine Weise genießen. Es gibt keine Vorschriften. Nur der persönliche Geschmack zählt…

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