Trude Herr | Biografie

Trude Herr

Trude Herr war die kölsche Komikerin vom Dienst. Mit Herz und Schnauze wurde sie zur Kultfigur des Kölner Karnevals. Sie war ein Unikum in der Kölner Theaterszene der 1950er, bevor der deutsche Lustspielfilm der 60er Jahre sie zum Star machte.

„Ich will keine Schokolade“ – ihre Adaption des Rock´n´Roll-Songs „Percolator, Percolator“ brachte Trude Herr 1960 den Durchbruch in die erste deutsche Schlager-Liga. Zum Bravo-Girl wählte man sie nicht. Aber Format, ja, das hatte Trude Herr!

Die abonnierte Rolle der drolligen Dicken füllte sie mit Bravour und Seele aus, sprengte immer wieder den Rahmen der naiven, stereotypen und spießigen Lustspielfilme der Nachkriegszeit. Schaut man heute genau hin, erkennt man in der kölschen Komödiantin eine Dame mit künstlerisch grundsolider Identität, die barfuss auf der Bühne tanzte, schamlos die Klischees ins Absurde überzog, die mehr mit der Blues-Diva Etta James verband als mit der dicken Bertha aus „Pünktchen und Anton“.

So ulkig wie man sie auf der Bühne, im Kino und im Fernsehen sah, ging es im echten Leben der Trude Herr eigentlich nie zu: Ihr Vater, KPD-Mitglied, war während des Nationalsozialismus fast durchgehend inhaftiert. 1943 ausgebombt, floh die Familie ins hessische Ewersbach, zog 1945 zurück nach Köln. Trude Herr arbeitete in der Anzeigenabteilung der „Volksstimme“, bevor sie 1946 Statistin an einer Aachener Wanderbühne wurde, 1948 kleine Rollen am Kölner Millowitsch Theater erhielt, 1949 mit ihrem Mentoren Gustav Schellhardt die Kölner Lustspielbühne gründete und damit im selben Jahr pleite ging.

Sie wurde Barfrau im Kölner Gay-Lokal „Barberina“, um die Miete zu bezahlen. Aus dem Underground schaffte Trude Herr es zur Mitte der 1950er zur Büttenrednerin. Das Publikum liebte sie, die Offiziellen weniger. Als das Festkomitee ihr eine kritische, boshafte Büttenrede verbot, war der bürgerliche Kölner Karneval vorläufig für sie gestorben.

Aus der Lokal-Liga schälte sich die Darstellerin in der Karnevals-Saison 1957/58 mit ihrem ersten hochdeutschen Solosketch, landete daraufhin bei Willi Schaeffers Tingel-Tangel-Kabarett in Berlin.

Nach „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann" folgte mit „Morgens bin ich immer müde“ (aus dem Film „Conny und Peter machen Musik“ des damaligen Teenager-Traumpaars Froboess und Kraus) gleich der nächste Hit für Trude Herr, konsolidiert von „In der Spelunke `Zur alten Unke´“ und „Weil 
ich so sexy bin”.

Im Aufwind ihrer Karriere nahm sie dann so ziemlich alles mit: Italien-Schmachter, wirre Komödien („Maskenball bei Scotland Yard“), Schmonzetten mit Heinz Erhardt, Musicals mit Freddy Quinn („Freddy und das Lied der Prärie“). Leichte Kost mit Bill Ramsey oder Caterina Valente.

Ihre Karriere als Film- und Schlagerstar blendet nach 1965 langsam aus. Endgültig zur Kölner Kultfigur wurde die füllige Entertainerin (nachdem sie ab 1970 einige hundert Male „Die Perle Anna“ im Millowitsch-Theater spielte), als sie 1977 ihr eigenes Volkstheater in Köln eröffnete, in dem sie zehn Jahre lang als Direktorin, Produzentin, Autorin, Regisseurin, Kostümbildnerin, als zugkräftige Sängerin und Hauptdarstellerin Stück um Stück auf die kleine Bühne stemmte, bis ihr die Puste ausging.

Ein kleines LP-Comeback gelang Trude Herr, als sie in den 1980ern an der Seite von Tommy Engel (Bläck Fööss) und Wolfgang Niedecken (BAP) eine Platte mit kölschen Coverversionen internationaler Hits aufnahm. Sie zog dann auf die Fidschi-Inseln und kehrte für ein von RTL geplantes Comedy-Comeback zurück.

Es kam nicht mehr dazu. Am 16. März 1991 starb Trude Herr nach einem Asthmaanfall an Herzversagen in ihrem Haus in Lauris bei Aix-en-Provence in Südfrankreich. 1998 verlieh man ihr posthum das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.