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Henry James

Sonne, Mond und Sterne

06.12.2002
Der Griff nach den Sternen gehört zu den großen Sehnsüchten der Menschheit. Ob der Philosoph, der nachts am Meer das Himmelszelt bewundert, der Dichter, der für die fernen Gestirne bilderreiche Worte findet, oder der Komponist, der ihre Besonderheiten in musikalische Form zu fassen versucht – sie bleiben faszinierend, unerreichbar, inspirierend. Wie etwa für Gert Westphal, der Gustav Holsts “Planeten” mit Worten der Poeten rahmt.
Gustav Theodore Holst ist ein Sonderling der Musikgeschichte. Sein Werk passt nicht recht in die Schemata der Epochengliederungen. Im September 1874 im englischen Cheltenham als Sprössling einer schwedisch-baltischen Musikerfamilie geboren, führte er sich zunächst als Pianist in die Inselszene ein. Eine Nervenentzündung am Arm verhinderte jedoch die Konzertsaalkarriere und so verlegte er sich nach dem Jahrhundertwechsel vornehmlich auf das Komponieren. Sein Studium am Royal College Of Music in London machte Holst mit den großen Meistern der Vergangenheit vertraut, er selbst jedoch kümmerte sich kaum um irgendwelche Schulmeinungen. Seine zahlreichen, über England hinaus kaum bekannten Werke changieren daher zwischen romantischen und frühmodernen Einflüssen, ohne sich jedoch konkret zuordnen zu wollen. Lediglich die zwischen 1914 und 1916 entstandene Orchesterphantasie “Die Planeten, op. 37”, eine siebenteilige Suite mit thematischer Gliederung nach den Kräften der Himmelskörper, schaffte den Sprung ins internationale Repertoire – nicht zuletzt deshalb, weil der Satz “Jupiter, der Bringer von Fröhlichkeit” regelrechte Hitqualitäten hat.
 
Holst ist daher noch immer einer der großen Unbekannten, den es zu entdecken gilt. Aus diesem Grund wählte das Hamburger Musikfest anno 2001 “Die Planeten” als prominent platzierten Programmpunkt und beauftragte den Schauspieler und Sprecher Gert Westphal damit, um das Werk herum eine Auswahl von poetischen Texten zu treffen, die er mit den Klängen in Verbindung bringen sollte: “Es war mir sofort deutlich, mich um Literatur höchsten Anspruchs bemühen zu sollen, um der Gebräuchlichkeit von Programmhefttexten zu entgehen. Im Zentrum meiner Auswahl stand sofort Goethe, zu dessen Vorstellungswelt lebenslänglich Fixsterne wie Planeten gehörten, war er doch imstande, sich nicht nur Planeten für Menschen, sondern auch Fisch-Planeten und Vogel-Planeten vorstellen zu können. Um die zentralen Texte Goethes stellte ich mir sehr bald die ehrwürdigsten Überlieferungen von Platon, von Vergil, von Kepler vor, konnte für das Sternbild Venus aus der Moderne schöneren Text nicht wählen als Gottfried Benns Verse zu ‘Anadyomene’. Hoch willkommen war mir als zeitgenössischer Beitrag die freilich nur fragmentarische Verfügung der prosaischen Poesien der ‘Wandelsterne’ des im August 2000 mit 90 Jahren in Zürich verstorbene Lyrikers Urs Martin Strub, dem unvergleichlichen Musiker im Wort”.
 
Westphal präsentierte das Lyrik & Symphonik Programm am 20.September 2001 in Hamburg. Die Presse war begeistert über so viel Wohllaut in einer Zeit, die von den Angriffen auf das World Trade Center bestimmt war. Und so wurde das Experiment in der Kombination mit einer hervorragenden Aufnahme der “Planeten”, die anno 1971 mit dem Boston Symphony Orchestra unter der Leitung von William Steinberg entstanden war, auch für die CD-Version festgehalten. Westphals gesetzte Stimme, sein eleganter Vortrag nach alter Theaterschule ergänzte sich dabei ideal mit den Klängen der Orchestersuite. Mehr noch: Die Kombination von Poesie und symphonischer Gestaltung ergab eine zusätzliche Ebene des Verständnisses, die den musikalischen Bilder Plastizität, Unmittelbarkeit verleiht. Aus einer Idee wurde ein Kabinettstück zwischen den Gattungen, das sowohl für den literarisch Interessierten, als auch für den Klangliebhaber neue Facetten zu bieten hat. So gibt es ein wenig Holst, etwas Poesie und eine faszinierende Stimme zu entdecken, die die Elemente zusammen hält.

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