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Reise in die Vergangenheit der Opernpraxis – “Oper auf Deutsch” mit großen Interpreten

Oper auf Deutsch
© DG
15.08.2019
Mit “Oper auf Deutsch” unternimmt Deutsche Grammophon eine Reise in die Vergangenheit der Opernpraxis. Das Projekt dokumentiert einen aus heutiger Sicht durchaus pragmatischen, zugleich reizvollen Umgang mit jenem populären Repertoire, das wir aus dem internationalen Opernbetrieb von heute kennen, in den 50er und 60er Jahren. Das war die Zeit, in der auf den Bühnen der Stadttheater landauf und landab große Opern in deutscher Sprache gespielt wurden. Die Gründe dafür waren nicht nur künstlerischer Natur: der intensive Spielplanbetrieb sah regelmäßige und häufig wechselnde Neuinszenierungen vor. Und  binnen kurzem die Partie des Alfred aus “La Traviata” auf italienisch zu lernen, im nächsten Monat den Lenski  aus “Eugen Onegin” auf russisch und kurz darauf den Don José aus “Carmen” auf französisch,  war schlicht unmöglich. Dass Künstler wie etwa Fritz Wunderlich mit Beginn ihrer internationalen Karriere solche Rollen auf der internationalen Bühne neu lernen mussten, war die Kehrseite der Medaille. Es war Herbert von Karajan, der schließlich mit dieser Tradition brach  und darauf bestand, dass Opern in seinen Produktionen in Wien, Salzburg und Mailand in ihrer Originalsprache aufgeführt werden sollten.

Emotionale Balance zwischen Musik und Text

Heute nach fünfzig Jahre reibt mancher sich vielleicht die Augen: Musik von Verdi und Puccini, Tschaikowski oder Bizet, deren Charakter sich nicht zuletzt aus der Sprache  definiert, für die sie komponiert wurde – auf Deutsch gesungen! Lässt sich der musikalische Ausdruck eines beispielsweise auf Italienisch  geschilderten Gefühls von Todessehnsucht oder Abschiedsschmerz einfach so auf einen deutschen Vers übertragen? Funktioniert die emotionale Balance zwischen Musik und Text dann noch? Anderseits: Die technische Ausstattung zum Mitlesen des Textes durch den Zuschauer gab es seinerzeit noch nicht und die Programmhefte blieben eine Übersetzung und Kommentierung des Originaltextes aus Platzgründen schuldig. Und Nachschlagewerke eignen sich nun mal schlecht für die Handtasche mit dem Opernglas darin. Gleichwohl gab es das Bedürfnis eines wachsenden Opernpublikums nach einer unmittelbar verständlichen Oper – auf der Bühne!

Erstklassige Besetzung – auch der Nebenrollen

Nicht nur der deutsche Theaterbetrieb, auch die Schallplattenindustrie trug dem natürlich Rechnung. So entstanden, ebenfalls in den 60er Jahren zahlreiche, für damalige Verhältnisse aufwändige Studioproduktionen, viele darunter mit Solisten, die inzwischen aus den Annalen der großen internationalen Opernbühnen nicht mehr wegzudenken sind. Fritz Wunderlich, Dietrich Fischer-Dieskau, Brigitte Fassbaender, Inge Borkh, Ernst Häfliger, Irmgard Seefried oder Hans Hotter, um nur einige zu nennen, glänzen übrigens nicht nur in den Paraderollen. Selbst kleinere Rollen wurden für die vorliegenden Aufnahmen erstklassig besetzt.
Für Opernliebhaber ist diese Sammlung eine wahre Fundgrube.  Nicht nur, dass sie in Vergessenheit geratene Aufnahmen wieder belebt. Mehr als das enthält sie die erste CD-Veröffentlichung der “Carmen” mit Gisela Litz, Ernst Kozub, Franz Crass, der Badischen Staatskapelle und Marcel Couraud!
Unbedingt beachtenswert ist die Ausstattung der Box. Die Entscheidung, für die Wiederveröffentlichung der Originalaufnahmen auch die Originalcover zu verwenden, kann nicht genug gepriesen werden, vermitteln Cover doch aufs Schönste auch den Geist jener Zeit, in der diese Aufnahmen entstanden. Dass ein Autor wie Jürgen Kesting für den Einführungstext gewonnen werden konnte, bereichert diese Edition darüberhinaus. Wie kaum ein anderer ist er prädestiniert für Darstellung und künstlerische Einordnung einer Periode der Opernpraxis im deutschsprachigen Raum, die mit dieser Box eine gebührende Würdigung erfährt. 

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