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Wiener Blut-Bad

14.02.2001
Mitsuko Uchida spielt Arnold Schönberg und die zweite Wiener Schule. Ganz ohne Schmäh.
Mitsuko Uchida spielte im vergangenen Jahr eine Reihe von Konzerten, in denen sie zwei Wiener Komponisten nebeneinander stellte: den scheinbar eingängigen Franz Schubert und Arnold Schönberg, den ehemals futuristischen Zwölftöner. Jetzt zeigt sie in ihrer neuesten Philips-Veröffentlichung, dass auch Schönbergs revolutionäres Tonsystem auf urwiener Füßen steht – Mitsuko Uchida spielt Schönberg mit Schuberts Sinn für Melodie. Pierre Boulez am Pult des Cleveland Orchestra sorgt für den engen Kontakt zur Moderne.
 
Arnold Schönberg, der nie in Geld schwelgte, war schon 1933 vor den Nazis nach Los Angeles geflüchtet. Dort hatte er an der University of California einen Lehrstuhl inne, von dem er leidlich leben konnte. Das Komponieren brachte ihm auch in den USA wenig ein und als er 1942 von einem seiner Schüler, dem Hollywood-Komponisten Oscar Levant, den Auftrag für ein Klavierstück bekam, stellte er sofort seine anderen Projekte, das Oratorium “Die Jakobsleiter” und seine Oper “Moses und Aaron”, zurück. Statt des geforderten Klavierstücks komponierte er aber ein ganzes Konzert für Klavier, für das er konsequent auch mehr verlangte als das vereinbarte Honorar. Der Auftraggeber hatte für das Klavierkonzert zwar gar keine Verwendung, aber unter Schönbergs Schülern fand sich ein Sponsor und der Professor kam doch noch zu seinem Geld. Nachdem das Werk 1944 in New York bereits uraufgeführt worden war, erlebte es 1948 einen furiosen Erfolg, als es während der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik zum ersten Mal in Europa zu hören war: Die Begeisterung über das polyphone Stück, das auf einer einzigen Zwölftonreihe aufbaut, war so groß, dass es sofort ein zweites Mal gespielt wurde.
 
Mitsuko Uchida war schon lange von diesem Werk fasziniert. “Als Philips mit mir darüber sprach, das Schönberg-Konzert einzuspielen, sagte ich nur ‘Great’ und freute mich, dass ein Label heute noch dieses Wagnis eingeht.” Sie koppelte das Klavierkonzert mit drei Solowerken der Schönberg-Schüler Alban Berg und Anton von Webern. Und wirbt für ihre Zusammenstellung: “Es ist eine kleine Geschichte der Zweiten Wiener Schule geworden. In den ‘Variationen’ von Anton Webern – vielleicht dem reinsten und perfektesten Beispiel für Zwölftonmusik – erstrahlt das Tonsystem in Schönheit.” Mitsuko Uchida und Pierre Boulez haben sich mit ihrer Einspielung für eine Herausforderung entschieden. Wir nehmen sie an: Zu entdecken gilt Schönbergs herbe Schöne mit viel Wiener Blut.

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