Max Richter | News | Machtkampf zweier Monarchinnen: Max Richters neue Musik zum Film "Maria Stuart, Königin von Schottland"

Machtkampf zweier Monarchinnen: Max Richters neue Musik zum Film “Maria Stuart, Königin von Schottland”

Mary Queen of Scots
© DG
05.12.2018
Auch wenn die nächste Oscar-Verleihung erst im Februar 2019 ist, fährt die Filmwelt jetzt schon in Erwartung ihres wichtigsten Branchenereignisses zu Hochform auf. Auf den Festivals in Venedig und Toronto haben die Studios ihre Favoritinnen bereits ins Rennen geschickt. Zwei kommen aus dem neuen britischen Historiendrama “Maria Stuart, Königin von Schottland”. “Mit Saoirse Ronan und Margot Robbie dürften schon jetzt zwei Kandidatinnen für den Oscar 2019 als Beste Hauptdarstellerin feststehen”, kommentierte das Magazin Filmstarts.de. Den Soundtrack der Big-Budget-Produktion schrieb mit Max Richter ebenfalls ein Hauptakteur-, der bekannteste lebende Komponist in der heutigen Klassik-Szene.

Richters Score untermalt eine Reise ins Zeitalter der Renaissance und Reformation

Europa, im 16. Jahrhundert: die Entdeckung Amerikas liegt noch nicht lang zurück, und der Handel blüht – heute würde man Globalisierung dazu sagen. Katholiken und Protestanten ringen um die Macht. Mit Zweck-Heiraten stecken die Königshäuser ihre Reviere ab. Als ihr Ehemann Franz II. 1559 den Thron Frankreichs besteigt, wird seine erst 16jährige Gemahlin Maria Stuart (Saoirse Ronan) automatisch die rechtmäßige Königin ihres Heimatlands Schottland. Als ihr Gatte zwei Jahre später stirbt, kehrt sie dorthin zurück. In Schottland regiert jedoch bereits ihre Cousine Elizabeth I. (Margot Robbie). Der Machtkampf der beiden rothaarigen Rivalinnen mündet in einen Krieg. 
Wer den Film “Elizabeth, das Goldene Königreich” (2007) mit Cate Blanchett kennt, kann sich hier die Geschichte aus einer anderen, insbesondere feministischen Perspektive anschauen. Die Regisseurin Josie Rourke – gefeiert in der Theaterwelt – stellt in ihrem Biopic heraus, wie die beiden eigentlich schwesterlich miteinander verbundenen Königinnen als Marionetten machtgeiler Männer missbraucht werden. Das Drehbuch schrieb mit Beau Willimon (“House of Cards”) ein Meister des Polit-Thrillers. Es basiert auf der viel beachteten Biografie “Queen of Scots: The True Life of Mary Stuart” von John Guy, die Stuarts Skandal-Image revidiert. 

Entwarnung: Richter verzichtet in der Musik von “Mary Stuart” auf Dudelsäcke

Stattdessen ist dies ein Opus mit Trommel und keltischer Harfe geworden. Eingespielt mit einem hundertköpfigen Orchester und 12-Stimmen-Chor, klingt es wuchtig und gewaltig, vor allem im Theme-Song “A New Generation”, der majestätisch durch den Soundtrack schreitet. Richter rundet hier seine persönliche moderne musikalische Handschrift mit Anleihen aus dem 16. Jahrhundert ab. Er habe der weiblichen Stimme einen großen Stellenwert gegeben, sagte der preisgekrönte Neo-Klassiker (international über 20 Mal nominiert) dem Magazin Variety. Die Auftritte Marias untermalt eine Alt-Oboe. Zunehmend düster klingende Marschtrommeln schlagen auf ihrem Weg zur Niederlage den Takt. Auf der Suche nach Authentizität experimentierte der Londoner Komponist mit dem Klang der Gambe (Vorläuferin der Violine), den er schließlich in eine “elektronische Wolke aus Gamben” prozessierte, was wieder sehr modern klingt, fast schon wie Richters Beitrag zum Ambient-Gothic-Genre. Zum Ende steuert er sicher in den wunderbaren Klang-Hafen des gregorianischen Chorals. Der Score fuße auf der Geometrie und den Gesten der Renaissance-Musik, er sei eine Gratwanderung zwischen Zeitgemäßem und historisch Authentischem, so Richter gegenüber Variety. Er wollte Klänge der Zeit wachrufen ohne zum Zeit-Touristen zu werden. Im Herbst 2018 gewann Max Richter mit der Musik von “Maria Stuart” bereits einen Hollywood Music in Media-Award. Wer weiß, womöglich braucht er im Februar wieder ein Ticket nach Hollywood, zur 92. Verleihung der Academy-Awards.
 "Maria Stuart, Königin von Schottland" startet am 17. Januar 2019 in den deutschen Kinos.
 

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