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Die Entdeckung der Langsamkeit

Sten Nadolny Entdeckung der Langsamkeit
30.07.2012
„John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, dass er keinen Ball fangen konnte.“ Mit diesem ersten Satz ist schon viel über John Franklin gesagt, sein Wesen bereits umrissen. Zeit ist für ihn eine subjektive Größe, durch seine Langsamkeit ist er anders als die Anderen. Dass das Anderssein kein Manko sein muss, sondern von Vorteil sein kann, davon erzählt Sten Nadolny in seinem Weltbestseller Die Entdeckung der Langsamkeit.
Sein Protagonist hat einen Traum: Die Seefahrt. Ein hektisches Geschäft in Zeiten von Seeschlachten und Kriegseinsätzen. Doch John Franklin findet seinen Weg durch die Hektik der ihn umgebenden Welt. Es ist zwar die Bewegung, die die Gedanken und Handlungen vorantreibt, aber die Langsamkeit, die sie zur Blüte treibt.
Seine unausweichliche Langsamkeit nutzend ist John Franklin immer aufmerksam. Es ist die Kunst seines langsamen Blickes, auch die Dinge wahrzunehmen, die anderen entgehen. Von diesen Einzigartigkeiten und Details ist auch die Sprache des Werkes durchzogen. Durch die Augen des John Franklin ist zu erkennen, welche Wichtigkeit die vermeintlichen Nebensächlichkeiten haben können. Wie wichtig es ist, seinem eigenen Tempo zu folgen.
Doch geht es in Nadolnys Roman nicht nur um den richtigen Lebensrhythmus. Die Entdeckung der Langsamkeit reiht sich ein in eine literarische Tradition, in der das Verhältnis von Fakt und Fiktion  eine tragende Rolle spielt. Ähnlich wie in Daniel Kehlmanns Welterfolg Die Vermessung der Welt begegnen wir auch mit John Franklin einer historischen Figur. Das Spiel mit Faktizität und Fiktionalität bringt uns die Romanfigur auf einzigartige Weise näher.
Sten Nadolny selbst gibt seinem Protagonisten, über den er sagt: „Er für mich nicht mehr die Romanfigur, sondern wieder der Freund meiner Jugend.“, in diesem Hörbuch eine Stimme. Der Autor liest nicht nur einfach seinen Roman, sondern er erzählt die Geschichte eines Freundes, der ihm ans Herz gewachsen ist. Trotz oder gerade wegen seiner Langsamkeit.

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