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Nas – Das Interview

Nas - Videodreh
05.02.2007
Dein Albumtitel „Hip Hop is dead“ hat weltweit heftige Diskussionen ausgelöst. Ist es das was du wolltest, dass sich die Leute um den Stand von Hip Hop sorgen?

Nein, es war wohl mehr der Stand des „Street Games“. Die Musikindustrie wird heutzutage so sehr von der Straße beeinflusst und das nicht im positiven Sinne. Ich sah mich irgendwann um und bemerkte, dass man heutzutage einen echten Killer nicht mehr von einem ‚faken’ Killer unterscheiden kann. Heute sind die Rapper nur noch hinter der Kohle und der Nummer Eins in den Charts her und sie lügen euch das Blaue vom Himmel runter, nur um ihr Ziel zu erreichen. Dadurch lassen sie die echten Straßen-Gangster ziemlich dumm aussehen. Sie glorifizieren Drogendealerei so sehr, dass man mittlerweile auf der Straße nur noch eine Wahl hat: Entweder steigst du ins Drogengeschäft ein oder du wirst zum Rapper. Der Struggle um’s pure Überleben wird doch nicht mehr thematisiert. Auch die Kommerzialisierung des Hip Hop trug zu seinemTod bei. Die Kids heutzutage können doch garnicht mehr nachvollziehen, wieso Leute wie Dr. Dre, Kool G Rap und KRS-One einst zum Mic griffen. Sie wissen nicht mehr, dass Rap einst die Stimme der Straße war. Ein Medium durch das wir den Leuten erzählen konnten, was in der Hood wirklich abging. Wenn ich heute meinen Fernseher oder meinen Radio einschalte, höre ich nur Lügen. Die Wahrheit wird vertuscht. Deshalb ist Hip Hop für mich tot!

Was kann ein Hip Hop Fan tun, um den Zerfall aufzuhalten?

Ein Hip Hop Fan kann nicht viel tun, denn die meisten Hip Hop Fans wissen nicht was Hip Hop ist. Woher sollen sie also wissen, dass Hip Hop tot ist? Ich bin einfach so frech und behaupte es. Ich habe Spass dabei, weil es sowieso niemand versteht. Mein Verständnis von Hip Hop unterscheidet sich sehr von der Masse. Es gibt Leute die z.B. Lil’ Wayne mit Jay-Z vergleichen. Ich weiß, dass das eine verrückte Idee ist. Aber manche Kids verstehen nicht wieso sich die beiden niemals vergleichen lassen. Ich war als Kiddie auch nicht anders. Damals mochte ich Marvin Gaye nicht, weil ich dachte er ist ein alter Knacker. Erst als er starb habe ich gelernt ihn zu schätzen und verstanden wie weit er seiner Zeit voraus war. Heute gibt es keine Marvin Gayes mehr. Den Kids von heute wird es genauso gehen. Irgendwann werden sie zurückblicken und Hip Hop verstehen.
Trotzdem gibt es weltweit noch sehr viele Heads, die diese Kunstform durchaus noch am Leben halten wollen…
Oh ja, ich weiß. Und das soll auch keine Diss an jüngere Generationen sein. Ich höre mir viele Sachen von aktuellen und jüngeren Künstler an und ich feiere auch gerne zu ihrer Musik. Nur ist im Moment eben alles verdreht. Die Straße sollte den Rapper eigentlich diktieren, über was sie rappen sollen. Doch heute diktieren Rapper wie sich die Straße verhalten soll. Verdrehte Welt, eben.

Was hat dich dazu bewegt den Track „Not Going Back“ zu machen?

Ich bin ein Rapper und kein Hustler mehr. Auf früheren Alben haben ich viel über meinen Hustle gesprochen, aber das war damals. Heute stehen die Dinge anders und wenn ich weiter solche Texte kicken würde, wäre ich ein Lügner und ein Clown. Mit dem Song will sagen, dass ich nicht vergessen werde wo ich herkomme, aber ich gehe eben nicht zurück. Obwohl dieses ganze „Vergiss nicht aus welchem Ghetto du kommst“ Gefasel eigentlich Bullshit ist, denn unser wirkliches Zuhause ist die Mutter der Zivilisation, Schwarz-Afrika! Man muss meinen Text also eher mental betrachten. Ich gehe nicht an den Ort zurück, von dem man uns weismachen will, dass es unser zuhause ist. Verstehst du? Wir müssen uns dessen bewusst werden, dass die amerikanischen Projects und Ghettos nicht unsere Heimat sind.


Schon irgendwie lustig, dass sich so viele Leute darüber aufregen, dass du nicht mehr in deiner alten Hood wohnst. Immerhin würden sie definitiv das gleiche tun, wenn sie in deiner Situation wären…
Ja, du hast recht.... doch so dürfen wir das nicht sehen. Sie verstehen eben nicht, dass sie nicht dorthin gehören. Es ist unsere Aufgabe – wir, die die Wahrheit kennen – sie aufzuklären und sie da herauszuholen. Denn wenn sie das verstehen, dann ändert sich ihre ganze Einstellung zum Leben. Verstehst du, Hip Hop ist tot, doch es sterben noch immer Menschen an Straßenecken. Was haben wir großartig bewirkt? Das ist die Tragödie.
Es ist erstaunlich wieviel Hunger man nach all diesen Jahren im Musicbiz noch in deinen Tracks hört.

Wie lautet deine derzeitige Mission, die dich voran treibt?

Ich mache einfach mein Ding. Ich sehe diese ganzen Rap-Clowns und ich habe einfach Bock mich mit ihnen anzulegen. Diese ganzen Wanna-Be Gangstas. Nur weil du mal nen Tag mit einem Gangsta verbracht hast, macht es dich noch lange nicht zu Gangsta. Ich nenne die Dinge einfach beim Namen und das irritiert die ‚faken’ Gangster und das ist auch Sinn der Sache. Wir müssen alle noch vieles lernen. Ich bin auch nicht der größte Ni**a, auch ich habe Fehler. Doch ich kenne den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge. Ich habe nur eine Message an all diese Clowns: Schaltet die Lichter aus, denn Showtime is over!!! Zeigt euer wahres Gesicht! (lacht) Mehr sage ich dazu nicht, aber ich werde Ende des Jahres ein weiteres Album releasen und wer weiß, welche Bomben ich da noch platzen lasse.

Kannst du uns schon ein paar Details zu deinem kommenden Album verraten?

Hmmm..... ja und nein. Naja, du weißt ja wie das ist. Ich kann noch nicht zu viel verraten, aber die Leute sollten sich auf eins gefasst machen. „Hip Hop Is Dead“ war ‚ne coole Platte auf der ich meinen Standpunkt allgemein rübergebracht habe. Aber zwischenzeitlich gibt’s ein paar Kandidaten, die meinen Namen in den Mund genommen haben und deshalb wird Daddy ein paar Ärsche versohlen müssen. (lacht)

Was hat sich für dich verändert, seit du bei Def Jam unterzeichnet hast?

Def Jam stellt mir eine neue Herausforderung und ich schreibe schon immer die besten Tracks, wenn man mich herausfordert. Meine Zeit bei Sony Music war auch cool, doch ich musste unter Konditionen arbeiten, die es einem Künstler – besonders einem schwarzen Künstler – schwer machten. Ich meine, sieh dir mein Album an. Sony ist noch immer daran beteiligt, doch nun habe ich Def Jam mit ins Boot geholt, um mehr Geld zu verdienen und um mich wieder etwas mehr auf die Straße zu konzentrieren. Sony hat keinen Plan davon, wie man mit der Straße kommuniziert. Bei Def Jam ist das anders.

Vor kurzem ging die News um den Globus, dass du Royce Da 5’9 für den Label "The Jones Experience“ unter Vertrag genommen hast. Ist dem so?

Nein!

Ernsthaft? Wir dachten das wäre fast schon offiziell!?

Nein, ich habe ihn nicht gesignt!

Okay.... was können wir dann in naher Zukunft von ‚The Jones Experience’ erwarten?

Tray Williams und viele neue Künstler über die ich noch nicht sprechen möchte. Doch "The Jones Experience“ wird sich nicht nur auf die Musik konzentrieren. Erwartet ganz viele unterschiedliche Projekte.
Viele Leute haben etwas verwundert geguckt, als sie dich zusammen mit The Game gehört haben.

Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Wir hatten gemeinsame Freunde an der Westküste und sie machten mich damals auf ihn aufmerksam. Ich nahm ihn auf verschiedenen Mixtapes wahr und seine Sachen waren heiss! Dann hab ich immer öfter gehört, dass er mich in Songs und Interviews erwähnt. Ich dachte mir warum nicht? Immerhin war er der größte G-Unit Künstler neben 50 Cent und wenn es dort nicht diverse Neidereien gegeben hätte, wär er heute noch dort. Ich beobachtete ihn und habe schnell festgestellt, dass er ein loyaler Kerl ist, der gerne Props gibt. Er rief mich an und fragte, ob ich auf seinem Album sein möchte und ich sagte zu. Ich hatte damals noch einen Dr. Dre Beat und ich dachre es wäre toll ihn noch einmal über einen Dre Beat spitten zu hören und so landete er auf „Hip Hop is Dead“.

Es ist vielleicht schon ne Weile her und du kannst dich vielleicht nicht mehr erinnern.... aber was ist vor zwei Jahren passiert, als du der Headliner des Splash Festivals in Chemnitz sein solltest?

Oh ja, ich erinnere mich. Das ist damals alles etwas unglücklich verlaufen. Bei mir ging’s da gerade drunter und drüber. Es gab einige Konflikte, ich hatte einfach zu viele Sachen am laufen und unsere Organisation ließ zu wünschen übrig. Ich habe irgendwie erst am gleichen Tag erfahren, dass ich in Deutschland auftreten sollte und ich befand mich noch in einem anderen Land. Ich war damals echt sauer, denn das letzte was ich will ist, dass Leute denken ich lasse Shows einfach so sausen. Das ist eigentlich nicht meine Art. Ich plane eine Europa Tour für diesen Sommer und da wird alles reibungslos ablaufen. So was kommt nicht wieder vor. Das ist bad business!

Letzte Worte an deine Die-Hard Fans?

Stay strong and keep the fight alive!!! Hip Hop braucht wieder echte Talente und echte Ikonen.


Das Interview führte Mona Bärlein.

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