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Biografie

Sting 2019
15.07.2011
Vor ein paar Jahren sollte Sting auf einem von Bono organisierten Charity-Konzert in Cannes auftreten. Bono sagte ihn an: “Er ist einer der talentiertesten Singer-Songwriter der Welt, er spielt einen Wahnsinns-Bass, er sieht gut aus und ist total fit, seine Frau ist schön. Aber Gott ist gerecht…weil, Sting hat keinen Penis!” Brüllendes Gelächter im Raum, das handverlesene Promi-Publikum schlug sich auf die Schenkel. Wie er sich da gefühlt habe, wollte danach der Radio Times-Reporter Robin Eggar von Sting wissen. Hätte er nicht sechs Kinder gezeugt, dann hätte die Ansage ihn sicherlich provoziert, so Sting, jenseits der fünfzig, abgeklärt und entspannt. Früher hätte er Bono wahrscheinlich verklagt. Jeder möchte irgendwann Sting mal auf die Schippe nehmen, anders ausgedrückt, jeder wird bei Sting irgendwann mal neidisch. Der Mann hat alles: den Ashtanga-Yoga-Body, den Sex-Appeal, den Intellekt, das kosmische Bewusstsein, das Über-Talent, tolle Villen in London-Hampstead, der Toskana oder am Strand von Malibu, sechs schöne Kinder, Mitgliedsurkunden der Rock´n´Roll-Hall of Fame und der Songwriters Hall of Fame, 16 Grammys. Als Dankeschön für sein Engagement im amazonischen Regenwald benannte man eine seltene Froschart nach ihm. Da wird selbst ein Bono präpubertär. Das alles fiel Gordon Matthew Thomas Sumner, wie Sting bürgerlich heißt, scheinbar zu. Falsch: Sting, der Sohn eines Milchmanns aus Newcastle, bekam nichts geschenkt. Dass er die Universität besuchte, war in seiner Familie eine große Sache. Sein Leben hat etwas Präzises, Durchorganisiertes. “Ich mag es nicht, die Kontrolle zu verlieren”, diktierte er 1987 Steve Turner vom “Q”-Magazin aufs Band.

Im Booklet seines neuen Studioalbums “If On A Winter´s Night” erinnert sich Sting daran, wie er als Junge frühmorgens mit seinem Vater die Milch austrug, an die “Schneedecke so vieler dunkler Wintermorgen. Wir waren oft die ersten, die sie störten, wenn wir leise durch die leeren Straßen fuhren.” Sein neuntes Soloalbum, gerade erschienen beim Klassik-Label Deutsche Grammophon, ist eine Ode an Stings “Lieblingsjahreszeit”, den Winter, Sting ist im Herzen kein Sunnyboy. Robert Sadin, der Mann hinter Herbie Hancocks Grammy-gewinnendem “Gershwin´s World”-Album co-arrangierte und -produzierte die 15 Songs. Die Gitarristen Dominic Miller und Dean Parks, den Violinisten Daniel Hope, die Bassistin Ira Coleman und zahlreiche andere exzellente Musiker lud Sting dafür in sein Haus in der Toskana ein. Dort nahmen sie, eingehüllt in Schals und dicke Wolldecken, im Februar 2009 “If On A Winter´s Night” auf. Das Material: traditionelle Musik von den britischen Inseln, ein Weihnachtslied aus dem 14. Jahrhundert, ein Song von Henry Purcell, Stings Vertonung eines Gedichts von Robert Louis Stevenson, eine Adaption von Schuberts “Leiermann” aus der “Winterreise”, neben zwei eigenen Kompositionen Stings. Eingespielt teilweise mit historischen Instrumenten wie Harfe, Melodeon – und natürlich der Laute, seit Jahren ist sie Stings Lieblingsinstrument. Zu seinem letzten Album “Songs From The Labyrinth” inspirierte ihn John Dowland, englischer Komponist und Lautenspieler des 16. Jahrhunderts. Winter, Weihnachten, die Sonnenwende, der Rückzug nach innen. “Es ist eine Jahreszeit, die uns mit den Geistern der Vergangenheit konfrontiert. Wenn wir sie überwinden, kommen wir in den Frühling”, kommentiert Sting seine musikalischen Meditationen.|Ja, das passt zum Lieblingsintellektuellen der Popkultur, dem Mann, der für seine Songtexte recherchiert wie ein Journalist. Etwa 1987 für die Single “Englishman In New York” das Leben des Schriftstellers und “Raconteurs” Quentin Crisp. "Viele Rockstars lesen in der “LA Times”, dass sie Genies sind und hören dann auf, an sich zu arbeiten, das ist Bullshit!" Sting schätzt seine Freundschaft mit Gil Evans, spricht lieber über Hanns Eisler, Kurt Weill und Vaughan Williams als über aktuelle Pop-Kollegen. Wo andere immer mehr künstliche Aromastoffe ins Klangsüppchen werfen, ist er Slow-Food für die Seele. Für sein Solo-Debüt “The Dream Of The Blue Turtles” castete sich der Brite mit den hellblauen Augen 1984 eine Band aus der Top-US-Jazzliga zusammen: Omar Hakim, Kenny Kirkland, Darryl Jones und Saxofonist Branford Marsalis – der Bruder von Jazz-Gralshüter Wynton Marsalis. Monatelang hing in New Orleans der Haussegen schief, wegen des angeblichen Pop-Fehltritts vom Älteren. Als im dazu gehörenden Konzertfilm “Bring On The Night” dann plötzlich die Geburt von Stings Sohn Jake gezeigt wurde, und wie Sting heulend die Nabelschnur durchschneidet, meldeten sich andere Kritiker zu Wort: Was für eine Nabelschau! Sting sagte später, das wäre die einzige Szene gewesen, auf die die Bosse vom Filmverleih in irgendeiner Weise reagiert hätten. Früher, bei The Police, war Sting zufrieden damit, Songs zu schreiben, die Zwölfjährige verstehen und mitsingen können. Aber dann arbeitete Sting Charaktere aus der griechischen Mythologie, Archetypen aus der Psychologie von C.G. Jung an die Stelle der “De-do-do-dos”. Seine Eheprobleme thematisierte er auf “Wrapped Around Your Finger” und “Every Breath You Take”. 1980, als The Police ihr drittes Album veröffentlicht hatten, erklärte Sting in einem Interview: “Ich denke, wir werden alles, was wir zu sagen haben, in insgesamt vier, fünf Alben gesagt haben. Danach werde ich aufhören.” Und der präzise Mann, der seine Bücher alphabethisch im Regal anordnet, Kafka neben Krishnamurti, der nicht gern die Kontrolle verliert, sollte Recht behalten. Zwischen “Outlandos d´Amour” und “Synchronicity” steht jedenfalls eine phänomenale Pop-Karriere. The Police waren die Beatles der 1980er, was den Ruhm betrifft. Der Look. Die Tourneen in Länder, wo damals niemand hinfuhr (Indien, Lateinamerika). Das ausverkaufte Konzert am 18. August 1984 im New Yorker Shea-Stadion (70.000 Plätze), neunzehn Jahre nach dem Konzert der Beatles dort. Und schließlich: die Bandauflösung, viel zu früh, auf der Höhe des Erfolges, traumatisierend für die Fans. Unter den vielen Gründen gab den Ausschlag die Hassliebe zwischen Sting und Stewart Copeland. Sting, der Arbeitersohn aus dem Nordosten Englands, und Copeland, der in Beirut geborene Sohn eines CIA-Agenten, sie waren sich nie wirklich ganz geheuer. Als sie “Synchronicity” aufnahmen, sprachen sie schon nicht mehr miteinander. Copeland ist heute stolz darauf, Sting “entdeckt” zu haben, als er ihn 1977 in einem Pub in Newcastle hörte, mit einer Amateur-Fusionband namens Last Exit, und den Lehrer samt Familie nach London einlud.

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