Max Richter | News | "Infra" – Neuauflage eines Klassikers von Max Richter

“Infra” – Neuauflage eines Klassikers von Max Richter

Max Richter
© Rhys Frampton
29.06.2017
Obwohl Max Richter die Ruhe in Person ist, wird es nie still um den britischen Komponisten. Richter versteht es glänzend, mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten, ohne sich von seinem hochkonzentrierten Kurs abbringen zu lassen. Dabei ist sein Wirkungsfeld enorm.

Breites Wirkungsfeld: Max Richter

Max Richter dringt als Studiomusiker und Live-Performer, als Film- und Ballettkomponist sowie als Schöpfer ureigener, für sich selbst stehender Klangwelten in unterschiedliche Poren der musikalischen Öffentlichkeit ein. Sein Publikum, das jüngere und ältere Semester in sich vereint, ist immer hautnah dabei. Es verfolgt fiebrig die jüngsten Entwicklungen des großen Künstlers. Doch so imponierend seine neueren Arbeiten auch sind, so droht durch die Fixierung auf das aktuelle Geschehen seine frühere Meisterschaft aus dem Blickfeld zu geraten.
Um dies zu verhindern, legt Deutsche Grammophon jetzt mit “Infra” einen Klassiker von Max Richter neu auf. Das 2010 bei dem Indie-Label FatCat Records veröffentlichte Album erscheint erstmals in physischer Gestalt beim Gelblabel. Ein wichtiger Schritt, kehrt damit doch eine Arbeit in die Öffentlichkeit zurück, in der sich die persönliche Handschrift von Max Richter bereits deutlich abzeichnet. Hinzu kommt, dass Infra grundlegende Gemeinsamkeiten mit Richters jüngstem Album “Three Worlds – Music from Woolf Works aufweist.     

Wegweisendes Album: Infra

Wie sein aktuelles Album, so ist auch Infra aus einer Kooperation mit dem Royal Ballet, London und dem britischen Choreographen Wayne McGregor hervorgegangen. Der britische Theatermann schafft es immer wieder, Max Richter zu kompositorischen Höchstleistungen zu animieren. Inspirierte er seinen künstlerischen Weggefährten zuletzt mit Leben und Werk der schillernden Schriftstellerin Virginia Woolf, so regte er Infra mit einer Choreographie an, die sich mit dem Londoner Bombenterror im Juli 2005 auseinandersetzte.
25 Minuten Musik bat sich der Choreograph für dieses Ballett aus. Max Richter fügte sich gern in das strenge Schema. Doch das Material ließ ihn nicht los. Richter spürte, dass er es fortführen muss, und so entstand “Infra”, ein Album, das die poetische Klangsprache des britischen Komponisten bereits in Reinform enthielt und zu einer der wegweisendsten Veröffentlichungen von Max Richter wurde. “Infra” ist für Klavier, Streichquartett & Elektronik komponiert.       

Imposante Kulisse: Richter vor dem Blenheim Palace

Das Werk besteht aus träumerischen “Journeys” und als Suche nach verborgenen Klangschichten gedachten “Infra”-Sätzen. Max Richter verbindet in dem Album elektronische und akustische Sounds mit klassisch-romantischen Streichermelodien und minimalistischen Klaviermeditationen. Man vernimmt Morsesignale, das Rauschen von Rundfunkwellen und tiefe Bässe. Doch kaum hat man sich an diese moderne Klangpoesie gewöhnt, so wird man auch schon in sehnsuchtstrunkene Sphären entführt, die an Franz Schubert erinnern. Dessen “Winterreise” gehört, neben T. S. Eliots Gedicht “The Waste Land”, zu den Inspirationsquellen von “Infra”.
Max Richter huldigt in dem Album einem Kult der Erinnerung. Er bahnt den Hörerinnen und Hörern Wege in schwelgerische Stimmungen. Wer diese Musik hört, dem öffnen sich Chancen, in die eigene Seele abzutauchen. Das geschieht sanft. Gefühle der Versöhnung gehören bei Richter unbedingt dazu, und das zeichnet, bei aller Melancholie, auch sein jüngstes Album aus. Das Publikum liebt die emotionale Tiefe von Max Richter. Es hat sein Idol erst kürzlich in der Grafschaft Oxfordshire frenetisch gefeiert. Dort führte Richter vor der imposanten Kulisse des Blenheim Palace sein berühmtes Vivaldi-Projekt und seine Hommage an Virginia Woolf auf.        

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