Martin Böttcher | Biografie

Martin Böttcher

Jeder, der einen Fernseher hat, kennt den Martin Böttcher-Sound. Der Gitarrist und Film-Komponist schrieb die Musik des 50er-Jahre-Filmklassikers “Die Halbstarken”, er untermalte die Winnetou-Filme und TV-Serien wie “Der Alte”. Neben Klaus Doldinger und Peter Thomas prägte er maßgeblich die Film- und Fernsehmusik der Bundesrepublik.
Geboren am 17. Juni 1927 in eine angesehene Berliner Musikerfamilie, bekam Böttcher schon früh Klavierunterricht. Seine Leidenschaft galt jedoch der Fliegerei. Mit 14 macht er den Segelflugschein. Drei Jahre darauf zieht man ihn im Nazi-Deutschland zum Wehrdienst bei der Luftwaffe ein. Als Fallschirmjäger wird er verwundet und kommt in Kriegsgefangenschaft, wo er “wie ein Verrückter” (Böttcher im Gespräch mit der Welt, anlässlich seines 85. Geburtstags 2012) auf der Gitarre übt. In Hamburg trifft er den Orchesterleiter Willy Steiner, der ihn in seinem neu formierten Tanz- und Unterhaltungsorchester beim damaligen Nordwestdeutschen Rundfunk aufnimm, in das später auch James Last am Bass einsteigt. “Dass wir unbeschwert Glenn Miller, Benny Goodman und Artie Shaw hören und ihre Musik spielen konnten, hat uns in jeder Hinsicht beflügelt und befreit”, erinnerte sich Böttcher, der damals parallel Harmonielehre und Arrangement beim Dirigenten Richard Richter und dem Swing-Orchesterleiter Kurt Wege studierte.
Schon 1946 schreibt Böttcher auch Arrangements, verlässt 1954 den NWDR und debütiert 1955 mit der Musik zur Militärsatire “Der Hauptmann und sein Held”: ein Meilenstein des deutschen Films. Mit den “Halbstarken” (1957, in der Hauptrolle Horst Buchholz) bricht er vollends als Filmkomponist durch, schreibt danach Lieder für Hans Albers und Heinz Rühmann.
Zum Beginn der 1960er vertont Böttcher die Filme der Edgar-Wallace-Reihe, avanciert dann mit seiner Musik für insgesamt zehn Karl-May-Kinofilme zum erfolgreichsten deutschen Filmkomponisten. 1962 führt seine Titelmusik von “Der Schatz im Silbersee” 17 Wochen lang die Charts in Deutschland an.
Zum Ende des Jahrzehnts verlegt Böttcher sich immer mehr auf das Medium Fernsehen, schreibt insbesondere für westdeutsche Krimiserien wie “Stahlnetz”, später für “Derrick” und “Der Alte”. Als das ZDF 2003 die humorvolle Krimiserie “Pfarrer Braun” (angelehnt an die beliebte 1960er-Reihe mit Heinz Rühmann, die er musikalisch untermalte) startet, macht Böttcher selbstverständlich wieder mit. Bis 2014 lebt er abwechselnd in Lugano und auf Sardinien – Böttcher war einer der ersten deutschen Surfer, lange vor dem Trend!
2004 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. 2016 ehrte ihn die GEMA beim Deutschen Musikautorenpreis für sein Lebenswerk. Kein Komponist hat den optimistischen, heiteren Zeitgeist der jungen Bundesrepublik so eingefangen wie er: “Die Probleme hatten wir ja vorher, und alle waren froh, dass sie vorüber waren. Wir kamen aus dem Krieg, hatten nichts mehr und freuten uns auf die Zukunft, weil es nur noch aufwärts gehen konnte. Wir waren noch in der Lage, die Freiheit zu genießen. Ich glaube, das ist es, was Sie heute in meiner Musik von damals hören können”, sagte er der Welt.