Don Harris - Psycho Cop | News | Exklusivinterview mit Jason Dark & Oliver Döring

Exklusivinterview mit Jason Dark & Oliver Döring

Don Harris
19.12.2008
Die neue Roman-Serie von Deutschlands Autoren-Legende Jason Dark heißt ‘Don Harris – Psycho-Cop’. Drei Taschenbücher sind bereits erschienen, und Dark hat bereits vier weitere Abenteuer verfaßt, die alle noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Nun hat sich Hörspiel-Regisseur Oliver Döring der ersten beiden Romane angenommen und eine spektakuläre Umsetzung geschaffen. Beide gewähren im nachfolgenden Interview einen tiefen Einblick in diese neue phantastische Reihe.

Jason, was ist ein Psycho-Cop?

Jason: Ein Psycho-Cop ist ein Geheimagent, der über eine übernatürliche Gabe verfügt. Don kann zum Beispiel Ereignisse sehen, die sich Sekunden später erst abspielen. Er kann also in die Zukunft schauen – und manchmal auch in die Vergangenheit. Diese Fähigkeit hat er von seiner Mutter Elaine von Glastenburry geerbt. Don Harris verfügt somit über das ‘Dritte Auge’ – ein längst verschwundenes Sehorgan, das auf die Psyche reagiert. Dieses Dritte Auge steht ihm zur Seite im Kampf gegen Gegner, die nicht immer nur menschlich sind. Diese Visionen kann er allerdings nicht bewußt steuern.

Ist Don Harris der Sohn von John Sinclair – wenigstens im Geiste?
J.: Nein. Ist er nicht. Ich habe versucht, die Romane anders zu schreiben, und laut Oliver Döring ist mir dies auch gelungen – und darüber bin ich ganz froh.Oliver: Ja, stimmt! Meine Frau war ganz überrascht von Don Harris und fragte: ‘DAS hat Jason Dark geschrieben? Das ist ja total untypisch!’ Natürlich tragen die Romane Deine unverkennbare Handschrift, aber die Geschichten sind schon etwas ganz anderes, vielmehr in der Realität angesiedelt. Psycho-Cop ist mehr Krimi als Dämonenstory und die Charaktere sind auch sehr vielschichtig. Großes Kino!

Was genau unterscheidet denn Don Harris von John Sinclair?

J.: Also, bei John Sinclair gibt es alles. Da gibt es lebende Skelette, da gibt es Werwölfe, Vampire, da wird das Unmögliche möglich. Das habe ich bei Don Harris etwas reduziert. Es gibt dort zwar auch unheimliche Geschehnisse, aber die bewegen sich mehr im PSI-Bereich. Don Harris wird zum Beispiel nie wie in dem Film ‘Die Mumie’ in riesigen Schlachten gegen irgendwelche Skelette und alte Mumien kämpfen, die plötzlich wach werden. Das überlasse ich John Sinclair.

John Sinclair kann man auch christlich motiviert interpretieren. Fließt da Persönliches von Helmut Rellergerd ein?

J.: Ja, ich bin katholisch, allerdings ein kritischer katholischer Genosse, sag ich jetzt mal bewußt, und hinterfrage Vieles. Ich habe mich auch mit Kirchengeschichte ein wenig beschäftigt, und John Sinclair ist eben auch jemand, der sehr tolerant ist und jeden Glauben respektiert. So sehe ich mich auch.

Kämpft Don Harris gegen das Böse oder sich selbst?

J.: Don Harris kämpft zwar gegen das Böse, aber auch gegen Institutionen, gegen andere Geheimdienste. Er wird zum Beispiel auch gegen die Triaden kämpfen. Das ist bei Sinclair, bei dem es ja mehr um Dämonen geht, nicht so der Fall. Beim Psycho-Cop habe ich den etwas realeren Weg eingeschlagen.

Was ist die Motivation dafür, ein neues Thema aufzubauen, wenn man eine Mega-Serie wie John Sinclair bereits hat? Kommt das aus Frust über Routine oder aus Lust auf Neugierde?

J.: Es kommt vielleicht ein wenig aus Frust über Routine oder über einen gewissen Verlag, aber es ist auch die Neugierde dabei, denn nun kann ich Themen angehen, über die ich schon immer gerne habe schreiben wollen – und ich muß sie nicht immer auf ein Heft konzentrieren. Ich kann mich damit länger beschäftigen, und so gestalten sich die Don Harris-Romane doch etwas anders als die komprimierten Sinclair-Geschichten.

Und wo kommt bei Dir, Oliver, die Motivation für eine neue Hörspiel-Serie her, wo Du doch mit Sinclair bereits so viel Erfolg hast?

O.: (räuspert sich) Also… Ehm…
J.: Das beantworte ich! Es kam für mich ja kein anderer in Frage als Oliver Döring!
O.: Ich bin ja überhaupt das Glückskind hier in der ganzen Geschichte. Mal ehrlich: Da kommt jemand wie Jason Dark um die Ecke und sagt: ‘Ich will’s noch mal wissen. Ich schreibe hier eine neue Roman-Serie, und die wird nur einer vertonen – und das bist DU!’ So kam der Stoff quasi zu mir. Das ist natürlich toll! Als ich das erste Buch gelesen hatte dachte ich bei mir: Aha, okay, da kommt jetzt so was wie der kleine, dunkle Bruder von John Sinclair. Nachdem ich den zweiten Roman gelesen hatte wußte ich, daß hier was völlig Neues entsteht. Etwas, mit dem wir auch im Hörspiel-Bereich neue Grenzen aufstoßen können. Und natürlich hat JEDER, der in irgendeiner Form kreativ tätig ist, Lust auf etwas Neues.

Neue Grenzen?

O.: Nun – technisch sind wir bestimmt schon dicht am Limit. Natürlich kann man immer an Nuancen schrauben, aber wir kommen der Grenze des Machbaren schon sehr nahe. Bei Psycho-Cop können wir dagegen inhaltlich, also durch die Story, und die Erzählstruktur betreffend, zum Beispiel durch die Zeitsprünge, neue Wege beschreiten. Durch den Inhalt kann man also immer etwas neues Bewegen, und das fand ich hier sehr sehr reizvoll und hat mir viel Spaß gemacht.

Wie kam es, daß der James Bond-Nachfolgesprecher auch zum John Sinclair-Nachfolgesprecher wurde? Was das Absicht?

O.: Das war eine Ausnahmesituation. Als ich John Sinclair damals besetzte, dachte ich sofort an Frank Glaubrecht, weil ich seine Stimme von so vielen Filmen kannte. Er sprach Lando Calrissian, Flynn aus ‘Tron’ – einer meiner Lieblingsfilme übrigens, lieh Kevin Costner und Al Pacino seine Stimme – und eben auch Pierce Brosnan, der damalige Bond. Und da Sinclair ja auch eine Art Bond in der Dämonenwelt ist, dachte, wußte, glaubte ich fest: DAS würde auch Jason Dark gefallen. Zu unserer großen Freude konnten wir Frank für das Projekt gewinnen. Bei Don Harris war es mir sehr wichtig, daß Jason einverstanden war mit der Besetzung. Ich meine – wenn man schon die Ehre hat, Jason Darks neue Reihe umsetzen zu dürfen, dann möchte man alles ja auch so gut wie möglich machen. Von Anfang an war Dietmar Wunder einer meiner Favoriten. Ich kenne ihn nun inzwischen schon seit einigen Jahren. Er hatte für Sinclair mehrere Rollen übernommen, für Star Wars sogar eine sehr große, und ich mag Dietmar sehr. Er ist ein toller Schauspieler, ein großartiger Sprecher und obendrein noch ein wahnsinnig netter Kollege. Die Zusammenarbeit mit ihm war immer toll, und ich war sicher, daß er einen ganz phantastischen Don Harris abgeben würde. Ich fragte mich dann, wie man dies nur dem Helmut klarmachen konnte. Und jetzt kommt der Hammer: Zwei Tage, bevor ich mit Helmut genau deswegen sprechen wollte, surfte ich im Netz und entdeckte, daß Dietmar die deutsche Stimme vom neuen Bond ist. Ich konnt’s echt nicht fassen und habe mich natürlich sehr gefreut

Jason auch?

O.: Und wie. Als ich ihm das sagte, stieß mich seine Frau von der Seite an und meinte: ‘Guck mal. Sein Kopf wird ganz rot. Jetzt freut er sich!’ Bei Don Harris kam der Bond also quasi als Bonus noch dazu. Ich weiß nicht, wie oft einem so etwas im Leben passiert.
J.: Ein Glücksfall.
O.: Ein Glücksfall, genau
J.: Aber das haben wir uns verdient. Und ich kann es nur bestätigen – Dietmar Wunder macht seine Sache ganz hervorragend!

Nach Joachim Kerzel arbeitest Du jetzt mit einer weiteren ‘Legende’ zusammen, nämlich mit Douglas Welbat. Wie kam es dazu, daß er den Part des Erzählers in der neuen Serie übernimmt – und nicht Joachim Kerzel?

O.: Joachim Kerzel hat nun wirklich viel für uns in letzter Zeit eingesprochen. Wir haben gerade zehn Sinclair-Folgen aufgenommen, dann auch noch Star Wars – und Joachim Kerzel hat auch sonst noch sehr viel zu tun, so daß er dieses Mal darum bat, auszusetzen. Das respektieren wir natürlich. Als es dann ans Casten ging hatte ich ziemlich schnell Douglas Welbat im Kopf. Nicht nur, weil er damals die Larry Brent- und Macabros-Hörspiele mit verfaßt hatte, nicht nur weil man ihn als Stimme von Björn Hellmark kennt, nein, er hat bereits für Sinclair die ein- oder andere Rolle übernommen – unter anderem die des Professor Zamorra – und ich wußte, daß seine Stimme unglaublich tief klingen kann. Wir waren alle sehr froh, als er zugesagt hat, und er ist als Erzähler wirklich der Hammer! Er gibt den Hörspielen eine ganz eigene, sehr unheimliche und zugleich ruhige Färbung. Es wird viele Fans freuen, Douglas Welbat zu hören. Es paßt einfach wie… Wie sagt man?
J.: Arsch auf Eimer!

Wie beurteilt Ihr den sogenannten Hörspiel-Boom?

O.: Ich höre immer wieder, daß der kommerzielle Grusel-Hörspiel-Boom damals ein bißchen mit Sinclair begann. Es hieß auch damals oft, daß Sinclair etwas völlig Neues sei, mit dem ganzen Aufwand, den vielen Effekten u.s.w. Ich persönlich denke ja, daß er eigentliche Boom viel, viel früher begann. Ich glaube, daß wir alle, die als Hörspielmacher von diesem Boom jetzt profitieren, im Grunde von Hörspielproduktionen aus den 80ern profitieren. Ich denke, daß besonders die Firma Europa damals einiges bewegt hat. Deren Hörspiele haben den Weg für die Entwicklung des kommerziellen Hörspiels heute geebnet. Nun haben wir mehrere große und verdient erfolgreiche Serien im Grusel-Segment. Gabriel Burns zum Beispiel unterscheidet sich ganz stark von Sinclair. Man merkt der Serie zu jeder Sekunde die eigene Vision an, die hinter der Produktion steht, den eigenen Stil. Apropos Stil: Ich denke, daß Sinclair, Burns und Poe das Genre am besten repräsentieren. Um diese drei ‘großen’ Serien ranken sich noch eine ganze Menge andere Produktionen. Die Sättigung am Markt ist also im Grusel-Bereich schon erreicht, so daß ich mich etwas sorgenvoll fragte, wie wir in diesen vollen Markt denn noch Platz finden sollen. Tatsächlich glaube ich, daß wir mit Psycho-Cop noch eine Nische gefunden haben, weil es so etwas im Hörspiel-Bereich noch nicht gegeben hat! Davon bin ich absolut überzeugt! Teil 1 & 2 bilden eine Art Pilotfilm, und wer den gehört hat, weiß, was ich meine.

Aha. Dann ist Don Harris jetzt die neue ultimative und aufwendigste Horror- Serie aller Zeiten?!?

O.: (lacht) Ja, ja. Es ist bestimmt die aufwendigste Horror-Serie, die die Meßlatte für das gesamte Universum höher legt. Mit den aufwendigsten Sprechern, dem ultimativen Tonstudio… Ehm, noch was?
J.: Was es nicht auch das teuerste Hotel?
O.: Das teuerste Hotel, und es war auch das aufwendigste Ausdrucken des Manuskripts.
J.: War das das Hotel in Kreuzberg mit Lokus hinterm Hof?
O.: Nein – da blieb die Pizza am Tisch kleben.
J.: Ach so – ja, genau!

Und wie ist das für Dich, Jason, wenn Du Deine Geschichten vertont hörst?

J.: Also, was Oliver betrifft, da habe ich keine Kritik. Das macht ihn zwar immer nervös, aber ist leider so.
O.: Uh!
J.: Ich könnte mir keinen besseren vorstellen, und als ich den Psycho-Cop schrieb und Random House sagte: ‘Na, da könnte man ja Hörspiele draus machen’, da sagte ich: ‘Ja gut, aber dann bitte nur WortArt und Oliver Döring.’ Und das hat ja auch hingehauen.

Wieso bekommt Jason Dark immer Cameo-Auftritte in den Hörspielen? Wird Oliver dazu von Dir gezwungen?

J.: Nein, er mag wohl meine Stimme. Da kann er wenigstens meckern, ich bin ja kein Profi. Aber die beste Stimme hat meine Frau, und in dem ersten Psycho-Cop spricht sie auch mit. Da schimpft sie mich richtig aus. Als wir im Studio waren dachte ich: ‘Mein Gott – bist Du hier zu Hause?’
O.: (lacht) Das hat mir schon fast zu denken gegeben.

Bei Don Harris geht es ja etwas deftiger oder sexuell expliziter zu. Ist das ein Zugeständnis an moderne Zeiten oder ist das eine neue sexuelle Befreiung beim Schreiben, Jason?

J.: Eher die sexuelle Befreiung beim Schreiben, denn ich muß ja bei Sinclair sehr auf den Jugendschutz achten. Wo ich beim Sinclair ausblende, kann man beim Psycho-Cop anfangen. Ich habe mich immer geärgert und gedacht: Mensch, wenn der Held mal mit einer Frau ins Bett geht, dann mußt Du so prüde reagieren wie in den 50er oder 60er Jahren. Aber jetzt kann man doch die Leine etwas lockerer lassen.
O.: Der arme John Sinclair kann einem fast leid tun. Don Harris darf alles, was Sinclair nicht darf. Nämlich alles was Spaß macht.

Denkt Jason Dark an den Ruhestand?

J.: Nein – höchstens an den Unruhestand, in den bin ich ja inzwischen geraten als alter Sack. Aber ich fühle mich irgendwie alterslos. Und so wird’s vielleicht auch noch die nächsten 10 Jahre bleiben.

Will Oliver Döring jemals etwas anderes machen als Hörspiele?

O.: Tatsächlich nimmt die Arbeit an den Hörspielen dermaßen viel Zeit in Anspruch, daß ich andere Hörspiele wenn überhaupt nur beim Aufräumen oder Werkeln im Hintergrund höre – und dann sind es auch nur solche Hörspiele, die ich seit meiner Kindheit kenne. Das Hörspiel ist also ein zum Beruf gewordenes Hobby, und natürlich existiere ich auch noch außerhalb der Hörspiel-Regie.
J.: Das sieht man, wenn er ganz normal aus der Kneipe kommt, und ihm jemand auf die Hände tritt.

Ist das Hörspiel-Machen denn nicht auch ein wahrgewordener Jugendtraum? Bleibt man dadurch jugendlicher?


O.: Sicher! Ganz bestimmt bleibe ich durch meine Arbeit auch ein Stück weit Kind, weil mich Hörspiele seit meiner Kindheit sehr geprägt haben. Es gibt sicher drei, vier verschiedene Episoden in meiner Vergangenheit, die mit Hörspielen ganz viel zu tun und meinen Werdegang beeinflußt haben.

Die Inszenierung von Psycho-Cop ist ja gewohnt rasant und actiongeladen, eben wie großes Hollywood-Kino. Möchtest Du auch mal gerne ein ernstes Thema machen mit leisen Zwischentönen?

O.: Ich finde Don Harris im Vergleich zu Sinclair in einigen Passagen erstaunlich leise und ruhig. Aber tatsächlich bin ich ein bißchen vom Bambi-gegen-Godzilla-Prinzip beeinflußt worden – ich glaub, das kommt von Spielberg. Und Roland Emmerich soll mal gesagt haben: Wenn Du einen großen Blockbuster machen willst, dann mußt Du in Deinem Film ein bis zwei Dinge haben, die noch nie jemand vorher so gesehen hat. Das fand ich sehr beeindruckend und spiegelt auch das wieder, was ich am liebsten mache. Ich möchte, daß die Leute sich die Hörspiele anhören und hinterher sagen: Noch mal!
J.: Das trifft zu, was Oliver sagt. Ich weiß aus zahlreichen Leserbriefen, daß die Fans die Hörspiele mehrfach hören, weil sie so spannend sind. Wenn das die Fans schreiben und darauf warten, daß die nächsten Folgen rauskommen, können wir beide zufrieden sein!

Noch ein Schlußwort an die Fans?

J.: Ja, gerne. Ich hoffe, daß Euch der Psycho-Cop ebensogut gefällt wie John Sinclair, damit ich auch weitermachen kann und ich Euch noch viele schöne gruselige Stunden beschere.



Das Interview führte Barbara Weise

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