Jamie Cullum | News | Der 1 Million-Pfund-Jazzer

Der 1 Million-Pfund-Jazzer

22.08.2003
Was erwartet man, wenn die Meldung rumgeht, in England habe ein 23jähriger Jazzmusiker einen Plattenvertrag über 1 Million Pfund abgeschlossen? Genau das war unser Problem, als wir beschlossen, Jamie Cullum auch in Deutschland vorzustellen. Viel geht einem da durch den Kopf, angefangen bei der Anzweiflung des gesunden Menschenverstandes der zuständigen Manager dieses Deals bis hin zu voreiligen Schlüssen in Bezug auf das Talent des Künstlers. Nun ist es aber glücklicherweise so, daß Mr. Cullum zur Zeit nur in England in so heißem Wasser gekocht wird. Wir hier auf dem Kontinent dürfen unbefangen an das Thema herangehen und uns überraschen lassen.
Eine große Überraschung war es dann auch, die uns am 14. August in Köln auf der PopKomm beschert wurde. Jamie Cullum singt und swingt nicht nur besser als Robbie Williams, er tut es auch noch aus voller Überzeugung. Es ist weder ein Marketing-Gag noch ist es überlegte Attitüde. Als Jamie 13 war, hatte er noch eine Punk-Rock-Band. Er spielte temperamentvoll Gitarre, wie langhaarige Jungs in dem Alter (meistens sind sie schon ein bißchen älter als 13) das eben so tun und ließ sich von Bands wie Pantera und Megadeth beeinflussen. Sein Held war (und ist noch) Jimi Hendrix. Mit 15 der plötzliche Sinneswandel. Er beginnt, Klavier zu spielen und Jazzstandards zu singen. Heute ist er 23 und im Laufe der Jahre hat er etwas äußerst Ungewöhnliches zustande gebracht: die Geisteshaltung eines Rockmusikers mit der eines Jazzers zu verschmelzen. Heraus kommt eine einzigartige Bühnenperfomance, die in dieser Form mit der keines anderen gegenwärtigen Künstlers zu vergleichen ist. Es war einfach eine ganz große Show, wie dieser Youngster es schaffte, ein Mittzwanziger-Publikum für Songs wie “I Get A Kick Out Of You” oder “Devil May Care” zu begeistern, um Minuten später eine fulminante Version des Hendrix-Songs “The Wind Cries Mary” so zu spielen, daß der Flügel bebte und die Zuhörer sprachlos dastanden.
 
Nach einer Stunde wunderbaren Entertainments hieß die wichtigste Erkenntnis für uns: gute alte Jazzstandards kann man so ins 21. Jahrhundert transponieren, daß junge Leute plötzlich Schlange stehen, um sie zu hören. Und das ist ein Verdienst um das Genre, das man wahrscheinlich nicht teuer genug bezahlen kann. So zumindest beruhigen wir unsere Gemüter und sehen der Veröffentlichung seines nächsten Albums erwartungsfroh entgegen.
 
Auf seinem letzten Album singt Jamie Cullum “I Want To Be A Popstar” – wir meinen, er ist schon einer und das in allerbestem Sinne.
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