Ben L’Oncle Soul | Biografie

Ben L’Oncle Soul – Bio 2010

Ben L’Oncle Soul konnte seinem Schicksal nicht entkommen. Bereits vor seiner Geburt wiegte ihn seine Mutter zu Otis Redding und stillte ihn später zu den Klängen von Aretha Franklin. Er wuchs mit der Musik von Ray Charles, Sam Cooke, Donny Hattaway und Marvin Gaye auf. Auch wenn er selbst es damals noch nicht wusste, stand bereits seine Kindergarten-Plattensammlung im Zeichen seines zukünftigen Arbeitgebers: Motown. Ein eindeutiger Beweis dafür, dass der Mann aus Tours schon von frühester Kindheit an vom Geiste des Labels von Berry Gordy Jr. erfüllt war. Als Ben 2008 seine Musik im Internet postete, wurde er von Motown France entdeckt und fügt seinem Kindheitstraum seither unaufhörlich neue Kapitel hinzu.

Seine künstlerische Entwicklung erfolgte in halsbrecherischem Tempo: Nachdem er in Gospel-Ensembles gesangliche Grundkenntnisse verinnerlicht hatte, wurde er zu L’Oncle Ben, stürzte sich kopfüber ins Haifischbecken und trat als Opener für große Namen der aktuellen Soulszene auf, z. B. Musiq Soulchild, Raphael Saadiq oder India Arie, mit der er sogar gemeinsam auf der Bühne stand. Das reichte aus, um sich einen Namen zu machen. Begeistert vom Hip-Hop und den neuen Einflüssen, denen er dadurch begegnete, arbeitete der in Tours geborene Künstler zunächst mit Hocus Pocus und Oxmo Puccino zusammen, später auch mit Beat Assailant, mit dem er auf Tour ging und zu dem er eine feste Bindung entwickelte. Nach einem gemeinsamen Song auf dem Album des amerikanischen MCs arbeitete Ben mit dem Rapper an englischen Texten für sein erstes eigenes Album, das, wie nun auch er selbst, den Namen Ben L’Oncle Soul trug.

Mit der Namensänderung, die mit seiner Unterzeichnung bei Motown einherging, erfolgte auch die Veröffentlichung seiner EP „Soulwash“ Ende 2009. Sie sollte eigentlich dazu dienen, den Kopf während der Albumaufnahmen frei zu bekommen und verbreitete dabei dank einer Handvoll inspirierter wie abwechslungsreicher Cover seine ausgeprägte Lebensfreude. Hier interpretiert Ben auf seine ganz eigene Weise die Spice Girls, Gnarls Barkley, Aqua und The White Stripes neu. Seine Version des Songs „Seven Nation Army“ (The White Stripes) öffnete ihm sämtliche Türen zwischen hier und dem Mond und verschaffte ihm einen beachtlichen Bekanntheitsgrad. Nicht schlecht für eine EP, die eigentlich nur als Jux gedacht war!

Die humorvolle, aber einfache Gestaltung des Albums ähnelt dem Künstler selbst sehr, denn auch unser Freund Ben bevorzugt das Unkomplizierte. Er ist eher ein Stimmungsmacher, der sich selbst nicht zu ernst nimmt, weder auf der Bühne, wo er ständig Witze macht, noch in den Darstellungen auf seinem Album oder, natürlich, in seiner Musik. Das spiegelt auch sein erstes selbstbetiteltes Album wieder. Es ist ein ausgezeichnetes Werk, auf dem Lachen und Weinen oft nur einen Trommelwirbel voneinander entfernt liegen – ein Antidepressivum, das in einer Garage in Belgien aufgenommen wurde, in einem Studio voller altmodischer Ausrüstung und williger Freunde, etwa dem Trompeter, Arrangeur und Produzenten Guillaume Poncelet und dem Komponisten Gabin Lesieur, der bei den Konzerten auch Keyboard spielt. Auch wenn er sich in seinen Texten meist mit Begeisterung der Freude an den gewöhnlichen Dingen oder turbulenten Beziehungen widmet, wagt er sich mit anderen ins Halbdunkel tiefer gehender Themen vor. So behandelt z.B. L’Ombre D’Un Homme, das er mit verzweifelter, beschwörender Stimme singt, das Thema Alkoholismus, während er mit Partir einen Hilferuf aussendet und Ain’t Off To The Back, auf dem Shaft und Beat Assailant ihn energisch unterstützen, seine ganz persönliche Hommage an Rosa Parks ist.

Ganz bewusst und mit hartnäckig positiver Einstellung bietet und erzeugt Ben L’Oncle Soul mit der Färbung seiner großartigen 60er-Jahre-Stimme eine wunderbare Wärme. Mühelos und ohne Unterlass tanzen bei Ben L’Oncle Soul Stax-Bläser und Motown-Melodien, allen voran „Soulman“, sein „Summer of 69“-Hit! Ein beeindruckender Einstieg, der dank schelmischer Texte und einer überbordenden Interpretation, wie wir sie seit Nino Ferrer nicht mehr gehört haben, den für französischsprachigen Soul oft verhängnisvollen Test mühelos besteht. Die meisterhafte Leichtigkeit, mit der sich Sprache und Humor durch all seine Stücke ziehen, verleiht der Nostalgie des Ganzen einen sehr modernen Touch.

Bens Groove ist unverkennbar amerikanisch – er respektiert die Standards des Motown-Genres und macht Soulmusik mit deutlichen Pop-Einflüssen (wie in Elle Me Dit und Demain J’Arrête), klingt dabei aber nie zu brav. Der Soul-Onkel nimmt sich auf seiner bunt blühenden Sammlung von 60er-Jahre-Melodien, die er im Jahr 2010 komponierte, die Freiheit heraus, die alten Herren mit Fliege in Mon Amour und den funkigen R&B eines Stevie Wonders mit I Don’t Wanna Waste zu covern. Wer weiß, dass Motown Records in den 60ern den Spitznamen „The Hit Factory“ trug, hat keinerlei Zweifel: Ben L’Oncle Soul hatte wirklich keine Chance, seinem Schicksal zu entkommen.
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