Charlotte Roches neuer Roman “Mädchen für alles” – provokant, witzig, böse
30.10.2015
Mit ihren beiden Büchern Feuchtgebiete und Schoßgebete brach Charlotte Roche alle Tabus und katapultierte sich auf sämtlichen Bestsellerlisten ganz nach oben. Ihr Geheimnis scheint so simpel wie genial: Sie thematisiert das, wo andere weg schauen ohne Scheu vor Provokation, Sex, Gewalt.
Anfang Oktober veröffentlichte die Autorin ihren dritten Roman Mädchen für alles. Die Protagonistin Christine lebt in einfachsten Strukturen. “Spießig”, würden vielleicht einige sagen. Ehe, Kind, soziales Leben – um ihre Zukunft braucht sich Christine keine Sorgen zu machen. Doch als die neue Babysitterin Marie in das Familienleben eintritt, platzt der Knoten, denn diese stellt sich wahrhaft als “Mädchen für alles” heraus.
Wie gewohnt berichtet Roche unverblümt und nimmt kein Blatt vor den Mund. Selbstverständlich eckt sie damit an – und das bewusst. Doch klar ist auch: Dahinter liegt viel mehr. Die Frau, die sich mit einer gleichgeschlechtlichen Affäre aus ihrer “Vorstadt-Idylle” befreien möchte, spiegelt in treffender Art und Weise den Nerv der Zeit. Der Wunsch nach Ausbruch aus dem Käfig der Routine, die Angst, der Mutterrolle nicht zu genügen und die Unterdrückung sexueller Fantasien sieht Roche ganz klar als gesellschaftliche Realität. Über eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Frauen zu erzählen sprengt in explosiver Manier die Normgrenzen und regt zu einer umfassenden Reflektion über die Themen weibliche Lust und Emanzipation an.
Selbstverständlich kommt neben all dem auch die Unterhaltung nicht zu kurz. Mit böse-satirischem Witz bleibt Roche ihrer Linie treu und schafft wieder einmal den Spagat zwischen Skandal, Gesellschaftskritik und literarischer Raffinesse.
Die ungekürzte Lesung ist seit dem 16. Oktober 2015 bei Hörbuch Hamburg erhältlich. Eindrücklich gelesen von Schauspielerin Jessica Schwarz.
