Freya Ridings | Biografie

Biografie 2023

 Blood Orange // Biografie 2023

 
„Mit diesem Album wollte ich Sachen sagen, bei denen ich mich schwertue, sie Menschen direkt ins Gesicht zu sagen. Ich habe gezielt Dinge ausgewählt, über die es mir schwerfällt zu sprechen und wollte stattdessen über sie schreiben und singen. Darum ging es mir bei „Blood Orange": mich selbst damit zu erschrecken, wie ehrlich Songs sein können“, so Freya Ridings im Herbst 2022.
„Blood Orange“ ist in vielerlei Hinsicht das Album, das Freya Ridings nicht machen wollte.
Es war die überraschende internationale Erfolgsstory des Jahres 2018/19. Die Nord-Londonerin aus der Vorstadt, die mit ihrem Song „Lost Without You“ das Unmögliche möglich machte und daraufhin ihr Debütalbum mit über einer Milliarde Streams und 47 Gold- und Platinauszeichnungen weltweit zum Erfolg führte, hatte für ihr zweites Album eigentlich andere Pläne.
Zum einen wollte die neue Meisterin der Piano-Balladen nach zwei langen Tourjahren direkt von einer Australien-Tournee Anfang 2020 eine Weile nach Los Angeles ziehen. Dort wollte sie mit dem Schreiben des Folgealbums zu ihrem selbstbetitelten Debütalbum aus 2019 beginnen. „Freya Ridings“ war ein stimmgewaltiges, weitreichendes, gefühlsbetontes Album, das ein Publikum ansprach, das über die demografischen Grenzen hinausging – von jungen Pop-Fans bis hin zu Liebhabern von Singer-Songwriter-Größen der 70er Jahre und einigem dazwischen.
Zum anderen: Hätte Ridings die Wahl gehabt, hätte sie nicht über die emotionalen Turbulenzen geschrieben, die sie im Laufe ihrer frühen und mittleren Zwanziger erlebt hat.
Aber dann kamen der Herzschmerz und das bittersüße innere Wachstum. Sie durchlebte die herzzerreißenden Höhen und die Tiefen des Liebeskummers und wollte diese unbedingt nach außen transportieren. Ridings ist diese gewisse Art von Songwriterin: aufrüttelnd, erhebend, bekennend und – wie die Kraft der 14 Tracks, die sie für „Blood Orange“ geschrieben hat, beweist – sensationell. Trotz aller traurigen Momente ist dies ein Album, das zum Aufmuntern und Feiern einlädt. Und zum Tanzen.
Oder, wie die Sängerin, Songwriterin, Pianistin, Gitarristin und bei einem der neuen Songs auch Schlagzeugerin es ausdrückt: „Es ist ein Album aus zwei Hälften: 18 Monate, in denen ich wirklich untröstlich und allein war, gefolgt von 18 Monaten, in denen ich so glücklich war, wie nie zuvor. Es geht also um diese beiden Hälften, die bittere und die süße, und um den Übergang von der einen zur anderen, und darum, sich selbst zu erlauben, das durchzumachen.“
Ridings beginnt „Blood Orange“ ganz offensiv mit dem mitreißenden Titeltrack, in dem sie ihre Gefühle offen zur Schau stellt.
„Wir haben das Album absichtlich mit dieser Freude und Erleichterung voller Energie eröffnet“, erklärt die 28-Jährige eine energiegeladene Empowerment-Hymne, die sie zusammen mit Kamille (Dua Lipa, Little Mix) und Will Bloomfield (Alfie Templeman, The Vaccines) geschrieben hat. „Mir war die Idee für den Albumtitel gekommen – die Blutorange hat eine dickere, härtere Schale, es ist schwieriger, sie zu durchdringen, aber letztendlich ist sie süßer und die Mühe wert. In meiner Musik gab es so viel melancholische Dunkelheit. Ich wollte einfach das Licht und die Freude spüren.“
Freya hat eine Reise hinter sich. Mehrere Reisen.
Ein buchstäbliches Extrem waren die frühen, zehrenden Tage, in denen sie sich durch Londons Open-Mic-Abende schleppte, und dann war da noch der Aufstieg in den britischen Charts mit „Lost Without You“. Er brach Shazam-Rekorde und war der entscheidende Sound der britischen Love Island Staffel im Sommer 2018. Damit war die damals 24-Jährige die erste weibliche Künstlerin seit Kate Bush, die 1985 mit „Running Up That Hill“ einen komplett selbst geschriebenen Top−10-Hit landete.
Im Anschluss folgten mehrere aufeinanderfolgende Tourneen zwischen 2018 und Anfang 2020, wobei sich die Termine in Australien mit den Anfängen von Corona überschnitten. Als die Pandemie sich weltweit ausbreitete, kehrte Ridings sofort ins Vereinigte Königreich zurück.
„Am Anfang jenes Jahres hatte ich eine wirklich schwere Trennung hinter mir. Ich kam also nach Hause, vollgepumpt mit Adrenalin, ritt noch auf der Welle dieser unglaublichen Momente, war aber auch völlig verzweifelt. Da saß ich wieder in meinem Kinderzimmer, mit meiner Mutter, meinem Vater und meinem kleinen Bruder, und dachte: Was ist das für ein Leben? Und wer bin ich? Es war sehr surreal und erdend, plötzlich wieder an dem gebrauchten Klavier im Wohnzimmer zu sitzen, an dem ich „Lost Without You“ geschrieben hatte. Ich fühlte eine Menge echten Herzschmerz, und als das Adrenalin nachließ, gab es nichts, hinter dem ich mich verstecken konnte. Ich war einfach nur verzweifelt.“
Ridings suchte Zuflucht und Trost in der einzigen Sache, auf die sie sich neben ihrer Familie verlassen konnte: Songs schreiben und live auftreten. Jeden Dienstag streamte sie live auf Instagram für ihre Fans, zog sich schick an, „weil es sonst keine Gelegenheit gab, sich in Schale zu werfen“ und veranstaltete Mini-Shows, die sie Lockdown Live Streams nannte.
Es war ein Wendepunkt im Verlauf ihrer jüngsten Geschichte, als sie vom Wohnzimmer ihrer Familie aus ihre neuen Kompositionen austestete. Nach 14 Wochen ihrer Lockdown-Livestreams stand das Grundgerüst dessen, was „Blood Orange“ werden sollte. Sie zählt sie an ihrer Hand ab: „Weekends“, „Face in the Crowd“, „Perfect“, „Someone New“, „Wolves“ wurden wirklich von den Fans ausgewählt.“
„Weekends“, so stellt sie klar, hatte seinen Ursprung in einer gemeinsamen Schreibsession mit Steve Mac (Ed Sheeran, Lewis Capaldi) vor der Pandemie. Wie es sich wohl gehört für einen Song, dessen Entstehung die Zeit zwischen ihren Alben überbrückte, ist „Weekends“ die erste Single, die aus „Blood Orange“ veröffentlicht wird.
„Weekends“ ist ein mitreißender, ansteigender, emphatischer, streicherlastiger und tanzbarer Song zum Mitsingen, der zu 100 Prozent #relatable ist. Ridings offenbart hier alles, ihre Verwundungen und mehr: “I’m so fucking lonely, no one really knows me, you are still a heart I hope to hold… (Ich bin so verdammt einsam, niemand kennt mich wirklich, du bist immer noch ein Herz, das ich zu halten hoffe).“
„Ich steckte in einer Trennung, als ich meinen ersten Platin Award für „Lost Without You“ bekam“, erinnert sie sich. „Ich hatte niemanden, den ich anrufen konnte und saß allein in einer Bar im Kings Cross. Ich hatte mich entschieden, die Energie in meine Karriere zu stecken, und wenn man so viele Geburtstage verpasst, laden einen die Leute einfach nicht mehr ein, weil sie glauben, man sei eh nicht da. Es sieht so aus, als hätte ich Tausende von Menschen um mich herum – aber in Wirklichkeit war ich so allein wie noch nie. Daher fühlte sich der Song so an, als wäre ich erschreckend ehrlich zu mir selbst, was schwer war.“
Der Song wurde schließlich in einer weiteren Session mit Mac fertiggestellt, die nach dem Lockdown stattfand. Zu diesem Zeitpunkt hatte Ridings den Sound, den sie für ihr zweites Album wollte, bereits kreiert.
„Er war stark von den 70er Jahren inspiriert – das ist bei weitem mein Lieblingsjahrzehnt“, strahlt sie. „Es ist so ziemlich alles, was ich höre. Manchmal denke ich sogar, ich müsste mehr modernere Musik hören! Aber Carole King, Elton John, Fleetwood Mac – das sind die Künstler, von denen ich besessen bin. Auch ein bisschen 70er-Jahre-Disco von Nile Rodgers ist auf „Weekends“ zu hören. Aber grundsätzlich wollte ich das folkige Gefühl echter Instrumente. Ich wollte, dass es so klingt, als ob man es am Lagerfeuer spielen könnte, mit all den Instrumenten, wie einer Akustikgitarre, Handclaps, Bläsern, echten Stimmen…“
Diese gewaltige organische Ausgelassenheit hört man in „Dancing in A Hurricane“, das zusammen mit LostBoy (Mimi Webb, Rita Ora) und Phil PLESTED (Lewis Capaldi) geschrieben wurde, und dem hoffnungsvollen, aber euphorischen „Can I Jump?“. Letzteres wurde zusammen mit Scott Harris (Camila Cabello, Shawn Mendes) Anfang dieses Jahres in Los Angeles geschrieben.
 
Ridings räumt ein, dass sie anfangs keine Lust auf diese Session hatte. Mit Jetlag und erschöpft hatte sie an diesem Tag einfach nicht das Gefühl, einen Song in sich zu tragen. Aber als sie darüber nachdachte, was sie wirklich auf dem Herzen hatte, gab es nur eines: das Heiraten. Und nach all diesen Zusammenbrüchen und Trennungen kam Freya Ridings wieder mit ihrem Ex zusammen, mit dem sie seit ihrer ersten Begegnung bei einer Open-Mic-Night mit 19 Jahren eine ständige On/Off-Beziehung geführt hatte.
 
„Ich hatte schon immer Schwierigkeiten, zu vertrauen. Ich meine, ich bin Solokünstlerin!“, lacht sie. „Ich hätte in einer Band spielen können, aber es fühlte sich immer sicherer an, die Dinge alleine zu machen. Und ich mochte es, die Kontrolle zu haben. Und es gibt ein großes Element, über das man nicht die Kontrolle hat, wenn man jemanden heiratet. Man muss ihm vollkommen vertrauen und ihn lieben. Also habe ich mich gefragt: Can I Jump? (Kann ich springen?). Darum dreht sich der ganze Song. Ich setzte mich ans Klavier, spielte nur eine einzige Note und legte los.“
Mit „Blood Orange“ zwang sich Freya Ridings, die Dinge zu sagen, die sie anderen Menschen nicht direkt ins Gesicht sagen konnte. Das Ergebnis ist ein Album, das alles anspricht, was sie ist, was sie durchgemacht hat und was sie geworden ist. Alles von ihr steckt in 14 lebensbejahenden Songs. Nach all den Herausforderungen kommt Freude – und Liebe.
„Selbst wenn dieses Album nie erscheinen würde, weiß ich, dass ich immer noch einen Frieden spüren würde, den ich ohne es nicht hätte“, schließt sie. „Das ist alles, was ich mir davon erhofft habe. Früher, bei all dem Erfolg, so großartig er auch war, hatte ich manchmal das Gefühl, dass es mehr darum ging, anderen Leuten zu gefallen. Ich brauchte also diese Zeit in der Wildnis, in der Stille, in der Dunkelheit, um das umzudrehen und mir zu sagen: Nein, hier geht es darum, eine Platte zu machen, die mir ein ungemein starkes Gefühl vermittelt – alles andere liegt in den Händen des Universums.“
Wie Freya schon sagte, ist die dunkle, orangefarbene Schale vielleicht schwieriger zu durchdringen, aber im Inneren befindet sich eine ursprüngliche Süße. Eine Blutorange ist den Kampf wert.
 
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