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Blossoms, “Blossoms”, 2016

Blossoms II - 2018
30.06.2016
BLOSSOMS – Biographie  
Album “Blossoms” VÖ 05.08.2016
Die Geschichte von Blossoms, einer fünfköpfigen Band aus dem nordenglischen Stockport, beginnt irgendwo zwischen “Nemesis” und “Oblivion”, dem Gestank von Frittenfett und der euphorisch-panischen Geschreikulisse von Alton Towers, dem wohl bekanntesten Freizeitpark Großbritanniens. Wir schreiben das Jahr 2006, und zwei 12-Jährige, Tom Ogden und Joe Donovan, kommen ehrlich gesagt nur deshalb ins Gespräch, weil sie die einzigen beiden Jungs auf einem Schulausflug sind – ihre Belohnung für keine einzige Fehlstunde im besagten Schuljahr. Donovan ist dermaßen aufgeregt, dass er sogar seinen brandneuen Adidas-Trainingsanzug anziehen musste, den seine Mutter ihm bei TK Maxx gekauft und den er sich für genau diesen großen Tag aufgespart hat. Ogden hingegen ist einfach nur happy, dass da noch dieser andere Junge zwischen all den Mädels dabei ist, mit dem er sich unterhalten kann. Und natürlich kommt es so, dass die bösen anderen Jungs nach ihrer Rückkehr von Alton Towers alles dafür tun, den beiden das Leben zur Hölle zu machen. “Ja, die waren schrecklich zu uns. Sie haben nur die fiesesten Sachen zu mir und Joe gesagt”, erinnert sich ein lachender Ogden. “Und mit 12 glaubt man dann ja wirklich, dass die Welt untergeht. Aber wir haben das nicht an uns herangelassen. Und überhaupt: Schau doch mal, was aus uns inzwischen geworden ist.”
Inzwischen nämlich ist Ogden der Sänger und Donovan der Schlagzeuger in derjenigen Gruppe, die aktuell für so viel Furore sorgt wie keine andere Band aus dem Großraum Manchester in den letzten Jahren: Auf Platz 4 der BBC “Sound of 2016”-Liste ins Jahr gestartet, wurden sie bereits im Spotlight bei Spotify, bei MTV Brand New oder als New Artists von iTunes/Apple Music als das nächste große Ding angeführt. Parallel dazu wurden sie von etlichen Kritikern gefeiert und dabei mit so unterschiedlichen Bands wie den Arctic Monkeys, Depeche Mode oder auch The Doors verglichen – was irgendwie auch zu ihrem wilden Mix aus Psychedelic-Rock, Synth-Pop und Indie-Rock passt. “Letzten Endes wollen wir eine Band sein, die großartige Popsongs macht”, meint Ogden über diesen Sound, der zugleich vertraut aber auch vollkommen einzigartig klingt. “Aktuelle Sachen sind für uns ein genauso wichtiger Einfluss wie die alten Klassiker – und eigentlich wollen wir sogar so modern klingen wie’s geht. Wir wollen wie eine Band klingen, die so nur im Hier und Jetzt existieren könnte, nicht in irgendeiner vergangenen Ära.”
Allesamt im selben Krankenhaus geboren, dem Stepping Hill Hospital in Stockport, bestehen Blossoms aus fünf besten Freunden, die sich 2013 zusammengetan haben, nachdem sie davor alle ihr Glück in unterschiedlichen Konstellationen versucht hatten, jedoch ohne Erfolg. Donovan und der Bassist Charlie Salt hatten “in so einem Trio à la The Black Keys” zusammengespielt, bis sie Ogden dazu überzeugen konnten, seine damalige Band (namens Save The Mastersound) zu verlassen und etwas Neues zu starten. “Und Tom wiederum hatte ein paar Wahnsinnssongs geschrieben”, erinnert sich Donovan, “allerdings zeigte er sie gar nicht erst seiner damaligen Band, weil er meinte, sie würden nicht zu ihr passen. Also versuchte ich ihn dazu zu bewegen, doch mal mit uns zu proben. Zuerst wollte er nicht; ja, er war echt loyal gegenüber seiner alten Band, aber dann konnte ich ihn doch noch überzeugen.” Da sie nun noch einen Gitarristen brauchten, wandten sie sich danach an den kleinen Bruder von Donovans Ex-Freundin: Josh Dewhurst, den zu jener Zeit gerade mal 15-jährigen Sohn eines Jazz-Pianisten, der nicht nur wahnsinnig talentiert war, sondern obendrein von sich berichten konnte, durch den Soundtrack des Videospiels “Canis Canem Edit” überhaupt erst zur Musik gekommen zu sein. “Ich spielte gerade eine Partie Tischtennis, als der Anruf kam und sie mich zu den Proben einluden”, erinnert sich Dewhurst, der übrigens noch immer ein Teenager ist. “Sie alle waren ja schon viel älter als ich, aber mir machte das eigentlich nichts aus. Im Gegenteil: Sie lockten mich quasi endgültig aus der Reserve, und schon bald fühlte sich das eher wie große Brüder an.”
Aus der vierköpfigen Band wurden schließlich fünf, als Ogden und Donovan irgendwann in einer der einschlägigen Party-Wohnungen der Stadt, die gleich über einem Inder lag, vorbeischauten: “Wir unterhielten uns gerade darüber, dass wir nun noch einen Keyboarder bräuchten, als plötzlich dieser Typ seine Hand in die Luft streckte und meinte, er wäre dabei. Witzig daran war, dass die erhobene Hand zu der Zeit gerade in einem Gips steckte: Wir sind wahrscheinlich die einzige Band der Welt, die jemals einen Keyboarder mit gebrochenem Handgelenk ins Boot geholt hat.” Jene Hand, die bald heilen sollte, gehörte dem Mieter der besagten Party-Bude, Myles Kellock; den Bruch hatte er sich während einer etwas ungeschickten, aus dem Ruder gelaufenen Party-Nacht in Manchester zugezogen. “Ja, schon ein bisschen peinlich eigentlich”, meint Kellock rückblickend. “Aber soll ja vorkommen, dass man abends einen Drink zu viel nimmt und dann ausrutscht, wenn man gerade gehen will – ich stolperte, fiel rückwärts und mein Handgelenk war hin. Aber vielleicht musste das ja so sein: Schicksal. Gehoben habe ich die Hand ja eigentlich nur, weil ich’s so lustig fand, dass meine Hand eingegipst war. Hätte ich damals kein gebrochenes Handgelenk gehabt, wer weiß: Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen und ich wäre nie Mitglied von Blossoms geworden.”
Nachdem sie ihren Namen bei einem sehr praktisch gelegenen Pub, gleich an der 192er Buslinie nach Manchester, entliehen hatten, schlugen Blossoms in der Lagerhalle, die zur Gerüstbaufirma von Salts Großvater gehörte, schließlich ihr Lager auf – wo sie übrigens noch heute ihre Proben veranstalten. “Wir verbringen wahnsinnig viel Zeit miteinander und ergänzen uns perfekt”, meint Salt. “Ich bin wohl eher der Sensible. Joe kümmert sich um die Planung, die organisatorischen Dinge. Tom ist absolut zurückhaltend, Myles ist hingegen eher albern und Josh ist so etwas wie ein 69-jähriger Arzt, der im Körper eines echt schrägen 19-Jährigen gefangen ist.”
Bei ihren ersten Shows traten sie alle mit schwarzen Rollkragen-Pullis auf, inspiriert von der Sechziger-Garage-Band The Music Machine, auch weil sie sich ganz klar gegen den gewöhnlichen Parka/Desert-Boot-Look von anderen Bands aus Manchester absetzen wollten. Mit der Zeit jedoch entstand daraus ihr ganz eigener Look, und wichtiger noch: ihr ganz eigener Sound, indem sie von düsterem Psych-Rock bei mehr und mehr Pop-Elementen landeten. Die Zutaten: Dewhursts kristallklarer Gitarrensound, Kellocks futuristische Synthie-Parts, der satte Rhythmus-Unterbau von Salt und Donovan und schließlich Ogdens Stimme – kräftig, unverkennbar nordenglisch, sagen wir mal: irgendwo zwischen Richard Ashcroft und Alex Turner angesiedelt. “Mir persönlich bedeuten die Songs sehr viel, weil sie schließlich von meinen Beziehungen handeln”, berichtet der Sänger. “Ich schreibe nun mal die besten Texte, wenn’s mir wirklich mies geht, wenn ich z.B. an Liebeskummer leide, und ich find’s super, das dann in Songs zu verpacken, die absolut melodisch und echt poppig sind – allerdings mit unserem eigenen, etwas schrägen Twist natürlich.”
Dieser “etwas schräge Twist” ist unter anderem auch ihrem Mentor geschuldet, James Skelly von The Coral: Nachdem der nämlich die ersten beiden Singles der Band (“Blow” und “Cut Me And I’ll Bleed”) für sein eigenes Label Skeleton Key produziert hatte, hielt er ihnen auch nach der Vertragsunterzeichnung mit Virgin EMI im Jahr 2015 die Treue und überwachte die Arbeit an den EPs “Blown Rose”, “Charlemagne” (#1 der britischen iTunes-Alternative-Charts & #1 der Vinyl-Charts zu Weihnachten in UK!) und “At Most A Kiss”, mit der Blossoms erst Anfang 2016 eine Art düster-futuristisches Glam-Update vorgelegt haben. “James ist absolut wichtig für uns”, berichtet Ogden. “Er hört sich zum Beispiel einen unserer Songs an und weiß einfach sofort, welchen Part man noch mehr in den Vordergrund rücken muss. Er hat ein wahnsinnig gutes Ohr für große Popmelodien. Insofern holt er jedes Mal das Beste aus uns heraus – und bringt dabei auch etwas ganz dezent Schräges mit, wie nur er das kann. Da wir alle so oder so Fans von The Coral sind, ist er natürlich der perfekte Produzent für unser Debütalbum.”
Nachdem sie 2015 unglaublich viel bewegt und erlebt haben – beim SXSW in Texas musste der damals noch minderjährige Dewhurst mit fetten Edding-Kreuzen auf den Händen herumlaufen, falls er doch auf die Idee kommen sollte, alkoholische Drinks zu ordern (O-Ton: “Dabei trinke ich noch nicht mal!”); in Tokio brach eine echte “Blossoms-Mania” aus, als diverse japanische Fans sie mit ganz speziellen Kit-Kats bombardierten, auf die sie die Gesichter der Band hatten drucken lassen; in London spielten sie im ausverkauften Village Underground –, war ihr persönliches Highlight des Jahres wohl die Headliner-Show im Ritz von Manchester, wo sie vor 1.500 kreischenden Fans ein ohrenbetäubendes Heimspiel hinlegten. “Für eine Band, die noch nicht mal ein Album veröffentlicht hat, fühlte sich so ein Auftritt in unserer Heimat wirklich wie das nächste Level an”, meint Kellock. “Wir sind echt stolz darauf, dass Manchester hinter uns steht”, meint auch Ogden. “Die Stadt hat schon immer Bands abgefeiert, die auf große Songs und große Melodien setzen – und genau genommen liegt die letzte davon auch schon eine Weile zurück. Wir wollen die Tradition von Bands wie The Stone Roses und Oasis und all den anderen fortsetzen, die vor uns kamen. Und nach allem, was in den letzten Monaten passiert ist, haben wir schon das Gefühl, dass nun unser Moment gekommen ist.”
Auch in diesem Jahr haben Blossoms ihre Erfolgsserie fortgesetzt, als sie ausverkaufte Shows in der Albert Hall von Manchester und im Londoner Scala spielten, wo sie im Rahmen ihrer Februar-Tour durch Großbritannien Halt gemacht haben. Vielleicht hat es auch tatsächlich etwas mit den “lucky keys”, den beiden Glücksbringer-Schlüsseln zu tun, die Ogden und Donovan stets um den Hals tragen – Familienerbstücke von Donovans Seite, die ihnen bis dato tatsächlich nur Glück gebracht zu haben scheinen. “Also meinen wage ich nicht mal abzunehmen”, sagt Donovan lachend. “Aber es fühlt sich wirklich so an, als würde die ganze Sache jetzt erst richtig losgehen. Und wir würden das alles auch gar nicht machen, wenn wir nicht daran glauben würden, dass wir das Zeug dazu haben, die nächste große Band aus dem Norden zu werden. Ich glaube kaum, dass wir aufhören werden, bevor das eingetreten ist.” Zehn Jahre ist es her, dass sich zwei kleine Jungs in Alton Towers angefreundet haben – zwischen einem Inverted-Coaster namens “Nemesis” und der ersten Achterbahn der Welt mit fast senkrechter Abfahrt (“Oblivion”): Sieht so aus, als hätte der eigentliche Ritt ihres Lebens gerade erst richtig Fahrt aufgenommen.

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