Nachdem sie im Februar 2013 ihr gefeiertes Debütalbum
“Night Visions” veröffentlicht hatten (auf dem auch die mit einem Grammy-Award ausgezeichnete Hitsingle
“Radioactive” vertreten war, die hierzulande in die Top−5 ging), verbrachten
Imagine Dragons knapp zwei Jahre im Tour-Bus und füllten rund um den Globus die größten Hallen und Stadien. Um mit dem kräftezehrenden Tour-Alltag und dem ganzen Chaos klarzukommen, das 130 Konzerte und 50 Festivalauftritte wohl oder übel mit sich bringen, fasste die vierköpfige Band aus Las Vegas unterwegs schon recht bald den Entschluss, einfach zwischendurch an ersten Songideen für den Nachfolger zu arbeiten.
“Bei uns haben sich so viele Dinge in so kurzer Zeit verändert, dass das Schreiben letztlich die einzige Konstante war, die einzige Sache, die uns den nötigen Halt geben konnte”, berichtet Frontmann Dan Reynolds, der Imagine Dragons im Jahr 2009 mit dem Gitarristen Wayne Sermon, dem Bassisten Ben McKee und dem Schlagzeuger Daniel Platzman gründete.
“Während der Tour freute ich mich also Abend für Abend darauf, nach den Shows ins Hotelzimmer zu kommen und dort weiter an den Ideen zu feilen”, so Reynolds weiter, “und natürlich kam es da schon mal vor, dass jemand aus dem Nebenzimmer mitten in der Nacht gegen die Wand klopfte, weil’s schon wieder vier Uhr in der Früh war und derjenige schlafen wollte – aber ich musste einfach noch einmal diesen einen Song spielen, den ich gerade komponiert hatte.”
Auf
“Smoke + Mirrors” fangen
Imagine Dragons die rastlose, mitunter hektische Energie des Tour-Alltags ein und präsentieren einen Sound, der absolut druckvoll und dynamisch, zugleich aber auch überraschend verletzlich klingt. Wie schon auf ihrem Debütalbum
“Night Visions” – das sich weltweit 3,9 Millionen Mal verkaufte, ganz zu schweigen von 24 Millionen verkauften Einzel-Tracks –, setzt die Band auf die perfekte Mischung aus spontanen Eingebungen und intelligentem, durchdachtem Songwriting, wenn sie ihre massiven Rock-Hooks wie gehabt auf extrem eingängigen Beats verankern.
Zugleich unterstreichen sie mit dem neuen Album ihren Hang zum Do-it-Yourself-Denken, denn
“Smoke + Mirrors” ist das erste Album von
Imagine Dragons, das sie in ihrem eigenen Homestudio aufgenommen haben. “Wenn man sich ein Studio mietet, dann leidet der kreative Prozess früher oder später darunter, dass einem die Zeit ausgeht und man sich beeilen muss. In unserem eigenen Studio konnte uns das natürlich nicht passieren; wir konnten so lange an den Songs arbeiten, ohne Zeitdruck, bis alles perfekt war”, meint
Reynolds.
Gespickt mit massiven Hooks und den für sie so typischen, eingängigen Arrangements, vertont jeder einzelne Song von
“Smoke + Mirrors” – die erste Single
“I Bet My Life”, eher introspektiv und trotzdem durch und durch Hymne,
und der mit Tribal-Beats unterfütterte Titeltrack sind da nur zwei von vielen Beispielen – das Wechselbad aus Schmerz und Hochgefühl, das jedes intensive In-sich-Gehen automatisch mit sich bringt. “Eines unserer Ziele für dieses Album lautete, die Extreme der vergangenen Jahre einzufangen”, so
Reynolds. “Auf Tour gab es Momente, in denen ich regelrecht high vor Glück war, zum Beispiel nach unserem Auftritt in Brasilien vor 80.000 Menschen, aber es gab natürlich auch Momente, die nicht so schön waren: Ich fühlte mich zwischendurch unfassbar allein, weil ich meine Familie so lange nicht gesehen hatte.”
Um diese extremen Gefühlszustände möglichst ungefiltert einzufangen, verabschiedeten sich Imagine Dragons von Studiotricks & Co. und wählten für die Produktion von “Smoke + Mirros” bewusst einen Ansatz, in dem auch vermeintlich unvollkommene Aufnahmen ihren Platz hatten: “Viele der Gesangsspuren, die es hinterher aufs Album geschafft haben, sind letztlich diejenigen Aufnahmen, die ich mit meinem Laptop oder einem billigen USB-Mikrofon im Hotelzimmer gemacht habe, weil diese Takes nun mal genau diejenige Stimmung transportieren, die im Moment der Auslöser für den jeweiligen Song war.” Zugleich erweiterten Imagine Dragons das klangliche Spektrum ihres Songwritings, indem sie auf Tour eine Reihe von neuen Instrumenten einsammelten, was den so oder so schon vielschichtigen Arrangements ihrer Stücke noch mehr Tiefgang und Facettenreichtum verleiht.
Live-Auftritte waren schon immer die oberste Priorität für Imagine Dragons, die im Jahr 2009 zusammenfanden und sich mit ausgiebigen Tourneen und den ersten, in Eigenregie veröffentlichten EPs im Handumdrehen eine große Fangemeinde erspielten. Nachdem sie dann bei KIDinaKORNER/Interscope Records unterzeichnet hatten, erschien mit der EP “Continued Silence” (2012) ihre erste Major-Veröffentlichung, auf der auch ihre erste offizielle Hitsingle “It’s Time” vertreten war. Als sie dann wenige Monate später das Debütalbum “Night Visions” nachlegten, ging plötzlich alles Schlag auf Schlag für Imagine Dragons: Das Album kletterte auf den zweiten Platz der Billboard−200, ging in Deutschland, Österreich, der Schweiz und UK in die Top−10, woraufhin ihre Single “Radioactive” 2014 sogar mit dem Grammy in der Kategorie “Best Rock Performance” ausgezeichnet wurde.
Trotz ihres rasanten Aufstiegs und der vielen Veränderungen, die damit einhergingen, verfolgen Imagine Dragons genau genommen auch im Jahr 2015 dasselbe Ziel wie ganz zu Beginn ihrer Karriere: Sie wollen mit ihren Songs die Grenzen der Rockmusik immer wieder neu abstecken und Musik machen, die einfach nur ehrlich ist. Für Reynolds, der sich noch daran erinnern kann, wie er mit 13 ins Zimmer seines älteren Bruders geschlichen ist, um auf dessen Computer Songs über Teenager-Herzschmerz und sonstigen Frust aufzunehmen, ist “Smoke + Mirrors” schon deshalb ein persönlicher Meilenstein, weil er noch nie so offen und freizügig an sein Songwriting herangegangen ist: “Manchmal finde ich es schon ein wenig beängstigend, wenn mir klar wird, dass so viele Leute die Texte des neuen Albums hören und diese Einblicke in mein Leben bekommen. Aber letztlich weiß ich, dass es nur so zu 100% authentisch ist und dem entspricht, wofür wir als Band stehen”, so Reynolds. “Denn letzten Endes ist das doch das Wichtigste, was es für einen Künstler zu tun gibt – und darin liegt auch die besondere Magie: Man muss für den Moment jeden anderen Menschen und alles um sich herum vergessen und einfach nur das machen, was sich für einen selbst am bedeutsamsten anfühlt.”