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Jóhann Jóhannssons klangvolles Vermächtnis: Retrospective II

Jóhann Jóhannsson
© Florian Karg
17.09.2020
Jóhann Jóhannsson war ein musikalischer Pionier und Visionär, der in seinen Werken mit suggestiver Kraft und inniger Klangschönheit berührte. Im Februar 2018 verstarb der Komponist auf dem Höhepunkt seiner Meisterschaft und hinterließ der Nachwelt ein außerordentlich facettenreiches Werk. Deutsche Grammophon hat dieses in zwei umfassenden Retrospektiven noch einmal intensiv ausgeleuchtet. Die erste Edition “Retrospective I” erschien bereits im April 2019, nun folgt “Retrospective II”, die als limitierte Deluxe Hardcover-Buch-Edition am 18. September – einen Tag, bevor Jóhannsson 51 Jahr alt geworden wäre – weltweit beim gelben Label veröffentlicht wird.

Jóhannssons Oeuvre in all seinen Facetten und Stimmungen

Für Jóhann Jóhannsson glich seine Musik einer gefühlsreichen Sprache, mit der er die Hörer unmittelbar berühren konnte. So sagte der Komponist einmal: “Meine Musik ist eine Möglichkeit, sehr direkt mit den Menschen und ihren Emotionen zu kommunizieren. Ich versuche, Musik zu machen, die keine Schichten von Komplexität oder Verdunkelung braucht, um zu den Menschen zu sprechen. Musik sollte auf einer emotionalen Ebene mit ihnen mitschwingen – einfach und direkt.” Wenngleich sich dieser Anspruch und Ansatz in allen Werken Jóhannssons widerspiegelt, decken diese gleichzeitig ganz unterschiedliche kompositorische Stile ab. So reicht das Spektrum in Jóhannssons Werk von traditioneller Orchestermusik über elektronische Erkundungen bis hin zu minimalistischen Kompositionen. Die beiden Retrospectiven bei Deutsche Grammophon fangen diesen Reichtum an Ausdrucksmitteln und musikalischen Farbtönen ein und vermitteln einen faszinierenden Einblick in Jóhannssons Tonsprache. Dabei finden sich auf “Retrospective II” verschiedene Soundtracks des Künstlers, mit denen er die jeweiligen Filme eindringlich geprägt hat. Außerdem sind die kompletten Alben “Englabörn” und “Orphée” Teil der Edition, ebenso wie “Englabörn Variations” und “12 Conversations with Thilo Heinzmann”. Neben einer Bearbeitung von “Flight from the City” von Víkingur Ólafsson bilden außerdem bisher unveröffentlichte Stücke von "Arrival” und “Orphée” eine digitale EP. Ergänzend zur Musik beinhaltet die Edition zwei neue Essays von Wyndham Wallace und John Schaefer, eine Bonus-DVD, die Jóhannssons denkwürdiges Konzert im Funkhaus Berlin im Dezember 2016 dokumentiert, sowie eine große Anzahl seltener Fotografien.

Packende Symbiose von Bild und Ton – Die Filmmusiken Jóhannssons

Mit Jóhannssons Kompositionen zu “Die Entdeckung der Unendlichkeit”, “Sicario”, “Arrival” und “The Mercy” sind vier preisgekrönte Soundtracks des Tonschöpfers auf der Rückschau zu erleben, die auf ganz verschiedene Art das brillante Schaffen Jóhannssons dokumentieren. Während ersterer mit nostalgisch melancholischen Melodien berührt, greift Jóhannsson in seinem Soundtrack zu “Sicario” eindringlich die gewalttätige Atmosphäre des Films auf und lässt akustische und elektronische Klänge ineinander gleiten, wohingegen er in der Filmmusik zu “Arrival” kunstvoll mit realen und verfremdeten Stimmen spielt. In seiner Musik zu “The Mercy” verband Jóhannsson neu komponierten Werke mit Stücken aus früheren Alben, darunter die erfolgreichen Alben “Englabörn” und “Orphée”, die sich auch als eigenständige Alben auf der Edition finden.

Hypnotisch und meditativ – Die Bearbeitung “Flight from the City” von Víkingur Ólafsson

Ein besonders inniges Stück der Edition sowie der digitalen EP, die zeitgleich veröffentlicht wird, ist eine Re-Komposition durch Jóhannssons Freund Víkingur Ólafsson, der seine ganz eigene Deutung des Stücks “Flight from the City” in Töne gegossen hat. Jóhannsson eröffnete mit diesem Werk sein DG-Debütalbum “Orphée”, später wurde es zu seinem erfolgreichsten Streaming-Track. Die Interpretation von Ólafsson, die einen Monat nach Jóhannssons Tod aufgenommen wurde, gleicht einer improvisierten und elegischen Fantasie von meditativer Klangschönheit, die hypnotisch in den Bann zieht und als konzentriertes Kleinod einen Höhepunkt der “Retrospective II” darstellt.
 

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